12_TITELTHEMA ZBW_10/2023 www.zahnaerzteblatt.de Generation Z in der Arbeitswelt HERAUSFORDERUNG FÜR ZAHNARZTPRAXEN Die Generation Z bringt Veränderungen in die Arbeitswelt und stellt auch Zahnärzt*innen vor neue Herausforderungen. Wie können sich Zahnarztpraxen an die veränderten Erwartungen und Ansprüche dieser jungen Generation anpassen? Wilma Mildner, Personal- und Businesscoach, Mediatorin und Stressmanagementberaterin im Bereich Zahnmedizin, teilt im ZBW-Interview ihre Einsichten und Empfehlungen dazu. Foto: Mildner ZBW: Sie haben sich intensiv mit der Generation Z beschäftigt. Welche Vorstellungen haben diese Mitarbeitenden in Bezug auf ihre Arbeit und ihren Arbeitsplatz? Wilma Mildner: Die Generation Z hat kein verfestigtes Bild von der Welt, sie nehmen viele Impulse auf, welche sie anschließend über Soziale Medien verarbeiten. Insofern ist Meinungsbildung in hohem Maße auf Instagram, TikTok und Facebook erfolgt und hier finden sich zum Teil sehr negative Grundhaltungen zu der zahnmedizinischen Branche. Beschwerden in den Gruppen dort über Arbeitgeber*innen und Vorgesetzte finden häufig viel Zuspruch und zahlreiche Kommentare mit weiteren Beispielen. Dies formt auch die Wahrnehmung des eigenen Arbeitsumfelds und Negativem wird Arbeitswelt. „Die Zahnärzt*innen von heute stehen vor der Aufgabe, ihre Arbeitsumgebung an die Erwartungen der Gen Z anzupassen, um sowohl talentierte Nachwuchskräfte zu gewinnen, als auch ihre langfristige Bindung zu fördern“, hebt Wilma Mildner hervor. sehr viel mehr Gewicht beigemessen als Positivem. Gibt es konkrete Maßnahmen, die Sie empfehlen, um hier eine positive Grundhaltung zu erreichen? Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihrem Team ein positives Mindset. Der Begriff Mindset steht für die Wahrnehmung und Denkweise und beeinflusst unser Stresserleben grundlegend. Dies ist über einen längeren Zeitraum gut möglich. Viele Teams erkennen den Mehrwert darin und arbeiten an diesem Thema gut mit, wenn man ihnen erklärt, dass das für das Stresserleben im ganzen Leben (beruflich wie privat) von Vorteil ist. Man kann positive Erlebnisse aufschreiben lassen, ein Erfolgstagebuch oder einen Patientenlobkasten einführen. Nehmen Sie sich auf Teamsitzungen bewusst Zeit, Ziele zu kommunizieren und nicht nur das Negative zu benennen. Planen Sie Lob ein (etwas mehr, als sich für Sie natürlich anfühlt, ist vermutlich genau richtig) und die bewusste Wahrnehmung dessen, was gut gelaufen ist, und betonen Sie das. Fordern Sie auch freundlich-beharrlich von Ihren Mitarbeiter*innen ein, zu benennen, was ihnen gut gefällt und was gut geklappt hat. Das ist eine Trainingssache, so ähnlich wie im Fitnessstudio. Worin unterscheidet sich die Generation Z im Berufsleben von den vorherigen Generationen? Die Generation Z genießt eine intensive Betreuung durch ihre Eltern, wodurch sie sehr behütet aufwächst. Das führt unter anderem dazu, dass die Kinder deutlich nervöser und unsicherer werden. Im Berufsleben macht sich dies in vielerlei Hinsicht bemerkbar. Zum einen sind die Aufmerksamkeitsspanne und das selbstständige Agieren in der Generation Z nicht so ausgeprägt wie beispielsweise bei der Generation Y. Ich empfehle deshalb, dies einfach einzuplanen. Gehen Sie nicht davon aus, dass junge Mitarbeiter*innen die gleiche Performance schaffen wie die älteren Kolleg*innen. Diese unerfüllten Erwartungen frustrieren sonst jeden Tag und machen eine positive Arbeitsbeziehung kaum möglich („eigentlich müssten die doch…“). Planen Sie stattdessen mehr und engmaschigere, aber wertschätzende Führung ein. Da Sie selbst das vermutlich kaum leisten können, hat es Sinn, dies an speziell geschulte Mitarbeiter*innen (Teamleitungen, Personal- und Praxismanager*innen) zu delegieren. Diese kön-
