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Digitalisierung in der Zahnmedizin

Ausgabe 5-6/2022

12_TITELTHEMA

12_TITELTHEMA ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de KIM: Kommunikation im Medizinwesen DATENSICHERE DIGITALE KOMMUNIKATION Personenbezogene medizinische Daten sind unter dem Aspekt des Datenschutzes besonders schützenswert. Ihre Übermittlung muss höchsten Ansprüchen genügen. Diese Sicherheit können bisherige Kommunikationswege wie Briefpost, Fax oder E-Mail vielfach nicht leisten. Mit KIM (Kommunikation im Medizinwesen) existiert ein sicherer E-Mail-basierter Dienst der Telematikinfrastruktur zum Austausch von Gesundheitsdaten in einem geschlossenen Nutzerkreis der beteiligten Akteure. Dies können neben Zahnärztinnen und Zahnärzten auch die KZVen, Krankenkassen sowie Angehörige weiterer Heilberufe sein. DATENSICHERHEIT Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) definiert Gesundheitsdaten in Artikel 4 Nr. 15 als „personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen“. Artikel 9 der DSGVO stellt diese unter einen besonderen Schutz – aus gutem Grund, denn Gesundheitsdaten betreffen die intimste Sphäre des Menschen. Sie sind sehr begehrt mit Blick auf eine individuell zugeschnittene Bewerbung von Produkten und nicht zuletzt bei Kriminellen, die mit einem Diebstahl und dem Weiterverkauf von Gesundheitsdaten Gewinn machen wollen. Der vertrauliche Austausch medizinischer Dokumente wie Diagnosen, Arztbriefe oder Behandlungspläne zwischen dazu befugten Personen muss daher auf gesicherten Kanälen erfolgen. Der Telematik-Dienst KIM ermöglicht, dass die Daten vom Absender zum Empfänger „Ende-zu-Ende“ verschlüsselt sowie elektronisch signiert und damit vor Veränderungen geschützt werden. Der Entwicklungsprozess von KIM wurde mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) abgestimmt. RECHTSSICHERHEIT KIM ermöglicht durch die Nutzung der sogenannten „Qualifizierten elektronischen Signatur“ (QES), digitale Datensätze mit medizinischem Inhalt rechtssicher zu übermitteln. Die mit dem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) erstellbare QES ist der handschriftlichen Unterschrift auf Papierdokumenten Kommunikationswege. KIM gewährleistet einen sicheren Austausch von Gesundheitsdaten. rechtlich gleichgestellt. Allein mit dem Praxisausweis (SMC-B) ist keine qualifizierte elektronische Signatur möglich. IDENTITÄTSPRÜFUNG Wer an der Kommunikation über KIM teilnimmt, unterliegt einer Identitätsprüfung. Der sogenannte Verzeichnisdienst ist das zentrale Adressbuch der TI – er listet nur identitätsgeprüfte KIM-Teilnehmer. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Nutzer*innen den Absender oder Empfänger einer KIM- Nachricht eindeutig zuordnen können. Durch die Eingabe weniger Daten, etwa den Namen einer Kollegin oder eines Kollegen, den Praxisnamen oder die Adresse kann im Verzeichnisdienst der richtige Kommunikationspartner ausgewählt werden. VERWENDUNG „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) muss bis spätestens 1. Juli 2022 in den Praxen eingerichtet werden, um die ab diesem Zeitpunkt gesetzlich vor- gegebene Pflichtanwendung „Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ (eAU) anzuwenden. Zudem ist KIM die notwendige Grundlage für das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ). Dr. Holger Simon-Denoix INFO Die Einrichtung und der Betrieb von KIM werden durch TI-Refinanzierungspauschalen kostendeckend ermöglicht: KIM-Bereitstellungspauschale: 100 Euro Monatliche Betriebskostenpauschale für zwei KIM-Adressen: 16 Euro Diese können auf der Website der KZV BW beantragt werden: https://www. kzvbw.de/zahnaerzte/ praxis/telematik/finanzierung-der-ti/ Foto: shutterstock.com/PavelIgnatov

