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Frauen und Männer werden unterschiedlich krank

Ausgabe 10/2017

10 Titelthema geschieht

10 Titelthema geschieht unter dem Einfluss der Sexualhormone bei Männern und Frauen unterschiedlich. Und das passiert sogar bei dem Ungeborenen im Mutterleib, wenn die Frau bestimmten Schädigungen ausgesetzt wird. Das mag der Grund dafür sein, dass stressinduzierte Erkrankungen im Herz, Magen, in der Leber und anderswo, sich bei Frauen und Männern deutlich unterscheiden. schützen. Bestimmte Formen von Herzrhythmusstörungen und plötzlichem Herztod kommen vor allem bei männlichen Tieren und Männern vor. Weibliche Tiere bilden unter Östrogeneinfluss eine schützende Substanz und die wird jetzt zu einem Antiarrhythmikum für alle entwickelt. Unsere Ergebnisse haben wohl wesentlich mit dazu beigetragen, dass die Amerikaner von ihren in Berlin gehört, in der wir 1000 gesunde Frauen untersucht und überprüft haben, wie sie ihr Herz- Kreislauf-Risiko selbst einschätzen und wie dies mit dem objektiv messbaren Risiko korreliert. Wir haben herausgefunden, dass vor allem alte Frauen, Frauen mit einem hohen biologischen Risiko und Frauen aus bildungsfernen Schichten ihr Herzinfarktrisiko stark unterschätzen. Gerade diejenigen, die Geschlechterunterschiede. Rauchen ist für Frauen noch ungünstiger als für Männer. Foto: Robert Knetschke/Fotolia Foto: ladysuzi/Fotolia Symptome. Warnsymptome für einen Herzinfarkt bei Frauen sind Übelkeit, starke Schwäche, Schweißausbrüche, Rückenschmerzen und extreme Müdigkeit. Foto: highwaystarz/Fotolia Medikamentenwirkung. Medikamente wirken bei Frauen und Männern unterschiedlich. Gender. Geschlechterunterschiede in den Nicht-Sexualorganen führen dazu, dass sich männliche und weibliche Herz-, Gefäßoder Immunzellen deutlich unterscheiden. Wir prüfen, wie sie mit Stress, Hitze, Kälte und Sauerstoffmangel fertig werden. In der Regel überleben die weiblichen Zellen besser. Wir untersuchen, welche Mechanismen die weiblichen Zellen schützen. Stickstoffmonoxid zum Beispiel gehört dazu – ein wichtiger Schutzfaktor, der bei Frauen mehr genutzt wird als bei Männern, und der durch Rauchen zerstört wird. Daher ist Rauchen für Frauen noch ungünstiger als für Männer. Weibliche und männliche Tiere werden unterschiedlich gut mit Herzschwäche, Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen fertig. Auch hier untersuchen wir, ob die Weibchen eingebaute Schutzmechanismen haben und welche Medikamente sie besser Forschern jetzt Studien an männlichen und weiblichen Tieren verlangen. Und schließlich machen wir Studien an Menschen. Wir verfolgen u. a. wie Frauen und Männer Bypassoperationen oder Herzklappenoperationen überstehen und welche Parameter bei ihnen das Überleben bestimmen und ob man bei weiblichen und männlichen Patienten auf unterschiedliche Dinge achten muss. Dies schließt biologische Variablen – Herz- und Gefäßgröße und Steifigkeit, Nieren- und Lungenfunktion ebenso ein wie psychosoziale Variablen – wie Stress und Depression. Wir können zeigen, dass psychosoziale Variablen einen großen Einfluss auf den Verlauf haben, und eben bei Männern und Frauen unterschiedlich. Und wir machen Studien an der Bevölkerung. Vielleicht haben Sie von unserer BEFRI-Studie (Berliner Frauen Risikoevaluation) Vorsorge am nötigsten brauchen, nehmen diese am seltensten wahr. Zusammenfassung. In der Gender-Medizin wollen wir herausfinden, welche biologischen und psychosozialen Mechanismen männliche oder weibliche