38 Fortbildung Abb. 4a Ausgangssituation. Unterkieferfrontzähne mit schwarzen Löchern zwischen den Zähnen und einem komplett offenen Approximalraum zwischen den Zähnen 42 und 44. Die Patientin wünscht ein Schließen dieser Lücken durch Keramikveneers im Rahmen einer auch im Seitenzahnbereich durchzuführenden Komplettsanierung. Abb. 4b Präparation. Die Zähne sind für die Aufnahme der Veneers präpariert. Um die schwarzen Löcher schließen zu können, müssen die Approximalräume nach oral eröffnet werden. Da initial bereits Dentin im Bereich der Inzisalkanten exponiert war, wurden ebenfalls inzisale Auflagen präpariert. Abb. 4c Veneers aus Schichtkeramik (Zahntechnik: Hubert Schenk, München). Abb. 4d Freilegung zervikaler Ränder. Nach der ästhetischen Einprobe erfolgt die Freilegung der zervikalen Ränder mit dünnen Retraktionsfäden als Vorbereitung zur adhäsiven Befestigung. Bereich eine Überkonturierung zu vermeiden. Dies wird idealerweise durch eine eindeutige Präparationsgrenze erreicht, die bei Veneers zwar minimalinvasiv angelegt sein kann, aber andererseits trotzdem klar erkennbar sein muss [38]. Um ein zu tiefes Eindringen zu vermeiden, wird diese am besten gleich von Anfang an mit einem feinkörnig belegten Finierdiamanten in Form einer dünnen Hohlkehle entlang der marginalen Gingiva erstellt. Vielfach reicht es aus, diesen zervikalen Übergang zwischen der Zahnoberfläche und dem Veneer durch eine geringe, ca. 0,1 bis 0,2 mm tiefe Schmelzpräparation zu definieren [12]. Die Festlegung der zervikalen Ausdehnung der prothetischen Restauration ist eine originär zahnärztliche Aufgabe und sollte nicht an den Zahntechniker delegiert werden. Bei flachen Frontzähnen hat der Behandler in der Einsetzsitzung die Schwierigkeit, die exakte Endposition des „Non-Prep“-Veneers ohne präparative Hilfselemente sicher aufzufinden, was durch das dünnflüssige Befestigungskomposit zusätzlich erschwert wird; dadurch steigt das Risiko einer Fehlplatzierung [12, 32]. Dieses Problem ist simpel zu lösen, indem man auf der Labialfläche des Zahnes ein oder zwei kleine Vertiefungen im Schmelz als Positionierungshilfe präpariert. Diese stellen sich auf der Klebeseite des Veneers als Erhabenheiten dar. Das Veneer gleitet dann auf dem niedrigviskösen Kompositzement einfach in die Endposition. Ebenso wie bei der Definition der zervikalen Begrenzung durch eine kleine Hohlkehle trifft dann aber die Bezeichnung „Non-Prep“-Veneer nicht mehr zu. Im Prinzip ist es nicht so wichtig, dass an den betroffenen Zähnen keine Präparation vorgenommen werden muss, vielmehr eröffnet die Möglichkeit, Veneers mit geringen Materialstärken mit den klinischen Gegebenheiten zu kombinieren, auch wenn dies eine bedarfsgerechte, minimal-invasive Vorbereitung mit dem Diamantschleifer nötig macht, dem Behandler eine breites Spektrum verschiedener Einsatzmöglichkeiten [39]. „Non-Prep“-Veneers können in den Händen des in der Veneertechnik erfahrenen Behandlers im geeigneten Einzelfall durchaus eine Bereicherung der therapeutischrestaurativen Möglichkeiten darstellen. Der unreflektierte Einsatz und die von der Werbung teilweise suggerierte universelle Anwendbarkeit von „Non-Prep“-Veneers sind allerdings strikt abzulehnen. Adhäsive Befestigung. Veneers sind vor Abschluss der adhäsiven Befestigung aufgrund ihres filigranen Designs deutlich bruchgefährdeter als vollkeramische Kronen. Sie erlangen ihre endgültige Festigkeit erst durch die adhäsive Verklebung mit der Zahnhartsubstanz und die dadurch erzielte kraftschlüssige Verbindung. Die zuverlässige adhäsive Verbindung zur Zahnhartsubstanz – insbesondere zum Schmelz, der durch seine Verwindungssteifigkeit die Veneerkeramik stabilisiert – ist ein Schlüsselfaktor für den langfristigen klinischen Erfolg [40, 41]. Nach der Abnahme der Provisorien wird zuerst die Farbe des zum Einsetzen der Veneers zu verwendenden Kompositklebers an den feuchten Zähnen bestimmt. Für die Überprüfung der Farb- und Transluzenzgestaltung der Verblendschalen („ästhetische Einprobe“) wird mit wasserlöslichen Try-in-Pasten, die in ihrer Einfärbung dem korrespondierenden gehärteten Befestigungskomposit entsprechen, die ZBW 10/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 39 Abb. 4e Trockenlegung des Behandlungsgebietes mit Kofferdam in der Langlochtechnik und zusätzlichen Watterollen. In der lingualen Abdichtung befindet sich eine Aussparung für den kleinen Sauger. Es werden jeweils 2 Veneers gleichzeitig eingesetzt, die Nachbarzähne werden dabei mit Teflonband geschützt. Luft im Zementspalt eliminiert („optische Ankoppelung“), die auf Grund ihres unterschiedlichen Lichtbrechungsverhaltens zu einem falschen optischen Eindruck führen würde (Abb. 3) [42-44]. Durch verschiedene Befestigungskomposite, die sich in ihrem Farbton und der Farbintensität bzw. der Opazität unterscheiden, können kleinere Farbkorrekturen des Veneers erzielt werden. Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die endgültige Farbe des adhäsiv befestigten Veneers durch 3 Faktoren bestimmt wird, die eine unterschiedliche Gewichtung aufweisen: • Farbe und Transluzenz/Opazität der Veneerkeramik: Großer Einfluss bei transluzenter Keramik, sehr großer Einfluss bei opaker Keramik, abhängig von der Schichtdicke des Veneers [45] • Farbe des präparierten Zahnstumpfes: Großer Einfluss bei transluzenter Keramik, geringerer Einfluss bei opaker Keramik (cave: sehr dunkle Zahnstümpfe können durch die dünnen Veneers nur schlecht maskiert werden, ohne dass das Endresultat sehr opak wirkt und somit mit einem Verlust an natürlicher Transluzenz einhergeht) [46] • Farbe des Befestigungskomposits: Geringster Einfluss aufgrund der dünnen Schichtstärke, v.a. bei opaker Keramik (cave: vermeide sehr opake Kompositkleber bei transluzenten Veneers) Die geringe Schichtstärke des Kompositklebers im Vergleich zur Dimension der Verblendschale erlaubt bei einer deutlichen Farbabweichung der Veneerkeramik von der Sollfarbe im Regelfall keine perfekte Korrektur, lediglich geringe Abweichungen können in unterschiedlichem Ausmaß korrigiert werden [45]. Andererseits besteht aber durchaus die Gefahr, die Farbe und Transluzenz eines perfekt hergestellten Veneers durch die Wahl des falschen Einsetzkomposits (wie etwa weiß-opake Farben) ästhetisch zu ruinieren. Die ästhetische Einprobe mit Try-in-Pasten zum richtigen Zeitpunkt ist somit eine Voraussetzung für einen gelungenen Abschluss der Behandlung. Um eine Austrocknung der Zähne und die damit verbundene reversible Aufhellung und opaker wirkende Erscheinung zu vermeiden [47-49], muss diese ästhetische Kontrolle selbstverständlich vor dem Anlegen von Kofferdam an feuchten Zähnen vorgenommen werden. Nach dem erneuten Reinigen von Zähnen und Veneers von der Try-in-Paste erfolgt anschließend im Rahmen der funkti- Abb. 4f Geschlossene Approximalräume. Endsituation mit individuell geschichteten Veneers. Die approximalen Räume konnten durch die Keramikveneers geschlossen werden und der Frontzahnbereich in der Ästhetik optimiert werden. onellen Einprobe die intraorale Kontrolle der Passung und Randgüte jedes einzelnen Veneers. Bei mehreren Verblendschalen wird noch eine gemeinsame Einprobe sämtlicher Veneers vorgenommen, um die approximale Kontaktsituation zu prüfen und eine Einsetzreihenfolge festzulegen [44]. Nach Trockenlegung werden sowohl die Veneers als auch die Zahnoberflächen gemäß den Regeln der Adhäsivtechnik vorbereitet und dann die Verblendschalen mit einem niedrig-viskösen Kompositkleber befestigt. Die dünnen Veneers erlauben bei Benutzung einer lichtstarken Polymerisationslampe die Verwendung eines rein lichthärtenden Befestigungskomposits. Erst durch die kraftschlüssige adhäsive Verklebung mit den Zähnen erlangen die fragilen Veneers ihre maximale Festigkeit (Abb. 4a bis 4f). Fazit. Vollkeramische Veneers haben einen sehr hohen Qualitätsstandard erreicht und sind für die moderne Zahnheilkunde ein unverzichtbares Instrument geworden. Die ausgezeichnete Ästhetik [50] und ein im Vergleich zu Vollkronen zumeist deutlich geringerer Zahnhartsubstanzabtrag zeichnen diese Therapieform aus, die bei Patienten auf eine hervorragende Akzeptanz stößt [51, 52]. Die minimalinvasive Präparation und die parodontalhygienisch günstige Lage des zervikalen Veneerrandes vermeiden im Regelfall schwerwiegende biologische Probleme (postoperative Hypersensibilitäten, Pulpanekrosen, gingivale Rezessionen) [53]. Klinische Studien zeigen hervorragende Überlebensdaten, wenn zu Beginn der Behandlung eine Auswahl geeigneter Patienten getroffen wird, eine korrekte Indikation gestellt wird und neben der sorgfältigen zahntechnischen Herstellung mit korrekter Materialselektion eine präzise Präparations- und eine geeignete Befestigungstechnik zum Einsatz kommen [54, 55]. Prof. Dr. Jürgen Manhart Prof. Dr. Jürgen Manhart Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie Goethestraße 70 80336 München e-mail: manhart@manhart.com Internet: www.manhart.com www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2017
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