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Digitalisierung in der Zahnmedizin

Ausgabe 5-6/2022

32_POLITIK ZBW_5-6/2022

32_POLITIK ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de Das Dialoggespräch mit Petra Krebs MdL GESUNDHEITSVERSORGUNG IST KEIN ANLAGEPROJEKT Petra Krebs MdL ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg und zudem Sprecherin für Soziales, Gesundheit und Pflege. Im Dialoggespräch tauschte Sie sich umfassend mit uns über die derzeitige Gesundheitspolitik aus. Ihre Ansätze bezüglich der Primärversorgungszentren waren dabei ebenso interessant wie ihre Sichtweise auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Fotos: G. Billischek/IZZ BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dialoggespräch. In Zeiten von Corona nutzte die Zahnärzteschaft Baden-Württembergs die digitalen Möglichkeiten der Kommunikation und des Austausches. Cornelia Schwarz: Frau Krebs, wofür stehen Sie mit den Zielen Ihrer Gesundheitspolitik beziehungsweise mit der Gesundheitspolitik der Grünen, wo liegt hier Ihr Engagement? Zunächst vielen Dank für die Möglichkeit dieses Austausches. Wenn Sie fragen, was macht die Gesundheitspolitik in diesem Jahr, da könnte ich Ihnen jetzt ganz, ganz vieles erzählen. [...] Das Sozialministerium leistet wirklich richtig viel und vor allem in den letzten beiden Jahren – und auch in dem vergangenen Jahr nach der Wahl ist sehr viel geschehen. [...] Dennoch würde ich behaupten, dass wahrscheinlich 50 Prozent der Arbeit, die dort gemacht wird, immer nur im Zeichen der Corona-Bewältigung, sprich der Bewältigung dieser Krise steht. [...] Allerdings wird mindestens genauso viel Arbeit in Abrechnungsverfahren mit Kommunen geleistet, die an das Ministerium herantreten, um ihre Auslagen ersetzt zu bekommen. Und wenn ich jetzt zu dem Krieg in der Ukraine schaue, quasi die nächste globale Krise, die wir bewältigen müssen, dann trägt dies auch nicht dazu bei, weniger Sorgen zu haben. [...] Gleichzeitig haben wir mit der Klimakrise noch eine andere globale Krise, die Wetterphänomene verursacht, wie wir sie noch nie gekannt haben und hier müssen wir den Zusammenhang zur Gesundheit ebenfalls berücksichtigen. [...] Aber, um auf Ihre Frage zurückzukommen, Frau Schwarz, wir haben einen Koalitionsvertrag geschrieben, auf den ich immer noch sehr stolz bin und der meiner Meinung nach auch sehr gut und zielführend ist. Vor allem deshalb, weil er sich an einem meiner Lieblingsthemen, der sektorenübergreifenden Versorgung, orientiert. [...] Des Weiteren arbeiten wir an einer Versorgungsstruktur, die zielführend und auch zukunftsfähig ist: Sprich Krankenhausbetten reduzieren und mehr in die Primärversorgungszentren investieren. [...] Für mich und alle Gesundheitsökonomen und auch Krankenkassen ist diese zielgerichtete Versorgung der richtige Weg. [...] Mindestens genauso beschäftigt uns die pflegerische Versorgung. Meine Fraktion hat unter meiner Federführung ein Positionspapier entwickelt, in dem es ganz massiv darum geht, in der professionellen Pflege genauso wie in der Angehörigenpflege weiterzukommen. Hier bedarf es allerdings einer aktiven Fachkräfteoffensive. Das ist eine absolute Mammutaufgabe, der wir uns aber stellen werden. [...] In diesem Zusammenhang würde mich auch Ihre Meinung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht interessieren. Was mich angeht, ich bin etwas gespalten, was die einrichtungsbezogene Impfpflicht angeht.[...]

ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de 33_POLITIK Dr. Ute Maier: [...] Reinlassen müssen sie alle, die Ungeimpften ebenso wie die nur teilweise Geimpften etc. – und sie müssen sie behandeln. Mitarbeitende hingegen müssen sie dazu zwingen, sich impfen zu lassen. Wir haben deswegen ja auch schon frühzeitig an das Sozialministerium geschrieben und darum gebeten, dass wenn die Gesundheitsämter jetzt schon ihre Spielräume nutzen, dann bitte auch die Beschäftigungssituationen in den Einrichtungen mitbetrachten. An sehr vielen Stellen herrscht blankes Unverständnis, dass Mitarbeitende quasi zwangsgeimpft sein müssen und gleichzeitig noch nicht einmal einen Test bei den Patienten*innen abfragen dürfen. Das ist in sich nicht konsistent und das schafft natürlich Probleme. Zwar bekommen wir zurückgespiegelt, dass die Versorgung bei uns insgesamt nicht leidet, aber wir haben schon einzelne Praxen, die sich hilfesuchend an uns wenden und uns mitteilen, dass von vier Mitarbeiterinnen drei nicht bereit sind, sich impfen zu lassen. [...] Die Krux ist, dass das Land Baden- Württemberg nichts daran ändern kann, wir müssen diesen Beschluss umsetzen. Allerdings kriege ich diese Problematik von vielen Seiten gespiegelt. [...] Die Schwierigkeit, die hinzukommt, ist, dass das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht am 31.12.2022 endet Und dann? [...] Dr. Torsten Tomppert: Hier hätte ich tatsächliche eine Bitte Frau Krebs: Dass das Land darauf achtet, dass die Gesundheitsämter einheitlich agieren. Es wäre Frau Dr. Maiers und mein Alptraum, wenn eine Mitarbeiterin mit vergleichbarem Status in Ludwigsburg ein Betretungsverbot bekommt und im Kreis Esslingen nicht. Ich habe aber noch mal eine Frage, die fast untergegangen ist: Stichwort Primärversorgungszentrum. Wie ist denn die Zahnmedizin dort eingebunden? [...] Im Moment ist das noch ein Modellprojekt. Primärversorgungszentren sind aber schon sehr präventiv ausgerichtet, weshalb die Zahnmedizin für mich auf jeden Fall dazugehört. [...] Schließlich sollen die Kommunen beantragen, welchen Bedarf es vor Ort gibt. Und wenn es eine Zahnärztin vor Ort, einen Zahnarzt vor Ort gibt, die Interesse daran haben, sich zu beteiligen, dann ist das durchaus denkbar. [...] Am Ende geht es auch um Effizienz, wenngleich natürlich der Mensch » Sie haben in der Vorsorge wahnsinnig Großes erreicht. Sie sind immer mein Beispiel, das ich nenne, wenn es darum geht, dass Vorsorge hilft. Also nirgends haben wir das so gut hingekriegt, wie « in der Zahnversorgung. Petra Krebs MdL im Mittelpunkt steht. [...] Auch die Digitalisierung spielt eine wesentliche Rolle, sie ist das Dach des Hauses. Dr. Ute Maier: [...] Allerdings denke ich, dass wir in Deutschland insgesamt bei der Digitalisierung, die wünschenswert wäre, hinterherhinken. Das BMG hat irgendwann die Gematik mehrheitlich übernommen, mit dem Argument, die Leistungserbringer beziehungsweise die am Gesundheitswesen Beteiligten seien nicht in der Lage. die Telematikinfrastruktur voranzubringen. Besser wurde dadurch nichts, im Gegenteil. So heißt es einen Tag lang, dass die ePA und das elektronische Rezept gestoppt würden, dann wiederum heißt es, dem sei nicht so, man habe etwas falsch verstanden. [...] Weiterhin werden neue Programme entwickelt, die Konnektoren sind jedoch dafür nicht geeignet und bevor man sich keine neuen Konnektoren zulegt und wieder neu investiert, ist es gar nicht möglich zu arbeiten. Da hakt es bei uns schon an sehr vielen Stellen, weil immer wieder Dinge auf den Weg gebracht werden, die nicht bis zum Ende durchdacht sind. [...] Von der jetzigen Regierung würde ich mir wünschen, erst dann zu gackern, wenn das Ei wirklich gelegt ist und nicht schon vorher die Leute auf die Bäume zu schicken und mit Strafmaßnahmen zu drohen, obwohl manche Dinge gar nicht erfüllbar sind. Da haben Sie komplett recht. Dass wir bei der Digitalisierung hinten dran sind, haben wir in der Corona-Pandemie eins zu eins gespiegelt bekommen. [...] Aber wir sind natürlich auch das Land des Datenschutzes, das ist mir auch wichtig, aber der steht einer schnellen Weiterentwicklung auch oft im Weg. [...] Ein kritischer Diskurs ist immer wichtig – auch in der Debatte um den Datenschutz. Aber ein wenig mehr Vertrauen in den Staat würde ich mir manchmal schon wünschen. [...] Wenn wir uns allerdings in der Digitalisierung nicht fortbewegen, und da sind wir uns sicher einig, kriegen wir eine Riesenlücke in unserem Gesundheitssystem. Die Digitalisierung eröffnet uns wirklich hervorragende, und hochqualifizierte technische Möglichkeiten in der Versorgungslandschaft. Darum kann ich nicht verstehen, dass einige Leute so drauf pochen ewig und ewig das Gleiche zu machen. Doch nochmals zurück zu den Gesundheitsämtern. Hier gebe ich Ihnen recht und darüber habe ich auch schon mit dem Minister gesprochen. Doch nicht immer ist das, was man denkt, was sein sollte, auch Realität. Darum würde ich Sie gerne bitten, wenn Sie da was mitkriegen sollten, bitte, bitte melden Sie uns das [...]. Cornelia Schwarz: Gerne würde ich das Augenmerk aller Beteiligten auf die Gerostomatologie richten. Frau Krebs, wie sieht es denn da aus, seid Ihr in dieser Richtung aktiv? Gibt es hier Ansätze? [...] Und was wären Ihre Wünsche speziell zu diesem Thema? Eigentlich läuft es ja schon ganz gut [...]. Dr. Torsten Tomppert: Was immer wieder an uns herangetragen wird, ist die Möglichkeit der Kooperationsverträge zum Beispiel mit ambulanten Pflegediensten. Wenn man das eine oder andere mit etablieren könnte, wäre das eine sehr gute Sache. Vor allem auch mit Blick auf Behinderteneinrichtungen. Dort gibt es keine Rahmenverträge. Das wäre ein weites Feld und mein Wunsch, dass wir hier in Baden-Württemberg vorangehen. Zumal man mit der Zahngesundheit immer glänzen kann. Sie haben in der Vorsorge wahnsinnig Großes erreicht. Sie sind immer mein Beispiel, das ich nenne, wenn es darum geht, dass Vor-

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