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Freiberuflichkeit – ein schützenswertes Gut

Ausgabe 6/2017

24 Fortbildung 42.

24 Fortbildung 42. Jahrestagung der südbadischen Zahnärzteschaft in Rust Zukunftsweisende Konzepte Der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer Freiburg, Dr. Peter Riedel, konnte am 28. und 29. April in Rust noch mehr Teilnehmer begrüßen als im vergangenen Jahr. Mit 870 Anmeldungen sprengten die Besucher des wissenschaftlichen Kongresses schon fast den weitgesteckten Rahmen des Confertainment Centers am Rande des Europa-Parks. Das war nicht zuletzt dem attraktiven Programm zu verdanken, zu dem sich neben der gesamten zahnärztlichen Prominenz aus dem Ländle und aus angrenzenden Bundesländern auch führende Standespolitiker aus dem nahen Elsass eingefunden hatten. Unter der bewährten Ägide von Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg, referierten namhafte Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Tagungsthema „Zukunftskonzepte der restaurativen Zahnerhaltung“. Dabei gelang es wieder einmal, die durchaus anspruchsvolle Thematik praxistauglich aufzubereiten. Mit viel Bezug zum Kongressthema und zum Praxisalltag warteten auch die Stände der 58 Aussteller auf, die sich über großen Zuspruch freuen konnten. Ebenso gut besucht waren auch der Pre-Congress mit rund 400 Teilnehmern bei zehn Workshops und fünf Seminaren sowie die beiden Spezial podien zu den Themen Kieferorthopädie und Oralchirurgie. Minimalinvasiv. Priv.-Doz. Dr. Goran Benic, Zürich, hatte als erster Redner die eher rhetorische Frage „Ist minimalinvasiv besser?“ zu bearbeiten. Da sein wissenschaftlicher Fokus regenerativen Techniken und der minimalinvasiven rekonstruktiven Zahnmedizin gilt, kündigte er in seiner Antwort einen Paradigmenwechsel an. Unterstrichen hat er sein Plädoyer für den Schmelzerhalt mit eindrucksvollen Beispielen von minimalinvasi ven Lösungen, mit denen er deutlich machte, was durch Feldspat und verstärkte Glaskeramik heute möglich ist. Und für den Erfolg dieser minimalinvasiven Rekonstruktionen ist die Adhäsion ent scheidend. Daher lautete seine Botschaft: „Enamel is the key“. Er versicherte zwar, dass „analoge Technik noch viel zu bieten hat“, machte aber sehr deutlich, dass man seiner Ansicht nach „von der konventionellen Kronen- und Brückenprothetik wegkommen muss“. Adhäsiv. Zu neuen Ufern brach auch Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich, auf, der zur „Bisshebung im abrasiv/erosiv veränderten Gebiss mit direkter Adhäsivtechnik“ sprach. Er zeigte, wie stark geschädigte Abrasions-Erosions-Gebisse mit direkten adhäsiven Kompositrestaurationen erfolgreich versorgt ZBW 6/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 25 Referenten. Namhafte Referenten trugen zum Erfolg der Fortbildungstagung mit dem Thema „Zukunftskonzepte der restaurativen Zahnerhaltung“ bei: Priv.-Doz. Dr. Goran Benic, Zürich (l.), Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich (2. v. l.), sowie der Festredner Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Freiburg, und Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg. werden können. Neben der maximalen Schonung der verbliebenen gesunden Zahnhartsubstanz und der guten Reparierbarkeit sprechen auch die verhältnismäßig geringen Behandlungskosten für diese Therapiemöglichkeit. Hilfreich für die Praxis waren auch seine Hinweise zum Vorgehen bei mangelnder Adhäsion bei erodiertem Dentin: „Unter Kofferdam und in Ruhe arbeiten“. Wegweisend auch seine Vermutung, dass viele Erosionen, die durch den Kontakt mit Magensäure entstehen, nicht auf klassische Refluxkrankheiten zurückzuführen sind, sondern vielfach auf Bulimie, die in westlichen