36 Fortbildung Keramikveneers: minimale Präparation, maximale Wirkung (Teil 3) „Non-Prep”-Veneers und adhäsive Befestigung Der dritte Teil der Serie zu Keramikveneers (Teil 1 in ZBW 6/2017, Teil 2 ZBW 8/9/2017) informiert über den Einsatz dieser Restaurationsart im Seitenzahnbereich und behandelt das Für und Wider zu den kontrovers diskutierten „Non-Prep"-Veneers. Er enthält Details zur adhäsiven Befestigung und deren Auswirkungen auf den klinischen Erfolg bzw. das ästhetische Erscheinungsbild der Verblendschalen und beschließt diese Fortbildungsserie. Nach der Präparation. Die Endfarbe der befestigten Veneers wird aufgrund geringer Materialstärke, abhängig von der Schichtstärke und der Transluzenz/Opazität der verwendeten Keramik und den optischen Eigenschaften des Kompositzements, auch erheblich von der Farbe des präparierten Zahnstumpfes beeinflusst [1, 2]. Daher ist es notwendig, dem Zahntechniker die Stumpffarbe zu übermitteln, damit er diese bei der Gestaltung der Veneers berücksichtigen kann. Dies erfolgt mit speziellen Farbschlüsseln, deren ausgewählte Farbmuster an den feuchten präparierten Zahn positioniert und mittels digitaler Fotografie dokumentiert werden (Abb. 1) [1, 3]. Im Anschluss an die Präparation erfolgen zusätzlich zu den Abformungen des betroffenen Kiefers und des Gegenkiefers eine Kieferrelationsbestimmung, die Dokumentation der habituellen statischen Okklusion mittels eines Okklusionsprotokolls und die schädelbezügliche Registrierung. Zur Herstellung von Provisorien kann als Formhilfe erneut die diagnostische Schablone verwendet werden. Die temporäre Versorgung einzelner Veneerpräparationen kann auch in der direkten Komposittechnik mit Punktätzung an der labialen Zahnfläche erfolgen. Veneers im Seitenzahnbereich. Veneers werden zwar überwiegend im Frontzahnbereich, vor allem im Oberkiefer, eingesetzt; sie sind aber nicht hierauf beschränkt, ihr Indikationsgebiet reicht – u. a. in Abhängigkeit von den Erfordernissen aus der ästhetischen Analyse – auch in die Prämolarenregion und sogar bis in den Molarenbereich [4-6]. Ist es notwendig an Prämolaren oder gar bis zu den ersten Molaren im Oberkiefer bukkal Veneerschalen anzufertigen, so ist die Präparation analog zu Frontzähnen auszuführen (Abb. 2a und b) [7-9]. Der okklusale Rand Abb. 1 Farbgebung. Übermittlung der Stumpffarbe des präparierten Zahnes an das Dentallabor mit einem speziellen Farbschlüssel. darf allerdings nicht in einer hochbelasteten Zone an einem statischen Okklusionskontakt oder im Bereich von dynamischen Funktionsbahnen liegen [10]. Existiert keine Front-Eckzahn-Führung, sondern liegt eine Gruppenführung im Seitenzahnbereich vor, ist es empfehlenswert, den okklusalen Rand bis in die Zentralfissur zu extendieren und gleichzeitig den bukkalen Höcker ca. 1,5 bis 2 mm okklusal zu reduzieren [10]. An Unterkieferseitenzähnen sollten an den bukkalen Stützhöckern aus Gründen der Statik und Frakturprophylaxe keine Veneers sondern eher Keramikteilkronen angefertigt werden. „Non-Prep“-Veneers. Bei einer geplanten Therapie mit Veneers kann in sehr seltenen Fällen komplett auf eine Präparation der betreffenden Zähne verzichtet werden, wenn günstige klinische Ausgangsbedingungen mit einer geeigneten Zahnstellung und einwandfreien funktionellen Verhältnissen vorliegen. Diese speziellen Fälle eignen sich zur Anfertigung sogenannter „Non-Prep“-Veneers [11, 12]. Allerdings ergibt sich in den meisten Patientenfällen, als Resultat einer sorgfältig durchgeführten Behandlungsplanung, die Notwendigkeit einer – zumindest geringfügigen – Präparation der jeweiligen Zähne [13]. Bei „Non-Prep“-Veneers muss man zwei grundsätzlich unterschiedliche Varianten differenzieren. Die erste Version bedeckt wie ein klassisches Veneer, bei dem der Zahn mit einer Präparation vorbereitet wird, die komplette Labialfläche des betreffenden Zahnes. Es handelt sich hierbei im Regelfall um Einzelzähne, die in Relation zu ihren Nachbarn in retrudierter Position stehen, oder um Zähne mit zu weit nach oral gekippter Längsachse. Mit Hilfe der „Non-Prep“-Veneers können hier geringe Stellungskorrekturen vorgenommen werden. Auch zu kleine bzw. von ihrer Form qualifizierte dysplastische Zähne lassen sich mit rein additiven Maßnahmen – durch Aufbau bukkalen und ggf. lateral-approximalen Volumens – in ihrer Erscheinung optimieren [12, 14, 15]. Bei der zweiten Variante werden auf dysplastischen Zähnen oder auf Zähnen mit geeigneten Defekten – beispielsweise frakturierten Ecken oder Inzisalkantenbereichen – "Additional Veneers" oder "Sectional Veneers" adhäsiv befestigt, die nur einen Teilbereich der Labialfläche bedecken. Durch derartige Teilrestaurationen werden diese Zähne in ihrer Kontur und Dimension so modifiziert, dass sie sich nach Abschluss der Behandlung harmonisch in die Nachbarbezahnung integrieren. Diese Teilveneers werden