16_TITELTHEMA ZBW_10/2023 www.zahnaerzteblatt.de verschiebt das Problem allerdings nur ins Ausland, stattdessen muss mehr ausgebildet werden. Um für junge Menschen attraktiv zu sein, muss sich der Beruf ZFA verändern. Ich bin davon überzeugt, dass die Selbstregulierung des Marktes automatisch zu höheren Löhnen und attraktiveren Konditionen führen und die Lage dadurch entspannen wird. Was sind Ihre Ansichten zum Thema investorengeführte medizinische Versorgungszentren (iMVZ)? Ich kann mich der Bundeszahnärztekammer diesbezüglich nur anschließen. Eine Zahnarztpraxis dient der Versorgung von Patienten. Natürlich muss sie profitabel sein, anders funktioniert eine Marktwirtschaft nicht. Eine Praxis als Investor aufzukaufen, um Gewinne abzuschöpfen, gefährdet allerdings die Verhältnismäßigkeit in der Behandlung. Die Grenze zwischen medizinisch nicht notwendigen, aber trotzdem sinnvollen Leistungen und einer Übertherapie ist dünn. Ein potentieller Verkaufsdruck auf angestellte Zahnärzte innerhalb dieser Unternehmen birgt ein hohes Risiko für den Patientenschutz. Die Vorkommnisse in Frankreich und Spanien lassen die iMVZs zusätzlich kritisch erscheinen. überwogen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nach meinem Physikum hätte ich Ihnen wahrscheinlich die Frage nicht eindeutig mit „Ja“ beantworten können. In der alten Approbationsordnung stand in den vorklinischen Semestern hauptsächlich das Zahntechnische und Allgemeinmedizinische im Fokus. Seit dem klinischen Abschnitt hat mich die Zahnmedizin aber völlig im Griff und ich würde daher mit „Ja, ich würde wieder Zahnmedizin studieren“ antworten. Foto: Privat Simon Tilsner, Uni Ulm Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Haben Sie bereits konkrete Pläne für Ihre berufliche Zukunft? Eine genaue Zeitangabe kann und will ich gar nicht machen. Jeden Tag können Pläne aus irgendwelchen Gründen umgeschmissen und Türen geschlossen werden, dafür sich aber neue wieder öffnen. In naher Zukunft sehe ich mich in der Selbstständigkeit im bayrischen Wald und wünsche mir eine Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen, um sich jederzeit fachlich austauschen zu können. Beabsichtigen Sie unmittelbar nach Ihrem Abschluss eine Anstellung oder eine Niederlassung als Zahnarzt? Nach meinem Abschluss strebe ich eine Anstellung als Assistenzzahnarzt an. Über meine Assistenzzeit hinaus möchte ich zunächst in einem Angestelltenverhältnis weiter tätig sein, um dabei so viel wie möglich zu lernen. Eine direkte Niederlassung macht für mich aufgrund der fehlenden Erfahrung bzw. ohne kassenzahnärztliche Zulassung keinen Sinn. Ich kann mir nicht vorstellen, eine reine Privatpraxis zu eröffnen, da mir jeder Patient wichtig ist. Mein Ziel ist es, allgemeinzahnärztlich gut aufgestellt zu sein, um jedem Patienten bestmöglich helfen zu können. Haben Sie während Ihres Studiums etwas über die Verwaltung einer Zahnarztpraxis gelernt? Welche Aspekte wurden Ihnen vermittelt? Leider nicht wirklich. Während des Studiums ist die Abrechnung ein Bereich, der meist gemieden und nicht wirklich gelehrt wird. Ein großes Problem, wie ich finde, denn ohne strukturierte und wirtschaftlich angemessene Abrechnung ist eine Praxis auf lange Sicht nicht ertragsfähig. Würde ich jetzt eine Praxis übernehmen, müsste ich zunächst einen Intensivkurs im Abrechnungswesen und Verwaltung belegen, um einen Durchblick zu haben. Welche anderen beruflichen Möglichkeiten außerhalb der klinischen Zahnmedizin interessieren Sie? Haben Sie Interesse an Forschung, Lehre oder anderen Fachgebieten? Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie es für mich weitergeht. Als Assistenzarzt an einer Universität starten, Studenten betreuen und Lehre betreiben hätte mir sicherlich Spaß gemacht. Schon während meines Studiums habe ich gerne mit anderen Studenten zusammengearbeitet. Daran gehindert hat mich allerdings, dass ich mich nicht für eine bestimmte Fachrichtung entscheiden möchte und mir die Behandlungszeiten am Stuhl etwas zu wenig sind. In der zm 10/2023 wurde das unwürdige Miteinander von Abteilungsleitern, Oberärzten und Assistenzärzten behandelt. Von rauem Umgangston, unfairen Bewertungen und Dauerstress war da die Rede. Wie bewerten Sie das Zahnmedizinstudium insgesamt? Mit dem Wissen von heute – würden Sie wieder Zahnmedizin studieren? Keine leichte Frage. Ich habe mir diese tatsächlich schon des Öfteren während meines Studiums gestellt. Ich bin unheimlich froh und dankbar, die Möglichkeit gehabt zu haben, diesen Beruf zu erlernen. Wie jedes Studium hat natürlich auch das Zahnmedizinstudium seine Höhen und Tiefen. Bei mir persönlich haben am Ende dennoch die Höhen deutlich Durch Fachschaftstagungen wie die BuFaTa (Bundesfachschaftentagung, Anmerk. der. Redaktion) sind mir so manche Geschichten bereits bekannt. Hier in Ulm sind wir sehr dankbar dafür, wie mit uns umgegangen wurde. Wir hatten immer die Möglichkeit, Themen und Probleme bei den Lehrverantwortlichen anzusprechen, um eine Lösung zu finden. Aber natürlich gab es auch bei uns Dozenten, die uns Studierenden nicht wirklich Empathie entgegenbrachten. In Summe darf ich mich glücklich schätzen, in Ulm studiert zu haben.
