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Ausgabe 7/2020

30 Sonderthema Impfstoff

30 Sonderthema Impfstoff zum Schutz vor COVID-19 befindet sich in präklinischer Phase Versuchsreihe am Menschen beginnt Derzeit leiden Menschen auf der ganzen Welt an COVID-19, der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Krankheit. Rund um den Globus arbeiten derzeit über 100 Unternehmen und Forschungsinstitute an der Entwicklung des Impfstoffes. Bis vor wenigen Jahren hätte man von der Virusanalyse bis zur Zulassung des Impfstoffs bis zu 15 Jahre angesetzt. Aktuelle Entwicklungen und neueste Technologien beschleunigen den Prozess. Thorsten Schüller, Pressesprecher der CureVac AG in Tübingen, hat sich mit dem Zahnärzteblatt über den aktuellen Stand des Impfstoffkandidaten und den geplanten Einsatz am Menschen ausgetauscht. ZBW: Herr Schüller, wo steht CureVac aktuell bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus? Thorsten Schüller: Wir befinden uns derzeit noch in der sogenannten präklinischen Phase. Wir haben kürzlich im Tiermodell Daten gesehen, die uns sehr zuversichtlich stimmen. Mit einer niedrigen Dosis unseres Impfstoffkandidaten konnten virusneutralisierende Antikörper gebildet werden. Wenn uns nun noch die Übertragung auf den Menschen gelänge, wären wir auf einem guten Weg. Sind Sie optimistisch, dass wir noch dieses Jahr einen Impfstoff bekommen werden? Wir wollen im Juni mit der klinischen Phase I am Menschen beginnen. Wenn diese positiv ausfällt, dann können wir uns vorstellen, im Spätsommer oder Frühherbst in eine breit angelegte klinische Phase II mit einigen tausend Probanden zu gehen. Sollte auch dieser Prozess positiv verlaufen, wäre es denkbar, dass wir im Rahmen einer klinischen Studie noch in diesem Thorsten Schüller, Pressesprecher der CureVac AG, Tübingen. Jahr einen Impfstoffkandidaten an bestimmten Personengruppen einsetzen, z. B. bei Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten. Aber dieser Impfstoff ist damit noch nicht zugelassen. Eine offizielle Zulassung wird es wahrscheinlich frühestens im nächsten Jahr geben. Eine breite Anwendung an Risikogruppen oder gefährdeten Gruppen im Rahmen der regulatorischen Aufsicht und einer klinischen Studie könnte aber auch schon in diesem Jahr stattfinden. Wo liegen Ihrer Ansicht nach die größten Hürden bei der Entwicklung? Eine wesentliche Hürde ist die, dass man erst mit der Entwicklung beginnen kann, wenn das Virus bekannt und analysiert ist. Wie alle anderen auch, konnten wir erst im Januar dieses Jahres starten, nachdem die Gensequenz bekannt war. Wir arbeiten auf der sogenannten mRNA-Technologie, mit dem Botenstoff RNA. Das heißt, wir codieren bzw. programmieren diesen mit der Information des Coronavirus und geben das in den Menschen, der damit seine Abwehrkräfte in Gang setzt und seinen eigenen Impfstoff produziert. Damit dieser Impfstoffkandidat sicher ist, braucht es bestimmte Tiermodelle und analytische Werkzeuge – das braucht Zeit und führt dazu, dass der Impfstoff erst deutlich nach Ausbruch der Pandemie zur Verfügung stehen wird. Dann allerdings zum vorbeugenden Schutz. Befindet sich CureVac hinsichtlich der Impfstoff- Entwicklung in einer transnationalen oder gar transatlantischen Zusammenarbeit? Wir arbeiten beispielsweise mit der internationalen Impfstoff-initiative CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) zusammen, von der wir auch finanzielle Unterstützung erhalten haben, damit wir die Entwicklung bis einschließlich der klinischen Phase I finanzieren können. Darüber hinaus stehen wir im engen Austausch mit den regulatorischen Behörden. Es gibt natür- ZBW 7/2020 www.zahnaerzteblatt.de