ZBW_10/2023 www.zahnaerzteblatt.de 13_TITELTHEMA Z nen beispielsweise eine ausführlichere Einarbeitung vornehmen und konsequent nachfassen. Außerdem können diese auch To-do-Listen erstellen und im Bedarfsfall die Aufgaben anpassen. Diese Strategie funktioniert gut, wenn Sie sich damit arrangieren können und Ihre Erwartungen anpassen. Ein weiterer Unterschied bei der Generation Z ist die Erziehung der Eltern. Sie führt dazu, dass die Kinder eine Rundum-Versorgung gewöhnt sind. Bekommen sie das Gefühl der Aufmerksamkeit und Umsorgung nicht, dann ist das Ergebnis, dass sie mit Unverständnis und Unsicherheit reagieren. Welche Ansätze empfehlen Sie in diesem Zusammenhang? Mitarbeiter*innen der Generation Z benötigen folglich viel Aufmerksamkeit und möglichst viel positives Feedback (auch, wenn dies schwerfallen kann). Das überfordert in der Regel die Personalführungsstruktur der Praxen und vor allem die Kapazitäten der Praxisinhaber*innen. Entwickeln Sie deshalb eine Teamleiter*innenstruktur, die Ihnen das abnehmen kann. Dies schafft Entwicklungsmöglichkeiten für Ihre Top-Kräfte und eine höhere Personalbindung durch eine engere Betreuung. Konkret empfehle ich, von dem üblichen Jahresrhythmus abzuweichen und durch geschulte Mitarbeiter*innen quartalsweise Personalgespräche (als Entwicklungsgespräche) durchführen zu lassen. » Generell ist Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber eher ungewöhnlich als die Regel.« Wilma Mildner Wie gelingt es, die Gen Z als Nachwuchs zu erreichen? Immer mehr Unternehmen gewinnen Ihre Mitarbeiter*innen über Social Media. Ein Phänomen, welches man auch in der zahnmedizinischen Branche zu spüren bekommt. Immer mehr Praxen präsentieren sich von ihrer besten Seite auf Social Media mit dem Ziel, neue Mitarbeiter*innen zu gewinnen. Nach außen hin scheint es so, als würde in diesen Praxen die perfekte Stimmung innerhalb des Teams herrschen und die Arbeitgeber*innen superlässig sein. Die Arbeitstage scheinen locker und lustig, die Atmosphäre sehr angenehm, statt der Arbeit scheint der Spaß im Fokus zu stehen. Dass dem häufig nicht so ist, merken gerade die Mitarbeiter*innen der Generation Z nicht, sie sind geblendet von dem auf Social Media gezeichneten Bild. Das führt dazu, dass Mitarbeiter*innen Ihre Praxis als weniger positiv wahrnehmen als die anderen Praxen (die sie nur über Social Media kennen). Hieraus resultierend kann es schneller zu einem Arbeitgeberwechsel kommen. Wie können Zahnarztpraxen sicherstellen, dass ihre Darstellung auf Social Media für die Mitarbeitergewinnung positiv ist, gleichzeitig aber auch realistische Erwartungen vermittelt? Sich für die Mitarbeitergewinnung auf Social Media gut aufzustellen, ist unerlässlich geworden. Allerdings ist hierbei unbedingt im Blick zu behalten, dass diese Darstellung zwar positiv sein sollte, jedoch nicht völlig unrealistisch. Wenn beispielsweise mit den Begriffen „tolle Stimmung im Team“, „wertschätzende Führung“, „überdurchschnittliche Bezahlung“ geworben wird, ist es auch wichtig, dies einzuhalten. Denn nichts hat eine schlechtere Außenwirkung, als wenn Mitarbeiter*innen bei Ihnen starten und kurz darauf bereits wieder wechseln. Hinzu kommt, dass sich die jungen Mitarbeiter*innen untereinander gut vernetzen und ihre Erfahrungen mit Arbeitgeber*innen austauschen (zum Teil auch im Internet auf Plattformen wie kununu bewerten). Deswegen sollten Sie auch die unpassendste und unfreundlichste Bewerberin sehr freundlich behandeln. Außerdem ist es vorteilhaft, an der Team-Atmosphäre aktiv zu arbeiten: als Signal der Wertschätzung gegenüber dem Bestandsteam und um größeren Konflikten vorzubeugen. Welche Maßnahmen eignen sich, um die Mitarbeiterbindung der Generation Z zu erhöhen? Die klassischen Mitarbeiterbindungsstrategien (Fortbildung, Betriebsrente, Ausflüge, Fitnessstudio) erreichen die Generation Z weniger. Generell ist Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber eher ungewöhnlich als die Regel. Insofern punkten Sie als Praxisinhaber*in eher über einen passenden Führungsstil (transaktional für Generation Z und transformational für Generation Y) und eine angenehme Wohlfühl-Atmosphäre im Team. Da beides nicht immer gegeben ist, lohnt es sich für Praxisinhaber*innen, umzudenken und in den Aufbau dieser Kultur zu investieren statt immer wieder in Personalsuche und Einarbeitung. Allerdings dürfen wir auch diesen Effekt allein nicht unterschätzen. Schlussendlich dürfen wir darauf vorbereitet sein, dass die Generation Z vor allem vor dem Hintergrund der eigenen Bedürfnisse und Interessen entscheidet und handelt. Bietet eine andere Praxis bessere Bedingungen, sind die Jungen auch schnell wieder weg. Sinnvoll ist es deswegen, „enger“ dranzubleiben, um Wünsche und Bedürfnisse auch wahrnehmen und ggf. darauf reagieren zu können. Das Gespräch führte Gabriele Billischek
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