je nach Ausgangslage sowohl als „Non-Prep“-Version als auch mit präparierten Flächenanteilen und Randbereichen angefertigt [16-26]. ZBW 10/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 37 Abb. 2a Veneerpräparation an einem ersten Prämolaren im Oberkiefer. Abb. 2b Prämolar. Adhäsiv befestigtes Veneer am Prämolaren. Der okklusale Rand darf nicht in einer hochbelasteten Zone an einem statischen Okklusionskontakt oder im Bereich von dynamischen Funktionsbahnen liegen. Fotos: Prof. Dr. Jürgen Manhart Häufig sind „Non-Prep“-Veneers sehr dünn, mit labialen Schichtstärken von ca. 0,3 mm [27]. Sie werden nach der Herstellung auf den unbeschliffenen Zahnschmelz geklebt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass an nicht instrumentierten Schmelzoberflächen, bei denen die äußere, oftmals prismenfreie Schicht nicht abgetragen wurde, die Etablierung eines mikroretentiven Ätzmusters erschwert ist [28]. Dies ist bei der adhäsiven Vorbehandlung durch eine Verlängerung der Kontaktzeit der Phosphorsäure mit dem nicht präparierten Schmelz zu berücksichtigen. Bei den meisten Patienten sind wirkliche „Non-Prep“- Veneers, also Veneers bei denen die zu versorgenden Zähne weder in der Erst- bzw. Abformsitzung noch im Einsetztermin (z. B. mit Hilfe eines vom Zahntechniker angefertigten Schleifkäppchens) auch nur minimal beschliffen werden, allerdings nicht möglich, da die klinische Situation z. B. aus Gründen der Zahnstellung, der Einschubrichtung, der ansonsten auftretenden Überkonturierung oder im Zahn vorhandener Karies bzw. alter Füllungen etc. dies nicht erlaubt. Die Option für ein präparationsloses Vorgehen ist in der Planungsphase durch ein Wax-up zu prüfen. „Non- Prep“-Veneers können in einem gleichförmig ausgeformten Zahnbogen erfahrungsgemäß nicht einzeln eingesetzt werden, da die Schichtstärke der Keramik, auch wenn sie sehr dünn ist, auffällt [29]. Dies macht es im Regelfall erforderlich, dass derartige Veneers bei dieser Ausgangslage immer in symmetrischer Verteilung angefertigt werden, um wieder ein harmonisches Bild im Zahnbogen zu erzeugen, was zumindest die Gefahr einer medizinischen Übertherapie in sich birgt [12, 30]. Weiter ist zu beachten, dass es beim Einsatz von „Non-Prep“-Veneers durch die fehlende Präparation und den Materialauftrag der Keramik, die sich nur begrenzt ohne Frakturen ausdünnen lässt, und der Klebefuge zu einer Überkonturierung im Bereich der Ränder kommt, die speziell im zervikalen Bereich der Ursprung für Plaqueakkumulation, Entzündungsreaktionen des marginalen Parodonts (Gingivitis, Taschenbildung), Rezessionen, Randverfärbungen und Karies sein kann [12, 13, 31, 32]. Eine präzise Randpassung der Restauration im zervikalen Bereich ist aber für die langfristige Gesundheit des parodontal-restaurativen Interfaces und generell des regionalen parodontalen Gewebes von entscheidender Bedeutung [33, 34]. Die rein additive Vorgehensweise durch das Aufkleben von „Non-Prep“-Veneers auf nicht präparierte Zähne birgt ferner immer die Gefahr eines wuchtigen, klobigen Erscheinungsbildes der betreffenden Einzelzähne oder des entsprechend therapierten Frontzahnsegments in sich und ist somit auch aus ästhetischer Sicht risikobehaftet [13, 29, 32, 35, 36]. Es resultieren oft überkonturierte Zähne mit einem unnatürlichen Emergenzprofil [27, 37, 38]. Auch Zahnverfärbungen können beim rein additiven Verfahren wegen der geringen Keramikschichtstärke nur begrenzt maskiert werden, wenn die Veneers nicht sehr opak und somit unnatürlich wirkend gestaltet werden sollen. Für den Zahntechniker ergibt sich bei der Herstellung von „Non-Prep“-Veneers die Schwierigkeit, die Position der Ränder der Verblendschalen festzulegen, da am Meistermodell keine Präparationsgrenzen vorliegen [32, 38]. Es ist somit der Erfahrung und dem Können des Zahntechnikers überlassen, die komplette Außengeometrie des Veneers zu gestalten, mit der sich der Behandler zufrieden geben muss. Zur Gesunderhaltung des perio-restaurativen Interfaces und des marginalen Parodonts sollte aber die zervikale Ausdehnung und das Austrittsprofil der prothetischen Restauration klar festgelegt werden, um in diesem biologisch sensiblen Abb. 3 Ästhetische Einprobe der Veneers. Die Veneers an den Zähnen 13-11 sind durch die Try-in-Paste (eingefärbtes Glyceringel), die in ihrer Einfärbung dem korrespondierenden gehärteten Befestigungskomposit entspricht, optisch an die Zahnhartsubstanz angekoppelt. Eine verlässliche Beurteilung der sich nach der adhäsiven Befestigung ergebenden Gesamtfarbe ist hierdurch möglich. An den Zähnen 21-23 sind die Veneers ohne optisches Ankoppelungsmedium positioniert. Die nicht verdrängte Luft im Zementspalt führt dazu, dass diese Veneers zu hell und zu opak erscheinen. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2017
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