42 Fortbildung Abb. 3 Sicht durch die Optik. Nahansicht des hinteren Aufhängungsbandes sowie der Rückseite der Eminencia articularis. Erkennbar ist eine Chondromalazie Grad 3 mit Fibrillation (Abb. 3). Abb. 4 Flüssigkeitsansammlung. Koronare T2- gewichtete MRT- Schichtaufnahme zeigt eine Flüssigkeitsansammlung im oberen linken Kiefergelenkraum (Abb. 4). Die Patientin stellte sich zunächst bei ihrem Hausarzt vor, der eine MRT des Kopfes zur Abklärung der starken linksseitigen Gesichtsschmerzen veranlasste. Die MRT offenbarte eine Flüssigkeitsansammlung im oberen Gelenkraum des Kiefergelenkes links (Abb. 4). Die manuelle Untersuchung zeigte einen erheblichen Druckschmerz präaurikulär links in Ruhe sowie verstärkt bei Bewegung des Unterkiefers. Weiterhin bestand eine schmerzbedingte Blockade der Mundöffnung mit einer SKD von ca. 18 mm. Die Diagnose lautet Binnenschädigung des Kiefergelenkes links: Kiefergelenkerguss mit Diskusluxation. Ein traumatisch bedingter Erguss durch die Intubation ist anzunehmen. Therapie und Verlauf: Bei der Patientin wurde eine Arthroskopie mit Aspiration des Gelenkergusses zur Analyse der Synovialflüssigkeit durchgeführt (Abb. 5). Diese ergab eine hämorrhagische Synovia. Die arthroskopische Diagnostik zeigte eine massiv vermehrte Gefäßzeichnung der Synovia mit vaskulärer Hyperämie (Abb. 6). Nach Arthroskopie und Lavage wurde abschließend eine Hyaluronsäureinstillation durchgeführt. Manuell ließ sich der Unterkiefer ohne Blockade bewegen. Bereits am ersten postoperativen Tag war die Patientin nahezu beschwerdefrei. Fall 3. Anamnese, klinische und radiologische Befunde: Eine 63-jährige Patientin wurde zur weiteren Abklärung starker linksseitiger Kieferschmerzen in Ruhe und besonders bei Bewegung des Unterkiefers überwiesen. Drei Wochen zuvor wurde die Geschiebeprothese im Unterkiefer neu unterfüttert. Kurz darauf klagte die Patientin über starke und rasch zunehmende linksseitige Gesichtsschmerzen mit erheblichen funktionellen Beschwerden. Seit drei Tagen beklagte die Patientin zusätzlich eine Blockade der Mundöffnung, diese zeigte sich mit einer SKD von 20 mm eingeschränkt. Die Panoramaschichtaufnahme ergab keinen wegweisenden Befund. Bei V. a. eine Gelenkursache wurde zur weiteren Diagnostik eine MRT der Kiefergelenke veranlasst. Diese bestätigte einen Gelenkerguss im oberen Gelenkraum links (Abb. 7). Bei der Patientin war die Rheumaanamnese positiv hinsichtlich einer Polyarthritis, bisher bestanden jedoch keine Kiefergelenkbeschwerden. Die Diagnose lautet reaktive Arthritis des Kiefergelenkes links mit Gelenkerguss im oberen Gelenkraum des linken Kiefergelenkes und anteriorer Diskusverlagerung bei bekannter rheumatologisch-immunologischer Grunderkrankung. Abb. 5 Abb. 6 Hämorrhagischer Erguss. Arthroskopie des linken oberen Gelenkraumes. Die Ausfluss-Kanüle zeigt einen hämorrhagischen Erguss (Abb. 5). Ansicht durch das Arthroskop. Zu sehen ist eine hochgradige Entzündung der Synovialmembran mit vaskulärer Hyperämie (Abb. 6). ZBW 1/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 43 Abb. 7 Abb. 8 „Internal Derangement“. Sagittale T2-gewichtete MRT-Aufnahme in Schlussbissposition des linken Kiefergelenkes mit Nachweis eines Gelenkergusses und „Internal Derangement“ (Abb. 7). Arthrozentese mit Lavage des Kiefergelenkes (Abb. 8). Therapie und Verlauf: Bei der Patientin wurde eine Arthrozentese des linken Kiefergelenks mit Lavage und Instillation von Hyaluronsäure durchgeführt (Abb. 8). Hiernach zeigten sich die Beschwerden deutlich gebessert, im weiteren Verlauf besserte sich die Mundöffnung mit 40 mm SKD auf das Normalmaß. Die weitere Behandlung erfolgte in Koordination mit einem Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie. Diskussion. Die Überproduktion von Synovia ist Ausdruck eines Reizzustandes und erfordert eine weiterreichende Abklärung der zugrundeliegenden Ursache. Neben akuten Verletzungen, beispielsweise durch Luxation, Distorsion oder Kontusion kommen hier die Arthritis sowie die aktivierte Arthrose in Frage. 