18 Berufspolitik Landesversammlung des FVDZ in Ispringen Zukunftsmodell Zahnmedizin in der Diskussion Die Landesversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte Baden-Württemberg (FVDZ), die am 15. Juli 2017 im badischen Ispringen stattfand, bot Diskussionsstoff wie noch nie zuvor. Diesmal stand zusätzlich eine Podiumsdiskussion mit Vertretern von Standespolitik, Parteien und Krankenkassen auf dem Programm, die sich mit der Zukunft der Zahnmedizin im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung befasste. Gerade die kontroversen Meinungen zeigten deutlich: Das Gesundheitssystem in Deutschland ist sehr komplex und geeignete Lösungsansätze zu finden, ist schwer. Diskussionsteilnehmer. Zum Meinungsaustausch zum Thema Zukunftsmodell Zahnmedizin waren eingeladen (v. l. n. r.): Andreas Vogt (Techniker Krankenkasse), Rainer Hinderer MdL, Wolfgang Molitor (Stuttgarter Nachrichten), Harald Schrader (Bundesvorsitzender FVDZ), Jochen Haußmann MdL und Gunther Krichbaum MdB. Traditionell beginnt die Landesversammlung mit einer Reihe von Grußworten. Als neuer Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg wurde Dr. Torsten Tomppert um ein Grußwort gebeten. Dr. Tomppert, selbst Mitglied beim FVDZ, betonte dabei, wie wichtig die Freiberuflichkeit für die Zahnärzteschaft sei und die Kammer als berufliche Selbstverwaltung eine tragendende Rolle spiele. Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl kritisierte er, dass der Staat inzwischen viel zu viel kontrolliere und reguliere, was die zahnärztliche Berufsausübung stranguliere, viel Zeit koste und letztendlich den Patienten schade. Dieser Zustand sei inakzeptabel und die Politik solle im Sinne des Zitats des Schweizer Publizisten Ernst Reinhardt handeln: „Was ist Fortschritt anderes, als immer mehr Irrtümer einzusehen und immer weniger zu begehen.“ Genossenschaftsmodell. Auch Harald Schrader, Bundesvorsitzender des FVDZ, kam zu Wort. Es war ihm ein Anliegen aufzuzeigen, dass der Freie Verband einen Mehrwert bieten möchte, damit sich die Mitgliedschaft auch lohne. Hier sind vor allem die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte im Fokus. Sie benötigen besondere Unterstützung, denn es sei heute kaum mehr möglich, eine Praxis einzurichten, ohne sich ein Leben lang zu verschulden. Der Freie Verband hat dabei ein besonderes Modell im Blick: Medizinische Versorgungszentren könnten zu Genossenschaften werden, in die sich Berufsanfänger anteilsmäßig einkaufen könnten. Das finanzielle Risiko wäre für den Einzelnen überschaubar und böte zudem basisdemokratische Entscheidungsmöglichkeiten. Die Zahnärzte wären Angestellte und Unternehmer gleichzeitig und zudem flexibler, denn sie könnten ihre Anteile auch wieder verkaufen. Genossenschaften böten außerdem einen guten Schutz gegen Hedgefonds, die derzeit auf den Markt drängen, um das ambulante Gesundheitswesen zu übernehmen. Podiumsdiskussion. Passend zur Bundestagswahl fand unter der Moderation von Wolfgang Molitor, stellvertretender Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten, eine Diskussionsrunde zum Thema „Zukunftsmodell Zahnmedizin: Die Zukunft der Zahnmedizin im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung“ mit Standespolitikern, Vertretern der Parteien sowie der Krankenkassen statt. Mit dabei: Rainer Hinderer MdL, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD- Landtagsfraktion, Jochen Haußmann MdL, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Gunther Krichbaum MdB aus dem Wahlkreis Pforzheim (CDU), Harald Schrader, Bundesvorsitzender des FVDZ, und Andreas Vogt, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse Baden- Württemberg. Dabei war die Bürgerversicherung