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Gesundheitspolitik 2017 – Freiberuflichkeit bewahren

Ausgabe 1/2017

26 Berufspolitik

26 Berufspolitik Vertreterversammlung der KZBV Ende der vertrauensvollen Kooperation? Ins Mark getroffen: KZBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Eßer wählte drastische Worte, als er in der Vertreterversammlung Mitte November in Berlin in sachlichem Ton das sog. „GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“ in seiner Wirkung bewertete. Das große Misstrauen der Politik in die Selbstverwaltung und die sehr viel stärkere Kontrolle, die im Gesetzesentwurf zum Ausdruck kommen, irritierten den Vorstand wie auch die Delegierten massiv. Weitere Themen in der VV waren die Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte verbunden mit drohenden Sanktionen (s. dazu Kommentar), die Wettbewerbsvorteile für reine Zahnärzte-MVZ und die Bekämpfung der Parodontitis (alle Beschlüsse: s. Infokasten mit QR-Code). Betretene Mienen. Die Vertrauensbasis zwischen Politik und zahnärztlicher Selbstverwaltung ist durch die bevorstehende gesetzliche Fixierung der ausgeweiteten Kontrollmechanismen stark angekratzt. Betretene Mienen bei der Delegation aus Baden- Württemberg mit (v. r.) Vorstandsvorsitzender Dr. Ute Maier, Dr. Georg Bach, Dr. Uwe Lückgen und Dr. Eberhard Montigel. Die Vertreterversammlung startete mit dem Grußwort des Vorstandsvorsitzenden der gastgebenden KZV Berlin und einem Fauxpas. Bei allem Ärger über den Kabinettsentwurf, missfiel zahlreichen Delegierten der despektierliche, völlig unangemessene und ungehaltene Ton gegenüber der Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz, die in der VV zu Gast war und gleich im Anschluss ihren standespolitischen Vortrag hielt. Widmann-Mauz startete dennoch am Podium mit einer Würdigung der Leistungen der Zahnärzte- ten eine Sorge nehmen: Es bleibe bei der Rechtsaufsicht, es komme nicht zur Fachaufsicht. „Der Gestaltungsspielraum wird durch das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz nicht beschnitten“, so die Staatssekretärin. Weiterhin würden hohe Anforderungen an die Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gestellt. Das Gesetz „wird aus unserer Sicht dazu beitragen, die Selbstverwaltung zu stärken“. Der KZBV werde „überlassen bleiben, wie sie ihrem Auftrag nachkommt und diesen wahrnimmt“. In Anspielung an die KBV sagte die Politikerin, dass Rechtsverletzungen („aktuell nicht bei Ihnen“) „eindeutig und konsequent“ geahndet werden müssen. Der Gesetzentwurf lag in der VV in der vom Bundeskabinett beschlossenen Version vor, einige neuralgische Inhalte waren in der Tat gestrichen worden. Den Delegierten und auch dem KZBV- Vorstandsvorsitzenden fehlte allerdings der Glaube, dass tatsächlich die Selbstverwaltung gestärkt werde. Es gebe, so Eßer, bei den politisch Verantwortlichen „eine große Fraktion derer, die mit erheblichem Misstrauen der Selbstverwaltung entgegentreten“. Die bange Frage müsse gestellt werden, „ob wir jetzt am Punkt eines Systemwechsels in Deutschland sind“ mit Misstrauen, Repressionen und Haftung als leitenden Begriffen. Steht die Kooperation zwischen Zahnärzteschaft und Politik vor dem Ende? Die Vertrauensbasis jedenfalls erscheine stark angekratzt, sie müsse wiederhergestellt werden; dem Ziel folgend, „dass die Versorgung immer besser wird“. Der Vorstandsvorsitzende um Ausgleich bemüht nach dem eingangs misslungenen Grußwort des Kollegen versöhnlich zur Staatsekretärin: „Wir schätzen Sie persönlich sehr.“ Widmann-Mauz gelte als „engagierte Kämpferin für die Selbstverwaltung“, bei Versorgungsfragen ziehe man oft am selben Strang. Hinsichtlich des Gesetschaft: Die Mundgesundheitsstudie DMS V zeige, dass „in allen Altersgruppen die Mundgesundheit besser geworden ist“. Und weiter: „Die Zahlen sind beeindruckend.