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Digitalisierung in der Zahnmedizin

Ausgabe 5-6/2022

46_FORTBILDUNG

46_FORTBILDUNG ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de Screenshot: ZFZ Große Resonanz. ZFZ-Leiterin PD Dr. Yvonne Wagner freut sich, dass die Winter-Akademie im Live-Stream und bei den On-Demand-Aufrufen bis Ende Februar so erfolgreich war. ZFZ Winter-Akademie 2022 als Online-Veranstaltung PRAXISNAHE ÄSTHETIK Auch in diesem Jahr konnte die Winter-Akademie des Zahnmedizinischen Fortbildungszentrums Stuttgart (ZFZ) nicht als Präsenzveranstaltung stattfinden, sondern wurde von Ende Januar bis Anfang Februar 2022 in drei Teilen ausgerichtet. Thema der Veranstaltungsreihe: Ästhetische Zahnheilkunde – Praxisnah und umsetzbar. An drei Nachmittagen gab es jeweils zwei Vorträge von namhaften Referentinnen und Referenten im Live-Stream, die bis Ende Februar zusätzlich als Video-on-Demand abgerufen werden konnten. Die Resonanz war groß: 550 Teilnehmende verfolgten die Veranstaltung live. Der On-Demand-Bereich wurde über 2000-mal aufgerufen. Weil die Coronapandemie in der kalten Jahreszeit weiterhin große Präsenzveranstaltungen unmöglich machte, wich man mit der ZFZ-Winter-Akademie erneut auf das digitale Format aus. Die beiden vergangenen Jahre zeigten, dass diese Art der Fortbildung trotzdem erfolgreich ist, weil man zeitlich unabhängig daran teilnehmen und die Vorträge sogar mehrmals im On-Demand-Bereich anschauen kann. Die ZFZ-Leiterin PD Dr. Yvonne Wagner hatte diesmal ein interessantes Programm aus sechs Vorträgen zusammengestellt, die viele umsetzbare Tipps für die Arbeit in der Praxis lieferten. Die Möglichkeiten der Ästhetischen Zahnheilkunde wurden dabei aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und deckten die Bereiche Karies, Lücken im Front- und Seitenzahnbereich, Parodontitis, Implantate, CAD/CAM sowie Kieferorthopädie ab. KARIESINFILTRATION Bei der Kariesbehandlung hat sich inzwischen das Konzept „Heal and Seal“ durchgesetzt. Prof. Dr. Hendrik Meyer-Lückel, Universität Bern, widmete sich in seinem Vortrag mit dem Titel „Ästhetik ohne Schaden: Bohren Sie nur oder infiltrieren Sie schon?“ den Möglichkeiten und Grenzen der Kariesinfiltration. Er zeigte auf, bei welchen Indikationen die minimalinvasive Kariesinfiltration möglich ist: bei leichter bis mittlerer Fluorose, Caries progressiva superficialis (approximal) und bei Caries non-progressiva (wenn ästhetisch relevant). Die Infiltration von ästhetisch relevanten „White- Spots“ führt z. B. dazu, dass sie optisch nicht mehr wahrgenommen werden. Taucht Karies direkt nach der Abnahme von kieferorthopädischen Brackets auf, lässt sich diese leicht infiltrieren. Die Behandlungsschritte setzen sich zusammen aus Ätzen (zwei bis acht Minuten), Trocknen und Infiltrieren (drei Minuten). Inaktive Ka-

ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de 47_FORTBILDUNG ries hat eine dickere Oberflächenschicht, ist aber nach mehrfacher Ätzung oft gut maskierbar. Die Kariesinfiltration kommt allerdings bei Schmelzläsionen in Fissuren und Grübchen sowie bei den Kreidezähnen an ihre Grenzen. Auch nach mehrfachem Ätzen lassen sie sich nicht gut infiltrieren. Zu den Kontraindikationen zählen: Kavitationen mit Füllung, Läsionen im Wurzelbereich und Erosionen. LÜCKENSCHLUSS Bei Einzelzahnlücken gibt es drei Optionen: Belassen und beobachten, Versorgung mit Brücken oder Implantaten oder der Lückenschluss durch direkte Zahnverbreiterungen und -anhänger. Prof. Dr. Dr. Hans Jörg Staehle, Universität Heidelberg, zeigte in seinem Vortag auf, wie dieser direkte Lückenschluss im Front- und Seitenzahnbereich mit neuen konservierend-restaurativen Methoden bei erwachsenen Patienten funktioniert. Es handelt sich dabei um neuartige, metall-, keramik und glasfaserfreie Kompositrestaurationen. Prof. Staehle stellte die konkreten Einsatzgebiete im Front- und Seitenzahnbereich anhand von zahlreichen Fallbeispielen vor und erläuterte dabei die klinischen Prozeduren. Bislang ist diese Behandlungsform noch recht zeitintensiv (ca. 1,5 Stunden bei geübten Behandlern) und es gibt auch nur wenige klinische Evaluationen zur Haltbarkeit dieser Lückenschlüsse. Die vielen Patientenbeispiele von Prof. Staehle zeigen aber den langlebigen Erfolg dieser Maßnahmen. Für die Zukunft sind durch größere Anwendungserfahrungen technische Vereinfachungen zu erwarten. Eventuell können auch computergestützte Verfahren einen Verbesserungsbeitrag liefern. PARODONTALCHIRURGIE Über die Rot-Weiß-Ästhetik aus parodontologischer Sicht berichtete Dr. Elyan Al-Machot und stellte die Frage: Was ist möglich in der Parodontalchirurgie und regenerativen Therapie? Als Antwort lieferte er einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen der operativen paradontal-chirurgischen Maßnahmen zur Etablierung eines harmonischen Gingivaverlaufs in der ästhetischen Zone. Anhand von klinischen Fallbeispielen zeigte Dr. Al-Machot die Möglichkeiten und derzeitigen Grenzen der parodontalen Regeneration zur Rekonstruktion des zerstörten Zahnhalteapparats. ÄSTHETIK BEI IMPLANTATEN Bei der Rehabilitation mit einem implantatgetragenen Zahnersatz steht neben der Kaufunktion immer mehr die Ästhetik im Vordergrund. Prof. Dr. Dr. Stefan Schultze-Mosgau, Universität Jena, vermittelte in seinem Vortrag die „Rot-Weiß-Ästhetik bei Implantaten“. Er machte deutlich, dass zur ästhetischen Perfektion eines implantatgetragenen Zahnersatzes die Analyse und der notwendige Aufbau des angrenzenden Hart- und Weichgewebes mit lokalen oder rekonstruktiven Techniken von besonderer Bedeutung ist. Prof. Schultze-Mosgau ging dabei auf die Techniken zur Gestaltung der periimplantären Durchtrittsstelle sowie auf die Techniken der Sofortimplantation mit den Möglichkeiten einer provisorischen Sofortversorgung der periimplantären Weichgewebe ein und erläuterte die Bedeutung einer Resorptionsprotektion der Hartgewebe bei frühzeitiger Krafteinleitung in den Knochen durch ein Implantat. Zusätzlich stellte er Techniken zur Gestaltung der Hart- und Weichgewebe bei Implantation und Freilegung dar, die für eine ästhetisch anspruchsvolle Versorgung (insbesondere im Frontzahnbereich) von Bedeutung sind. CAD/CAM-MÖGLICHKEITEN Minimalinvasive vollkeramische Rekonstruktionen haben einen Paradigmenwechsel in der rekonstruktiven Zahnmedizin ausgelöst und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Prof. Dr. Petra Gierthmühlen, Universität Düsseldorf, stellte in ihrem Vortag die minimalinvasive Zahnmedizin im Hinblick auf die Möglichkeiten und Grenzen von CAD/ CAM vor. Prof. Gierthmühlen ging dabei detailliert auf die Behandlungsformen der Veneers und der defektbezogenen Teilkronen als alternative Therapie zur konventionellen Vollkrone im Seitenzahnbereich ein. Anhand von klinischen Fallbeispielen stellte sie das breite Indikationsspektrum dieses minimalinvasiven Behandlungskonzeptes vor, das von Einzelzahnversorgungen bis hin zu komplexen zeitgleichen Versorgungen des Ober- und Unterkiefers reicht. Zusätzlich berichtete Prof. Gierthmühlen über innovative Technologien wie das virtuelle Mock-up und dessen Anwendung sowie in der Zusammenarbeit mit Zahntechnikern. Passend zu diesem Vortrag stellte Sarah Gronwald, Zahnärztin im ZFZ, anhand von Fallbeispielen die Cerec- Versorgung von zwei kleinen Patientinnen im Alter von sieben und elf Jahren vor. INDIVIDUELLE KIEFERORTHOPÄDIE Eine besondere Herausforderung bei der kieferorthopädischen Behandlung ist die ästhetische Einstellung der Frontzähne. Prof Dr. Michael Wolf, Universität Aachen, widmete sich im letzten Vortrag der Winter- Akademie der Frontzahnästhetik für Jung und Alt und stellte dabei die individuelle Kieferorthopädie vor. Durch Anwendung moderner und digitaler Technologie ist es inzwischen möglich, Patientinnen und Patienten in nahezu jedem Lebensalter erfolgreich zu therapieren – auch mit teilweise verkürzten Behandlungszeiten. Prof. Dr. Wolf lieferte einen Überblick über die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten durch Anwendung von individualisierten Systemen in der Kieferorthopädie im Vergleich zu konventionellen, konfektionierten kieferorthopädischen Apparaturen. Anhand seiner Fallbespiele wurde deutlich: Eine dentoalveoläre Kompensation ist bis ins hohe Alter durchführbar. Eine individuelle und präzise Apparatur ermöglicht bei komplexen Fällen eine zielgerichtete Therapie. DISKUSSION Da bei der Online-Tagung auch die On-Demand-Zuschauer die Möglichkeit erhalten sollten, an der Diskussion teilzunehmen, bot das ZFZ ein Online-Kontaktformular an, um Fragen zum jeweiligen Vortrag stellen zu können. Die Antworten wurden als zusätzliches Serviceangebot jeweils in Form von ergänzenden Videobeiträgen geliefert, die sich die Teilnehmenden im On-Demand-Bereich anschauen konnten. Claudia Richter

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