1-3 Bestehende Zustände des „Internal Derangements“ werden hierbei als zusätzlicher Risikofaktor verdächtigt. 3, 5, 6 Typische Symptome sind präaurikuläre Schmerzen und Funktionseinschränkungen mit Behinderung der Bewegung des Unterkiefers. Die Menge des Ergusses scheint dabei mit dem Ausmaß der Beschwerden sowie der Funktionseinschränkung zu korrelieren 3, 4 . Sollte sich bei der Anamnese und klinischen Untersuchung der Verdacht auf eine Gelenkursache erhärten, kann eine weitere radiologische Abklärung außerhalb der zahnärztlichen Routine erforderlich sein. Zwar vervollständigt die Panoramaschichtaufnahme die orientierende Diagnostik, zur Beurteilung von Kiefergelenkveränderungen ist sie jedoch zu wenig sensitiv, da zum einen Weichgewebe nicht dargestellt wird und zum anderen degenerative Prozesse erst in der Spätphase erfasst werden. 7 Die MRT ist gegenwärtig das radiologische Verfahren der Wahl zur frühzeitigen Beurteilung entzündlicher Kiefergelenkveränderungen 7 . In Anbetracht der Kosten-Nutzen-Relation sollte sie jedoch nur bei absehbaren therapeutischen Konsequenzen durchgeführt werden. Im Akutzustand steht für den Patienten die Schmerzbeseitigung an erster Stelle. Die Arthroskopie bzw. Arthrozentese zählt zu den minimal-invasiven Operationsverfahren am Kiefergelenk und kann bei geeigneter Indikationsstellung und Beherrschung der Technik einen wichtigen Beitrag für eine effiziente Therapie von Beschwerden und Blockaden durch eine Kiefergelenkentzündung leisten. Dabei erfordern sie grundsätzlich ein Höchstmaß an Asepsis. Bei der Behandlung eines Kiefergelenkhydrops tritt durch Senkung des Kapseldrucks meist schlagartig eine Linderung der Beschwerden und eine Verbesserung des Bewegungsumfanges ein. Bei Bedarf kann Synovia zur weiteren Diagnostik gewonnen werden, praktisch gelingt dies jedoch meistens nur bei ausgeprägteren Gelenkergüssen. Eine sich anschließende Lavage kann durch Auswaschung der Entzündunsmediatoren aus der Synovialflüssigkeit eine Unterbrechung des Entzündungskreislaufes bewirken und somit den weiteren Heilungsverlauf positiv beeinflussen 8, 9 . In bestimmten Fällen kann eine Arthroskopie zur weiteren Diagnostik indiziert sein, insbesondere zur genaueren Beurteilung struktureller Gelenkschäden in der Frühphase oder für eine Adhäsiolyse im Falle von Blockaden. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www.zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Dr. Dr. Christoph Zizelmann, PD Dr. Dr. Thomas Fillies Dr. Dr. Christoph Zizelmann Priv.-Doz. Dr. Dr. Thomas Fillies Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Fachzahnarzt für Oralchirurgie Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Marienhospital Stuttgart Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Fachzahnarzt für Oralchirurgie Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Marienhospital Stuttgart www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2017
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