ZBW_10/2023 www.zahnaerzteblatt.de 17_TITELTHEMA Für mich ist der Beruf des Zahnarztes der schönste der Welt. Man nimmt den Menschen häufig unmittelbar den Schmerz, sieht demnach sofort ein Ergebnis und ist auch kreativ aktiv. Ich würde diesen Weg immer wieder einschlagen, auch wenn es mit Sicherheit nicht der einfachste war. Haben Sie während Ihres Studiums etwas über die Verwaltung einer Zahnarztpraxis gelernt? Welche Aspekte wurden Ihnen vermittelt? Leider wurden uns kaum Inhalte über die Verwaltung einer Zahnarztpraxis vermittelt, was ich sehr bedauere. Lediglich die diversen Abrechnungspositionen wurden angeschnitten. Mit Sicherheit ist dies auch ein Bereich im Studium, den es sich auszubauen lohnt. Worin liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen in der Verwaltung einer Zahnarztpraxis? Foto: Privat Sophie Valerie Sigrid Schröder, Uni Tübingen Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Haben Sie bereits konkrete Pläne für Ihre berufliche Zukunft? Ich brenne für die Zahnheilkunde und möchte mich unbedingt vielfältig weiterbilden. Mein großes Ziel wäre eine Gemeinschaftspraxis mit einem Team von Zahnärzt*innen, die sich sowohl fachlich als auch persönlich sehr gut verstehen. Jede*r hat einen Tätigkeitsschwerpunkt und gemeinsam – und ohne die Patienten überweisen zu müssen – könnte man auf diese Weise ihr Wohlbefinden verbessern. Eine meiner Herzensangelegenheiten ist bei Hilfsprojekten im Ausland mitzuwirken und möglichst vielen Menschen ein „gesundes“ Lächeln zu schenken. Da ich nun Mitte zwanzig bin, hoffe ich selbstverständlich auch auf mein persönliches Glück, und dass sich dieses mit dem Berufsalltag verbinden lässt. Beabsichtigen Sie unmittelbar nach Ihrem Abschluss eine Anstellung oder eine Niederlassung als Zahnarzt*Zahnärztin? Durch diverse Famulaturen, die ich in den Semesterferien absolviert habe, aber auch im Kinderkurs der Zahnklinik der Universität Tübingen, habe ich eine große Begeisterung für die Kinderzahnheilkunde entwickelt, die der Grund ist, dass ich meine ersten Schritte ab Oktober 2023 in München in einer Kinder- und Jugendzahnarztpraxis machen werde. Im Studium behandelt man vor allen Dingen ältere Patienten. Der Gedanke, jungen Menschen die Angst vor dem Zahnarzt zu nehmen, und das Ereignis des Zahnarztbesuches mit einer positiven Erinnerung zu verbinden, ist hierbei meine Hauptmotivation. Die zunehmende Bürokratie in der Praxis verkompliziert den Alltag, was auch die Freude am Beruf nehmen kann. Die Gefahr liegt darin, dass der Mensch durch den kontinuierlichen Druck in einen Zustand des Dauerstresses gerät. Mit Sicherheit ist es auch herausfordernd, sich um das Personal und die damit verbundenen Pflichten zu kümmern und für ein angenehmes Arbeitsklima zu sorgen. Zumal es der Fachkräftemangel erschwert, funktionierende Teams zu formen. Was sind Ihre Ansichten zum Thema investorengeführte medizinische Versorgungszentren (iMVZ)? Entsprechend dem hippokratischen Eid ist mein oberstes Anliegen das Wohlergehen und die Würde meiner Patient*innen, die stets im Vordergrund zu stehen haben. Der Mensch darf unter keinen Umständen als wirtschaftliches Objekt angesehen werden. Egal ob iMVZ oder nicht. Das oberste Ziel muss es sein, eine gute Leistung zu erbringen, die dem Menschen dient und sein Wohlergehen sichert. Das Patientenwohl muss immer über wirtschaftlichen Inte-ressen stehen. In der zm 10/2023 wurde das unwürdige Miteinander von Abteilungsleitern, Oberärzten und Assistenzärzten behandelt. Von rauem Umgangston, unfairen Bewertungen und Dauerstress war da die Rede. Wie bewerten Sie das Zahnmedizinstudium insgesamt? Durch das Staatsexamen ist mein Berufstraum in Erfüllung gegangen. Ich betrachte es als Privileg, dass ich studieren durfte, muss aber auch sagen, dass das Studium für mich eine sehr prägende und häufig auch schmerzhafte Zeit war. Insgesamt war es rückblickend ein charakterformendes Kapitel, in dem ich viel über mich selbst gelernt habe und eine unerschütterliche Resilienz entwickelt habe. Der Wunsch, zukünftig auch in der Lehre tätig zu sein, rührt daher, dass ich der festen Überzeugung bin, dass ich mit einem freundlicheren Umgangston ein gesünderes Miteinander kreieren kann. Die Gespräche führte Cornelia Schwarz
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