28 Berufspolitik binden können, nahm man diese Steilvorlage gerne auf, um vom eigenen Versagen als Aufsicht abzulenken. Die große Keule in Form eines Gesetzes (GKV-SVSG) zur Disziplinierung der Selbstverwaltung wurde herausgeholt. Nahtlos schließt sich das E-Health-Gesetz zur Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) mit den entsprechenden Sanktionen wie Zwangskürzung der Haushaltsmittel bei Nichteinhaltung der Terminvorgaben des BMG an. Um das unglückliche Projekt eGK endlich zu verwirklichen und Kommentar Wo sind die Alternativen? einen politischen Erfolg vermelden zu können, wurden die Mitglieder der Gematik in Sippenhaft genommen und zum Erfolg verurteilt, obwohl die Industrie die erforderlichen technischen Komponenten wie die Konnektoren zwischen Praxissoftware und Internetverbindung nicht rechtzeitig liefern und auch den Nachweis der Zuverlässigkeit unter Dauerbelastung nicht erbringen kann. So kommt ein Gesetz nach dem anderen, die Spielräume werden immer enger. Nebenbei verteilt die Politik Lob und Anerkennung. Unsere Präventionserfolge wie auch das Engagement der Kolleginnen und Kollegen Nicht erst durch die Diskussion über das „Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“ (GKV-SVSG) wird es immer offensichtlicher, dass der Staat sich massiv in die Selbstverwaltung aller Player unseres Gesundheitssystems einmischt, sie bevormundet und ihre Kompetenzen beschneidet. Dabei bestand nach Bekanntwerden des Koalitionsvertrages und dem Bekenntnis von Minister Hermann Gröhe zu einer starken Selbstverwaltung die große Hoffnung, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sich auf die Vorgabe von Rahmenbedingungen beschränkt und die bisher gut funktionierende Selbstverwaltung ihren Job erledigen lässt. Der erste Schritt war vor zwölf Jahren die Zusammenlegung von kleineren KZVen zu Landes- KZVen mit Einführung der hauptamtlichen Vorstände in der Hoffnung, diese leichter beeinflussen zu können, getreu dem Motto von Ulla Schmidt: Es müsse endlich Schluss sein mit der „Ideologie der Freiberuflichkeit“. Doch die Hoffnungen der Politik sind nicht so in Erfüllung gegangen, wie man es erwartet hatte. Ein neuer Ansatz musste her, um die Selbstverwaltung an eine dickere Kette zu legen. Einige unrühmliche Vorgänge bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kamen da gerade recht. Obwohl das BMG diese Skandale leicht mit den geltenden aufsichtsrechtlichen Mitteln hätte unterin den Alten- und Behinderteneinrichtungen werden als gemeinsamer Erfolg gefeiert. Man klopft uns auf die Schulter, weil wir mit langem Atem die Projekte verwirklicht haben. Im gleichen Atemzug macht man uns jedoch klar, dass es ohne dichte Kontrollen und Einschränkung von parlamentarischen Selbstverständlichkeiten wie dem Verbot von geheimen Abstimmungen zur Sicherung der Transparenz nicht geht. Zu Recht spricht der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Kollege Wolfgang Eßer, von einer generellen Misstrauenskultur seitens der Politik und der BMG-Verwaltungsebene gegenüber Ärzten und Zahnärzten. Es drängt sich die Frage auf, wie lange man in unserer Selbstverwaltung noch gewillt ist, das Spiel mitzuspielen oder entnervt aufgibt, egal ob Hauptamts- oder Ehrenamtsebene. Die Politik hätte dann ihr Ziel erreicht und könnte die Schuld locker von sich weisen, da die Anderen ja nicht mehr mitspielen wollen. Aber wo sind die Alternativen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Ihre Selbstverwaltung, die Ihre Interessen als Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte vertritt, und die hier auf dem Spiel steht. Diskutieren Sie mit den von Ihnen gewählten Vertretern in der KZV BW, in welche Richtung es gehen soll. Nur so kann Selbstverwaltung richtig funktionieren: mit klarem Ziel und Auftrag. Dr. Hans Hugo Wilms Anzeige © tan4ikk/Fotolia Kinderdorfeltern gesucht! Wir helfen Kindern! Die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer suchen Kinderdorfeltern. Nähere Infos unter: www.albert-schweitzer-verband.de ZBW 1/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Berufspolitik 29 Repräsentanz der 70.