ZBW_5-6/2022 www.zahnaerzteblatt.de 13_TITELTHEMA Telematik-Anwendungen in der Zahnarztpraxis E-REZEPT, ePA UND eAU Im Rahmen der Einführung der Telematikinfrastruktur sind die Praxen verpflichtet, weitere Anwendungen wie das elektronische Rezept, die elektronische Patientenakte (ePA) sowie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zu nutzen. Die Fristen, ab wann die Anwendungen verpflichtend zu nutzen sind, unterscheiden sich jedoch. Hier geben wir Ihnen einen Überblick über diese Anwendungen und ihre Einführung im Praxisalltag. Foto: shutterstock.com/watcharakun Telematik-Anwendungen. E-Rezept, ePA und eAU – das Gesundheitswesen wird digital. E-REZEPT Das elektronische Rezept (E-Rezept) ersetzt das Muster-16-Formular für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Wenn die Verordnungsdaten mit dem elektronischen Heilberufeausweis (eHBA) signiert wurden, wird das E-Rezept verschlüsselt in der Telematikinfrastruktur gespeichert. Der Zugriff wird über ein sogenanntes Token gesteuert, welches zusammen mit dem E- Rezept bei dessen Ausstellung erzeugt wird. Dies wird den Versicherten entweder in der Praxis als Ausdruck oder digital via E-Rezept-App der Gematik zur Verfügung gestellt. Apotheken können nur mit dem Token das E-Rezept abrufen. Die für den 1. Januar 2022 geplante verpflichtende Einführung des E-Rezepts wurde Ende 2021 durch das Bundesgesundheitsministerium verschoben. Im Rahmen der verlängerten Testphase nutzen viele Zahnarztpraxen bereits die Möglichkeit, praktische Erfahrung mit dem E-Rezept zu sammeln. Ein fester Termin, wann das E-Rezept zur Pflichtanwendung wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE Bereits seit Anfang 2021 können gesetzlich Versicherte bei ihrer Krankenkasse eine elektronische Patientenakte (ePA) beantragen – die Nutzung ist für Patient*innen freiwillig. Seit dem 1. Juli 2021 wiederum besteht für die Zahnarztpraxen die gesetzliche Verpflichtung, die ePA zu unterstützen. Mit dieser Anwendung können Diagnose- und Behandlungsdaten für die an der Behandlung beteiligten Zahnarzt- und Arztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken sowie künftig auch Einrichtungen weiterer Gesundheitsberufe verfügbar gemacht und so der interdisziplinäre Austausch erleichtert werden. Der Zugriff kann durch die Versicherten mittels Smartphone-App oder am Kartenterminal in der Praxis gesteuert werden. Gegebenenfalls erhalten die Zahnärzt*innen auf diese Weise die Berechtigung, Dokumente in der ePA ihrer Patient*innen einzusehen, in ihr Praxisverwaltungssystem zu übernehmen und in Absprache mit den Betroffenen geeignete Dokumente in die ePA einzustellen. ELEKTRONISCHE ARBEITS- UNFÄHIGKEITSBESCHEINIGUNG. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) löst das papiergebundene Verfahren der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) gesetzlich Krankenversicherter mithilfe des Musters 1 ab. Mit der digitalen Meldung werden die Daten der elektronischen Arbeitsunfähigkeit von den Zahnärzt*innen über den Vordruck e01 direkt an die Krankenkasse elektronisch übermittelt. Ursprünglich sollte die Übermittlung der Daten von der Arzt- bzw. Zahnarztpraxis an die Krankenkasse bereits seit Oktober 2021 digital erfolgen. Aufgrund der fehlenden technischen Voraussetzungen konnten bis Jahresende 2021 die Arbeitsunfähigkeitsdaten jedoch weiterhin nach dem bisher praktizierten Papierverfahren unter Verwendung der bis- herigen Formulare übermittelt werden. Seit dem 1. Januar 2022 sind Praxen grundsätzlich verpflichtet, die eAU zu nutzen. Davon befreit sind sie, wenn sie die technischen Voraussetzungen nachweislich unverschuldet nicht herstellen können, weil etwa notwendige Dienste und Komponenten nicht fehlerfrei funktionieren, nicht lieferbar sind oder Updates für die PVS noch nicht verfügbar sind. Das Bundeministerium für Gesundheit (BMG) hat zwischenzeitlich offiziell mitgeteilt, dass die eAU in der ersten Ausbaustufe als verbindliche Anwendung flächendeckend ab dem 1. Juli 2022 anzuwenden ist. Spätestens bis dahin müssen also das Update im PVS und der für die eAU erforderliche KIM-Dienst installiert werden sowie ein eHBA in der Praxis vorhanden sein. Für die zweite Ausbaustufe, der Übermittlung der eAU-Daten von der Krankenkasse zum Arbeitgeber (Arbeitgeberabrufverfahren), wurde die Erprobungsphase bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Dr. Holger Simon-Denoix INFO Ausführliche Informationen zur praktischen Anwendung von E-Rezept, ePA und eAU finden Sie in den Praxisleitfäden, die die KZBV für Sie bereitstellt. Diese finden Sie online unter https://www. kzbv.de/digitales.60. de.html.

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