Organismen schützen oder ihnen schaden. Wir untersuchen, wieso Frauen und Männer auf Medikamente und Umweltfaktoren unterschiedlich reagieren und krank werden, worin die Unterschiede bestehen und was das für ihre Erkrankungen und die Behandlung bedeutet. Nur dann kann man für beide die bestmögliche Diagnose und Therapie bei ihren Erkrankungen finden und dazu beitragen, dass beide Geschlechter gesund älter werden können. Prof. Dr. Dr. h.c. Vera Regitz-Zagrosek, Direktorin am Institut für Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité, Universitätsmedizin Berlin ZBW 10/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 11 Foto: drubig-photo/ Fotolia Zahnärztliche Besonderheiten in einer besonderen Zeit Schwangerschaft und Stillzeit Eine Parodontitis kann sich einerseits auf die Fertilität von Frauen auswirken. Andererseits kann eine Schwangerschaft Erkrankungen des Zahnfleisches begünstigen. Dieser Beitrag befasst sich mit den Auswirkungen einer (geplanten) Schwangerschaft auf die Mund- und Zahngesundheit. Die Parodontitis ist eine Entzündung des Zahnhalteapparats, die zu einem irreversiblen Abbau des Knochens und unbehandelt letztlich zum Zahnverlust führen kann. Die Prävalenz ist hoch. Aus den im Jahr 2016 veröffentlichten Zahlen der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie geht hervor, dass in der Altersgruppe der Erwachsenen und Senioren nahezu jeder Zweite von einer moderaten Form der Parodontitis betroffen ist (Cholmakow- Bodechtel et al, 2016). Insgesamt leiden 20 Millionen Patienten in Deutschland an einer behandlungsbedürftigen Parodontitis, wobei die Dunkelziffer groß ist (DGParo, 2014). Aus diesem Grund wird die Parodontitis auch als eine Volkskrankheit bezeichnet. Die Ursachen für die Entstehung einer Entzündung des Zahnhalteapparats sind komplex. Parodontalpathogene Mikroorganismen spielen hierbei eine entscheidende Rolle, allerdings sind sie nicht allein für die Entstehung einer Parodontitis verantwortlich. Auch systemische sowie genetische Faktoren sind maßgeblich an der Entstehung und an der Progredienz der parodontalen Entzündung beteiligt. Zahlreiche immunmodulierende Faktoren wirken sich auf das Entzündungsverhalten des Parodonts aus und können zu einer verstärkten inflammatorischen Reaktion des Gewebes führen. So können beispielsweise der Verzicht auf Nikotin, ein gesunder Lebensstil und ein stressreduzierter Alltag zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes führen. Auch eine gesunde Ernährung wirkt sich positiv auf Entzündungsprozesse im Körper aus. In diesem Zusammenhang sind vor allem Nahrungsmittel mit einem geringen Anteil an prozessierten Kohlenhydraten, viel Vitamin C, Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien empfehlenswert (Anand et al, 2013; Chee et al, 2016; Cheraskin & Ringsdorf, 1965; Huggins, 1981). Eine permanente Entzündung in der Mundhöhle wirkt sich des Weiteren negativ auf die Allgemeingesundheit aus. Mit einer durchschnittlich entzündeten Wundfläche von ca. 9 cm² ist die Parodontitis eine stetige Belastung des Immunsystems (Skaleric et al, 2012). Dies wird unter anderem durch die Messung des systemischen Biomarkers für Entzündungen, dem C-reaktiven Protein (CRP), im Blutserum deutlich. Zahlreiche Studien belegen zudem eine enge Korrelation zwischen der Entzündung des Zahnhalteapparats und vielen Allgemeinerkrankungen. Herz-Kreislauf-Er- www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2017

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