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland Volkswirtschaftliche Potenz mit Gewicht und Stimme „Alles beim Alten“ ist man geneigt zu sagen angesichts der Wahlergebnisse bei der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer. Am 18. und 19. November 2016 wurden Präsidium und Geschäftsführender Vorstand für weitere vier Jahre in ihren Ämtern bestätigt. Doch die hochwertige zahnmedizinische Versorgung in Deutschland und die freiberufliche Selbstverwaltung war noch nie so gefährdet wie in diesen Tagen – und der Berufsstand, insbesondere seine Standesorganisation und ihre höchsten Repräsentanten, waren noch nie in dieser Intensität gefordert. Die Gefahr droht sowohl aus Berlin als auch aus Brüssel: Mit dem verabschiedeten Kabinettsentwurf für das sogenannte Selbstverwaltungsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber die GKV-Selbstverwaltung dramatisch beschnitten. „Da soll die Selbstverwaltung statt gestärkt geschwächt und dann womöglich abgeschafft werden – wenn wir nicht aufpassen, wird dieser Trend vor den Kammerstrukturen nicht Halt machen“, warnte Dr. Peter Engel eindringlich. Unter dem Begriff der sogenannten Deregulierung wird in Brüssel an ähnlichen Konzepten gearbeitet. All dies wertete der alte und neue BZÄK-Präsident nur als Anfang: „Die Forderungen der politischen Anhängerschaft nach einer Staatsmedizin sind auf dem Tisch und sollen jetzt in die Wahlprogramme der Parteien aufgenommen werden, um dann je nach Regierungsbildung in die Koalitionsvereinbarung geschrieben zu werden“. Als Beleg deutete Dr. Engel die Bestrebungen für die sogenannte Bürgerversicherung, die die Bürger bewusst hinters Licht führt, denn welcher Bürger sei schon „gegen eine Versicherungsform, die seinen Namen trägt“. In der Realität versteckt sich hingegen hinter dem Begriff der Bürgerversicherung eine Krankenversicherung, die eine Einheitsversicherung ist mit allen Nachteilen für die Patienten, „von der Einheitsmedizin bis zur Einheitskasse“. Die Leistungsstärke der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland beruht jedoch auf dem dualen Krankenversicherungssystem. Nur mit dem bewährten dualen System lassen sich Herausforderungen wie der demografische Wandel in Zukunft lösen, zeigte sich Dr. Engel überzeugt. Den skizzierten Horror-Szenarien setzte der BZÄK-Präsident eine entschlossene Kampfansage des Berufsstandes entgegen: „Wir lehnen staatliche Bevormundung und den Drang zur kollektiven Glückseligkeit strikt ab. Unser Berufsstand hat sich dem Subsidiaritätsprinzip verschrieben. Auf dem Boden wettbewerbs- und qualitätsorientierter Marktwirtschaft mit sozialem Engagement geht dieser freiberufliche Stand seiner gesellschaftlichen Verpflichtung – dem Patienten- und Gemeinwohl – nach.“ So verstand Dr. Peter Engel das Wahl-Votum der Delegierten als Vertrauensbeweis und Arbeitsauftrag zugleich für diesen Kurs. Er kündigte an, mit seinen ebenfalls in ihren Ämtern bestätigten Vizepräsidenten Aktive Baden-Württemberger. Aus Baden-Württemberg sind in die Gremien auf Bundesebene erneut gewählt: Dr. Eva Hemberger in den Finanzausschuss und Dr. Wolfgang Grüner als stv. Vorsitzender der Bundesversammlung. Foto: G. Lopata www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2017
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz