34_POLITIK ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de sorge hilft. Also nirgends haben wir das so gut hingekriegt wie in der Zahnversorgung. [...] Dr. Ute Maier: Ich denke das eine oder andere Projekt könnte man auch an die Bundesregierung herantragen, damit es letztendlich vielleicht auch im SGB 5 eine Änderung oder Erweiterung für bestimmte Personenkreise gibt. Auf diese Weise könnten auch Modellprojekte in Baden-Württemberg entstehen. Sie sehen an dem Strauß, den wir beide, Herr Dr. Tomppert und ich hier gebunden haben, dass beide Organisationen intensiv an diesem Thema interessiert sind. [...] Austausch. Nur der fortwährende Dialog miteinander gewährleistet eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Interessen. Cornelia Schwarz: Definitiv, hier wird gerade ein Thema nach dem anderen angegangen. Das ist eine wahre Freude. Ich füge diesem Strauß jetzt noch mal das Stichwort medizinische Versorgungszentren hinzu. Das Thema kann man ja auch von mehreren Seiten betrachten, von welcher betrachten Sie es Frau Krebs? Mit der Novellierung haben wir hier eigentlich schon ganz klare Werte ausgesprochen und auch Wege gewählt, die auch in Ihrem Sinne sind. Für uns ist das eigentlich auch ganz klar, dass Gesundheitsversorgung kein renditeorientiertes Anlageprojekt sein darf. In diesem Punkt sind wir uns einig, und da spreche ich für meine ganze Fraktion und auch für den Minister, dass wir nicht haben wollen, dass diese investorengeführten medizinischen Versorgungszentren wie die Pilze aus dem Boden schießen. Hier liegt eindeutig ein falscher Fokus – nämlich eine sogenannte wirtschaftliche Optimierung von Behandlungsverfahren, was auf Kosten der Versorgungsqualität geht. Ich bin überzeugt, dass die beste zahnmedizinische Versorgung durch die traditionellen Praxen gewährleistet werden kann. Cornelia Schwarz: Stichwort: Prävention bei Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg. Unterstützen Sie den Gedanken das tägliche Zähneputzen mit fluoridierter Zahnpasta in Kindergärten, Kitas und Grundschulen verbindlich im Kinderschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg zu verankern? Ich weiß von vielen Kitas, die das machen. Zu einer gesetzlichen Verankerung habe ich jetzt keine festgelegte Meinung. Ich bin nicht unbedingt davon überzeugt, dass es dafür einen gesetzlichen Auftrag im Kinderschutzgesetz braucht. Aber dazu bräuchte ich vielleicht ein wenig Input, wieso Ihnen das wichtig ist oder was da zu tun wäre. Wenn ich mir vorstelle, eine Erzieherin in der Kita muss mit zehn Kindern Zähne putzen und jedes Kleinkind kriegt eine Zahnbürste in die Hand - wäre dem gesetzlichen Anspruch damit sicher nicht Genüge getan. [...] Dr. Torsten Tomppert: Uns geht es dabei vor allem um Kinder mit Migrationshintergrund. [...] Natürlich gibt es die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit und die regionalen Arbeitsgemeinschaften, aber uns fehlt allein der gesetzliche Hebel. [...] Die Erzieherin müsste durch die regionalen Arbeitsgemeinschaften, dabei handelt es sich ja meistens um ZFAs, angeleitet und ausgebildet werden. Also da müsste ich in der Tat noch mal drüber nachdenken. [...] Denn mehr noch als über die ungeputzten Zähne denke ich über den Mangel an Erzieher*innen, und deren harte Arbeitstage nach. Und wenn ich mir jetzt vorstelle, dass die vom Gesetz dazu gezwungen werden, mit den Kindern Zähne zu putzen, sind sie auch gesetzlich angreifbar, wenn es nicht gemacht wird. [...] Cornelia Schwarz: [...] Gerne würde ich mich aber noch einem ganz anderen Thema zuwenden: Was erhoffte sich die Regierung durch die Integration des Landesgesundheitsamtes ins Sozialministerium? [...] Der Grund war eine Zusammenfügung von dem, was zusammengehört. Es geht darum Doppelstrukturen abzubauen, Kompetenzen zu bündeln und Synergien in der Gesundheitspolitik freizusetzen. Dieser Schritt war zwingend notwendig. Und ich möchte das entschieden von uns weisen, dass es darum geht, dass der König noch mehr Volk, noch mehr Untertanen haben möchte, die er regieren kann. [...] Solche Behauptungen finde ich aber nicht zu Ende gedacht. [...] Wir brauchen ein Landesgesundheitsamt, das wie bisher seinen traditionellen Schutz- und Überwachungsaufgaben nachkommt. Aber wir müssen Gesundheit auch ein Stück weit neu denken und auch in der Praxis verankern. [...] Cornelia Schwarz: Was machen denn die Mitarbeiter*innen des ÖGD, wenn Corona nicht mehr das gesamte Leben der Gesundheitspolitik in Anspruch nimmt? Dann sollten sie eigentlich das machen für das sie originär zuständig sind, nämlich als dritte Säule des Gesundheitswesens aufzutreten und auch deutlich mehr in die Beratung und Vorsorge zu gehen. [...] Auch das Thema Heimaufsicht ist etwas, was wir weiterhin brauchen werden [...] Und wenn ich mir alleine die Ausstände bei den Vorschuluntersuchungen anschaue, dann haben die schon ordentlich zu tun. [...] INFO Das Dialoggespräch ist im Textumfang gekürzt. Die gekürzten Stellen haben wir gekennzeichnet: [...]. Sie finden die Dialoggespräche in vollem Wortlaut unter www.izzbw.de/ im-dialog.
ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de 35_POLITIK Das Dialoggespräch mit Jochen Haußmann MdL NACHHALTIGKEIT UND BÜROKRATIEABBAU Bereits seit 2011 ist Jochen Haußmann Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg. Er ist stellvertretender Vorsitzender der FDP/DVP-Landtagsfraktion und Sprecher für Verkehr, Gesundheits-, Sozial- und Frauenpolitik. Im Dialoggespräch tauschten wir uns über die Dualität von PKV und GKV, die überbordende Bürokratie im Gesundheitswesen und Chancen durch die Digitalisierung aus. FREIE DEMOKRATISCHE PARTEI Fotos: G. Billischek/IZZ Digital. Auch im virtuellen Raum war der Austausch zwischen der Zahnärzteschaft und der Politik gewinnbringend und konstruktiv. Cornelia Schwarz: [...] Wir würden gerne wissen, wofür Sie in der Gesundheitspolitik stehen und welche Ziele Sie mit Ihrem Engagement verfolgen? Nach wie vor halten wir an der Dualität von PKV und GKV fest, weil wir als Liberale davon überzeugt sind, dass wir mit diesem Dualsystem auf die Herausforderung des Gesundheitswesens besser eingehen können als mit einer Einheitsversicherung, die dann der Politik möglicherweise noch weniger Spielräume lässt und insbesondere auch weniger Innovationen ermöglicht. [...] Im Vordergrund, ganz klar, stand jetzt die Pandemie. Ich stelle aber fest, dass nun auch Herr Lauterbach gemerkt hat, dass es nicht nur um Coronazahlen, sondern auch um andere Dinge geht. Wir haben jetzt hoffentlich endlich wieder Gelegenheit, uns den vielen anderen wichtigen gesundheitspolitischen Themen zuzuwenden. Ich will hier nur ein Beispiel nennen: Die Schulgeldfreiheit für unsere Heilmittelerbringer, für die Ergotherapie, für die Physiotherapie, die Logopädie. Da ist es landesweit Pflicht, auch ein Stück weit voranzugehen, bevor dann eben bundesweit die entsprechenden Regelungen gemacht werden. Cornelia Schwarz: Sie haben es gerade schon angesprochen: Corona hat vieles gehemmt und aufgeschoben. Die Digitalisierung hingegen hat das Virus weniger gehemmt, eher beschleunigt. Dennoch sind wir von einem digitalisierten Gesundheitswesen noch um einiges entfernt. Wie könnte Ihrer Meinung nach ein digitalisiertes Gesundheitswesen aussehen? Und wie weit lässt sich dabei auch die Menschlichkeit berücksichtigen? [...] [...] Wir können mit dem Blick über den Tellerrand durchaus sehen, dass es andere Länder gibt, die da schon ein Stück weiter sind. Ich erinnere mich noch gut an 2014. [...] Gemeinsam mit der KVBW und der Techniker Krankenkasse gaben wir den Impuls, in die Schweiz zu fahren, um uns dort ein Unternehmen anzuschauen, das in der Telemedizin bereits anderthalb Jahrzehnte Erfahrungen hatte. Daraus entstand dann Baden-Württemberg als Impulsgeber bundesweit das Modellprojekt DocDirect. Dieses Beispiel zeigt, dass man nicht sagen kann pro Digitalisierung contra Menschlichkeit. [...] Allerdings habe ich den Eindruck, dass wir in Deutschland immer versuchen, alles vollumfänglich und komplett umzusetzen. Vielleicht wäre das ein Vorschlag, dass wir lieber mal kleinere Schritte wagen und nicht immer
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