Sonderthema 31 Impfstoffkandidaten. Aktuell werden sie in Tübingen bereits für klinische Tests produziert und benutzt. Schneller Entwicklungsprozess. Normalerweise braucht es 10 bis 15 Jahre bis ein Impfstoff entwickelt wird. Diesmal werden es nur wenige Monate sein. Fotos: CureVac lich auch einen regen fachlichen Austausch mit Wissenschaftlern und Experten. Mit den anderen Unternehmen, die an einem Impfstoff arbeiten, gibt es hingegen keinen Austausch, da jeder seine eigenen Herangehensweisen und Technologien hat, die nicht zwangsläufig kompatibel sind. Wenn es um die Kerntechnologie geht, stützen wir uns auf unsere eigene Expertise. Welche Probleme sind hinsichtlich der Produktionsdauer und der daraus resultierenden Wartezeit zu befürchten? Wir produzieren aktuell bereits unseren Impfstoffkandidaten, das heißt dieser liegt bereits hier in Tübingen vor. Den brauchen wir unter anderem für unsere klinischen Tests, die demnächst beginnen sollen. Wir haben hier eine existierende Produktionsanlage, die Impfstoffmaterial für bis zu mehrere 100 Millionen Dosen pro Jahr herstellen kann. Darüber hinaus haben wir von der EU-Kommission die Zusage über einen Kredit über 80 Millionen Euro erhalten. Wenn dieses Geld fließt, wollen wir eine weitere Produktion aufbauen, mit der wir dann im Milliarden-Dosen- Maßstab pro Jahr produzieren könnten. Normalerweise braucht es zehn bis 15 Jahre, bis ein Impfstoff entwickelt wird. Beim Corona- Impfstoff werden es nur wenige Monate sein. Wie groß ist die Gefahr, dass Prozesse verkürzt werden? Ist das eine Problematik? Es ist eine Herausforderung, keine Problematik. In keinem der Unternehmen, die derzeit an einem Impfstoff arbeiten, laufen die Prozesse nach Lehrbuch ab, vieles geschieht parallel, was sonst hintereinander geschehen würde. Nichtsdestotrotz legen wir natürlich großen Wert auf Qualität, denn am Ende sollen ja gesunde Probanden mit dem Impfstoff geimpft werden, die nicht krank werden sollen, sondern immunisiert. Wir sind hier mit der mRNA- Technologie auf einem guten Weg, weil wir bereits vor einigen Monaten mit einem anderen Impfstoffkandidaten gegen Tollwut in einer klinischen Phase I positive Daten gesehen haben und das bei einer sehr niedrigen Dosis von gerade mal zwei Mikrogramm. Da diese Technologie die gleiche ist wie beim Coronavirus-Impfstoffkandidaten, sind wir zuversichtlich, dass wir hier ähnliche Ergebnisse erzielen können. Bislang kommt die Vielzahl unserer Medikamente aus Asien. Die Krise hat gezeigt, dass auch hier ein Umdenken stattfinden muss. Wie begegnet CureVac diesem Umstand? CureVac ist nach wie vor ein forschendes und entwickelndes Unternehmen, von daher war es bei uns bislang kein Thema, wo wir produzieren lassen. Unser Hauptstandort ist Tübingen. Hier arbeitet das Gros an Mitarbeitern. Hier sind unsere Forschung und Entwicklung und hier ist auch unsere Produktion. Es gibt im Augenblick keinerlei Anzeichen, dass wir daran etwas ändern. Info Das Gespräch führte Cornelia Schwarz Die Bundesregierung beteiligt sich mit 300 Millionen Euro an der Firma CureVac, die einen Impfstoff gegen das Coronavirus sucht. Das teilte das Wirtschaftsministerium am Montag den 15. Juni 2020 mit. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2020

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