Industrienationen in zunehmendem Maße beobachtet wird. Digital. Nach einer überaus interessanten und lehrreichen Tour d‘horizon durch die verhältnismäßig junge Geschichte der digitalen Zahnmedizin wandte sich Prof. Dr. Dr. Albert Mehl, Zürich, dem aktuellen Stand der digitalen Verfahren für Diagnostik, Planung und restaurative Therapie zu. Speziell in Hinblick auf die zahnärztliche Praxis stellte der auch in Physik promovierte Cerec-Experte die Fortschritte bei der intraoralen dreidimensionalen Vermessung vor, die er als Ausgangspunkt für die Zahnmedizin 4.0. ansieht. Auf sehr einfache Weise lassen sich mit intraoralen Scannern große Abschnitte des Kiefers und des Gegenkiefers dreidimensional in Farbe erfassen, wobei es in der Genauigkeit keine Unterschiede gibt zwischen mattierten und puderfreien Verfahren. Ausführlich erklärte er die Aufnahmeprinzipien der unterschiedlichen Scansysteme: die aktive Triangulation (Streifenlichtmuster auf die Zahnoberfläche), die konfokale Mikroskopie (Lichtstrahlen fallen parallel auf die zu scannende Oberfläche) und die Stereovermessung (Bilder aus unterschiedlichen Winkeln, die miteinander verglichen werden). Indirekt. Der Vortrag von Prof. Dr. Ivo Krejci, Genf, der die Berechtigung von indirekten Restaurationen unter die Lupe nahm, begann mit einem Blick auf die im September 2017 in Betrieb gehende Universitätszahnklinik in Genf, die mit modernstem Equipment wie einem digitalen Mikroskop an jedem Studentenarbeitsplatz und einem digitalen Patienten-Workflow aufwarten wird. Schon heute lernen die Studenten in der Universitätszahnklinik in Genf nicht mehr, wie man Zähne präpariert, Kronen sind verboten. Anstelle von Kronen werden heute sowohl an vitalen als auch an devitalen Zähnen adhäsive Overlays aus Komposit oder Keramik verwendet. Fotos: M. Bamberger Regeneration. Ein wissenschaftliches Thema, das mit vielen Tipps für die Praxis angereichert war, behandelte Prof. Dr. Till Dammaschke, Münster. Zu Beginn seines Vortrags über Dentinregeneration stellte er klar, dass nur eine vitale Pulpa Tertiärdentin bilden kann. Daher kommt der Versorgung der Pulpa- bzw. der Dentin-Pulpa-Wunde mit zahnärztlichem Material eine große Bedeutung zu. Außerdem sind Verfahren zur Vitalerhaltung der Pulpa konservative sowie vergleichsweise einfache und kostengünstige Behandlungen, die keine komplexen und kostspieligen Restaurationen nach sich ziehen. Klassischerweise wird für die Überkappung eine wässrige Kalziumhydroxid-Suspension eingesetzt. Prof. Dammaschke wies aber darauf hin, dass aufgrund der besseren werkstoffkundlichen Eigenschaften Kalziumsilikat-Zemente wie MTA oder Biodentine bei der Vitalerhaltung der Pulpa dem herkömmlichen Verfahren deutlich überlegen sind. Seine Tipps zur suffizienten Blutstillung und zum Schutz vor Mikroorganismen machten seinen Vortrag zusätzlich wertvoll. Resorption. Nach einem dem Vernehmen nach überaus gelungenen Gesellschaftsabend begann am Samstagmorgen pünktlich und im vollbesetzten Saal Prof. Dr. Andreas Filippi, Basel, mit seinem Vortrag über Diagnostik und Therapie bei Wurzelresorption. Da die meisten Resorptionen von bleibenden Zähnen progredient sind, stellt sich immer wieder die Frage nach den Möglichkeiten des Zahnerhalts. Dies lässt sich laut Prof. Filippi aber in der Regel nicht mit einer nur zweidimensionalen radiologischen Darstellung beurteilen. Breiten Raum nahmen in seinem Vortrag kindliche Zahnunfälle ein, bei Fotoimpressionen Zahlreiche weitere Fotos zur 42. Jahrestagung der südbadischen Zahnärzteschaft in Rust finden Sie in der Fotogalerie unter www.zahnaerzteblatt.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 6/2017

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