“ Der präventionsorientierte Ansatz habe zum Erfolg geführt, Zahnärzte hätten „gemeinsam mit der Politik viel zustande gebracht“, die Kooperation sei „vertrauensvoll“. Fachaufsicht. Etwas heikler dann der zweite Part mit dem Thema „GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“. Widmann-Mauz betonte, sie wolle den Delegier- ZBW 1/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 27 Spielraum. Die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz würdigte die Leistungen und Erfolge der Zahnärzteschaft und betonte, dass der Gestaltungsspielraum durch das GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz nicht beschnitten werde. Es bleibe bei der Rechtsaufsicht, es komme nicht zur Fachaufsicht. Fotos: KZBV/Darchinger zes aber fasste die Deutsche Presse- Agentur aktuell zusammen, „dass das Ministerium als Aufsichtsinstanz mehr Durchgriffsrechte auf die gesamte Selbstverwaltung von Ärzten, Apothekern, Krankenkassen und Krankenhäusern bekommt.“ Versorgung. Konkrete Verbesserungen durch eine „nachhaltige Bekämpfung“ wollen die Zahnärzte in Bezug auf die Parodontitis erreichen. Die Delegierten forderten nachdrücklich „alle verantwortungsvollen Entscheidungsträger in Politik, Wissenschaft, bei den Krankenkassen und Patientenvertretungen“ auf, sich zusammen mit der Zahnärzteschaft für eine entsprechende Behandlungsstrategie einzusetzen. Die Parodontitis gilt als „stille Volkskrankheit“ und wird aufgrund des demografischen Wandels „prognostisch weiter steigen“. Hier sei „hoher Handlungsbedarf“ gegeben, betonte Dr. Ute Maier, Vorsitzende des Vorstandes der KZV BW und Vorsitzende der AG PAR-Strategie der KZBV. „Die Maßnahmen zur Vorbeugung und Verhütung von Parodontitis werden aktuell nicht ausreichend im GKV-Leistungskatalog abgebildet“, bemängelte Maier. „Unser Ziel ist der Langzeiterfolg, dafür braucht es eine Behandlungsstrategie, die flächendeckende Aufklärung, die Nachsorge und selbstverständlich auch die Bereitstellung der benötigten Finanzmittel.“ Wettbewerbsvorteile. Die Anstellungsgrenzen als auch die Anleitungs- und Beaufsichtigungspflicht für angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen in reinen Zahnarzt-MVZ nach Auffassung der Delegierten im gleichen Umfang eingeführt werden, wie sie für Einzel- und Mehrbehandlerpraxen gelten. Die Wettbewerbsvorteile des Zahnärzte-MVZ will man nicht länger hinnehmen. Sie entstehen durch unbegrenzt mögliche Beschäftigung von angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie auch durch die Möglichkeit der Leitung des Zahnärzte-MVZ durch angestellte Zahnärzte. Auch fehlten Regelungen, die eine regelmäßige fachliche Anleitung und Überwachung dieser Angestellten vorschreiben, wodurch sich Risiken für eine qualitätsgesicherte Versorgung ergeben würden. Die VV forderte nun den Gesetzgeber auf, hierfür „schnellstmöglich eine Rechtsgrundlage zu schaffen“. Amtsperiode. Die Vertreterversammlung Mitte November war die letzte der Amtsperiode 2011 2016, deutliche personelle Veränderungen stehen 2017 an: Die stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Jürgen Fedderwitz und Dr. Günther Buchholz wollen „die Vorstandstätigkeit bei der KZBV beenden“. Fedderwitz weiter: „Ich nehme hier Wolfgang Eßer bewusst raus, weil ich mir wünsche, dass er als Vorsitzender des Vorstandes weitermacht.“ Wie der Vorstand genau besetzt sein wird, weiß man spätestens in der Konstituierenden Vertreterversammlung am 17. und 18.03.2017 in Berlin. Die regulären VVen finden statt am 23. und 24.06.2017 in Köln sowie am 08. und 09.11.2017 in Frankfurt. » guido.reiter@kzvbw.de Info Beschlüsse der VV der KZBV im Internet: einfach QR-Code scannen! Bericht der KZBV zur VV: einfach QR-Code scannen! (http://www.kzbv.de/beschlusse-der-13-vertreterversammlungam-16-und.1100.de.html) (http://www.kzbv.de/13-vertreterversammlung-in-berlin.504. de.html) www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2017

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