ein großes Thema und die parteipolitischen Positionen wurden sehr deutlich kommuniziert. Während Jochen Haußmann MdL davor warnte, ein funktionierendes System aufzugeben ZBW 10/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Berufspolitik 19 Vorsitzender. Dr. Joachim Härer resümierte das vergangene Geschäftsjahr und zeigte anschließend auf, welche neuen Aufgaben vom Landesverband zu bewältigen sind. und dabei von Gunther Krichbaum (CDU) und Harald Schrader Unterstützung bekam, versuchte Rainer Hinderer (SPD) als einziger Befürworter dieser Runde das Modell zu verteidigen. Andreas Vogt zeigte als Krankenkassenvertreter auf, wo seiner Meinung nach die Probleme angegangen werden müssten: z. B. beim Finanzierungsmodell der PKV, das der Demografie nicht gerecht werde. Ob es in der Diskussion nun um Bürokratieabbau, Bonussysteme für Patienten, Freiberuflichkeit oder um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Zahnärzte ging, am Ende wurde deutlich: Das Gesundheitssystem in Deutschland ist eine sehr komplexe Angelegenheit und benötigt vielschichtige Lösungen, um gesichert in die Zukunft zu kommen. Landesversammlung. Nach dem politischen Part ging es an die grundsätzliche Arbeit des Freien Verbandes und der Landesvorsitzende Dr. Joachim Härer skizzierte in Fotos: C. Richter seiner Rede die Aufgaben und Herausforderungen, die den Landesverband derzeit beschäftigen. Er stellte einige politische Themen zur Diskussion, für die entsprechende Anträge zur Abstimmung vorlagen, so z. B. zum Zukunftsmodell Zahnheilkunde, zu den Rahmenbedingungen für die Praxisausübung, Telematik oder zum Hygienekonzept für Zahnarztpraxen. Außerdem wurde eine aktualisierte Plattform in der Version 2017 vorgestellt. Der Diskussionsbedarf zu allen Anträgen und zur Plattform war groß, aber letztendlich wurden bei der Abstimmung alle Anträge angenommen. Sämtliche Anträge im Wortlaut sowie die Plattform finden Sie als PDF unter www. zahnaerzteblatt.de. Zum Schluss stand noch die Wahl eines neuen Landesvorsitzenden auf dem Programm. Der amtierende Vorsitzende Dr. Joachim Härer kandidierte ebenso wie seine Stellvertreter. Dr. Joachim Härer wurde mit großer Mehrheit wiedergewählt. Als Stellvertreter wurden Dr. Thomas- Rainer Schlachta und Dr. Jens Finger in ihren Ämtern bestätigt. Die Versammlungsleitung wurde wieder an Dr. Gisela Leisin-Hillebrand und ihre Stellvertreter Dr. Elisabeth Echternach und ZA Heinz-Jürgen Bruckmann übertragen. Landesverband. Der Landesvorsitzende Dr. Joachim Härer (vorne Mitte) startet mit seinem Team in eine neue Amtsperiode (v. l. n. r.): Dr. Thomas-Rainer Schlachta, Dr. Burkhard Maager, Kai Sallie, Dr. Gisela Leisin-Hillebrand, Dr. Jens Finger, Dr. Gerd Hase, Dr. Elisabeth Echternach, Dr. Sylvia Boller und Heinz-J. Bruckmann. Fazit. Die Landesversammlung hat wieder einmal gezeigt: Der Diskussionsbedarf in der Zahnärzteschaft ist groß und der Meinungsaustausch konnte den ganzen Tag lang gepflegt werden. Es wurde deutlich, dass dem Freien Verband eine wichtige Rolle in der Diskussion um den zahnärztlichen Berufsstand zukommt, denn er darf sich zu allen Aspekten politisch frei äußern, während sich die berufspolitischen Organisationen oft in Zurückhaltung üben müssen. Gerade die kontroversen Diskussionen sind aber wichtig, um eine Weiterentwicklung voranzubringen. Man kann dem Freien Verband für die Zukunft nur wünschen, diese Chance zu nutzen und dabei den Worten des Bundesvorsitzenden zu folgen, der in Ispringen dazu aufforderte: „Wir müssen wieder Steine ins Wasser werfen, damit es Wellen gibt.“ » claudia.richter@izz-online.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2017
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