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Ausgabe 5/2017

28 Fortbildung Abb. 4

28 Fortbildung Abb. 4 Zahnhartsubstanzdefekte. Große Zahnhartsubstanzdefekte wie z. B. bei MIH können auch können auch mittels einer Stahlkrone versorgt werden (Abb. 4). Klinische Durchführung. Im Anschluss an die Diagnose und die Indikationsstellung ist es erforderlich, Eltern und Kinder wie bei jeder Therapiemaßnahme umfänglich zu informieren. Zur Vorbereitung der Kinder auf die Therapie können Lexeme wie „Prinzessinnenzähne“, „Ritterzähne“ oder „Königskronen“ benutzt werden. Dadurch kann das Kooperationsniveau optimiert werden, denn die Kronen erscheinen u. a. als „Ritterzähne“ in den Augen der Kinder attraktiver. Bei der Hall-Technik werden keine Kariesentfernung, Lokalanästhesie oder Zahnpräparationen durchgeführt. Demnach muss mit einer temporären Bisserhöhung von bis zu 3 mm gerechnet werden, die in den ersten Wochen nach Applikation wieder vollständig verschwindet (van der Zee und van Amerongen, 2010). Bei einem engen Approximalraum empfiehlt sich die Anwendung eines Separiergummis, das mithilfe von zwei Zahnseidefäden oder einer Zange für Kofferdammklammern eingebracht werden kann (Abb. 5). Die Separiergummis sollten über einen Zeitraum von ein bis drei Tagen in situ belassen werden, um den erforderlichen Abstand zwischen den Zähnen zu erreichen (Abb. 6a). Bei ausreichendem approximalem Abstand wird eine geeignete konfektionierte Stahlkrone aus dem Kronenset (Abb. 1) ausgewählt. In der Regel erweisen sich Kronen in den Größen 4, 5 oder 6 für die meisten Milchmolaren als adäquat. In diesem Zusammenhang sollte nach Möglichkeit die kleinste noch passende Stahlkrone ausgewählt werden, die den Zahn komplett bedeckt. Erst kurz vor dem Einsetzen der Stahlkrone sollten die Separiergummis entfernt werden (Abb. 6b). Eine Kronenanpassung kann, wenn erforderlich mittels spezieller Zangen oder ggf. einer Schere realisiert werden (Abb. 2). Bevor die Krone eingesetzt wird, sollte der Zahn gründlich mit einem rotierenden Bürstchen oder mit einer Handzahnbürste gereinigt werden. Die Krone wird zur Zementierung mit einem dünnfließenden Glasionomerzement befüllt (Abb. 7). Für diese Therapie werden in der Regel nur die Basisinstrumente (zahnärztlicher Spiegel, Sonde und Pinzette), ggf. ein Exkavator (zur Entfernung der Krone nach der Einpassung), ein GIZ-Applikator und einige Watterollen benötigt. Denn die mit Glasionomerzement befüllte Stahlkrone wird dann einfach auf den Zahn gestülpt und in richtiger Position festgedrückt (Abb. 8). Ein festes Zusammenbeißen des Kindes dazu kann hilfreich sein (Abb. 9). Abschließend sollte die Passung final geprüft werden und alle verbliebenen Zementreste entfernt werden (Abb. 10). Info Weitere überaus detaillierte Informationen über die Hall-Technik finden sich in der originalen Instruktionsdokumentation auf Englisch, die online frei verfügbar ist: https://dentistry.dundee.ac.uk/ sites/dentistry.dundee.ac.uk/files/3M_93C%20 HallTechGuide2191110.pdf. Kariesmanagementstrategie. Im Rahmen moderner Methoden der Kariestherapie wird der Fokus auf weniger invasive Maßnahmen gelegt. Dies sind u. a. die Biofilmkontrolle und Kariesinaktivierung durch Zähneputzen Abb. 5 Abb. 6a Abb. 6b Zange. Die Applikation eines Separiergummis kann z. B. mit einer Zange für Kofferdam-Klammern erfolgen oder auch mithilfe von zwei Zahnseidefäden. Separiergummis. Die Separiergummis sollten bei einem kurzen Termin ca. 1 bis 3 Tage vorher appliziert und für diese Dauer belassen werden (Abb. 6a) Erst kurz vor Applikation der Stahlkrone sollten sie wieder entfernt werden (Abb. 6b). ZBW 5/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 29 Abb. 7 Glasionomerzement. Zur Zementierung wird die Stahlkrone mit einem dünnfließenden Glasionomerzement befüllt (Abb. 7). Abb. 8 Position. Die mit Glasionomerzement befüllte Stahlkrone wird einfach (meist von lingual kommend) über den Zahn gestülpt und in richtiger Position festgedrückt, sodass die Kronenränder leicht subgingival liegen (Abb. 8). Abb. 9 Abb. 10 Aushärtung. Es bietet sich an das Kind während der Aushärtungszeit fest zusammenbeißen zu lassen (Abb. 9). Passung. Die Position und Passung der Krone muss final geprüft werden und alle verbliebenen Zementreste sollten spätestens dann entfernt werden (Abb. 10). mit Fluoriden auch als „Non-Restorative Caries Therapy“ (NRCT) bezeichnet (Santamaria et al., 2014), und selektive oder schrittweise Kariesexkavationstechniken mit anschließender Füllung (Schwendicke et al., 2017). Die Hall-Technik stellt eine minimalinvasive Therapieoption dar, da ein dichter Verschluss mittels einer Stahlkrone ohne jegliche vorherige Kariesexkavation erfolgt (Innes et al., 2011; Santamaria et al., 2014) und eine Inaktivierung der kariösen Läsion realisiert wird. Zugleich wird das Risiko der Pulpaexposition bei Exkavation vermieden, da keine Kariesexkavation durchgeführt wird (Ricketts et al., 2013) und folglich mehr Zähne ohne Pulpa behandlung erhalten werden können. Diese konservativere Kariesmanagementstrategie mag manchen Zahnärzten noch befremdlich erscheinen, sofern noch die Ansicht existiert, dass stets, um weitere Kariesentwicklung zu vermeiden, eine komplette Kariesexkavation vorzunehmen ist und anschließend eine konventionelle Füllung z. B. mit Kompositmaterialien erfolgen sollte. Therapieerfolg. Die überlegene Therapieeffektivität der Hall-Technik ist mit einem hohen Evidenzgrad in der wissenschaftlich vorliegenden Literatur belegt (Innes et al., 2015). Im Rahmen einer „Split-mouth-Studie“ eruierten Innes et al. (2011) die Erfolgsraten der Hall- Technik im Vergleich zu Glasionomerzementfüllungen bei 264 kariösen Milchzähnen bei drei- bis zehnjährigen Kindern. Dabei wurden Misserfolge als „minor failure” eingestuft (reversible Pulpitis, Füllungsverlust/-fraktur, Sekundärkaries etc.), was besagt, dass der Zahn erfolgreich erhalten werden konnte, jedoch erneut behandelt werden musste. Eine Klassifizierung als „major failure“ erfolgte sofern ein irreversibles Problem vorlag wie u. a. eine irreversible Pulpitis, ein Verlust der Vitalität, Abszess oder ein nicht mehr restaurierbarer Zahn. Nach fünf Jahren wies die Hall-Technik eine außerordentliche Erfolgsrate von 92 Prozent auf (drei Prozent irreversible Probleme, fünf Prozent reversible Probleme). Im Vergleich zu einer Erfolgsrate von nur 43 Prozent in der Füllungsgruppe (15 Prozent irreversible Probleme, 42 Prozent reversible Probleme) war dies nicht nur statistisch hochsignifikant (p < 0.001) sondern auch klinisch höchst relevant. Es sollte jedoch bedacht werden, dass sich im Rahmen dieser Studie die Differenz zwischen den Erfolgsraten beider Gruppen vermutlich www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2017

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