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Digitalisierung für Patienten und Praxen erfolgreich gestalten

Ausgabe 7/2020

22 Sonderthema

22 Sonderthema Liquiditätshilfen für Zahnarztpraxen Positives Votum für „Schutzschirmchen“ Lange wurde zwischen Politik und Vertretern des Berufsstandes über mögliche Hilfen für Zahnarztpraxen in der Coronakrise diskutiert. Am Ende der Debatten über einen Schutzschirm stand jedoch lediglich der Beschluss, dass Zahnärzt*innen durch die COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung Liquiditätshilfen in Form von Krediten in Anspruch nehmen können – die in den nächsten zwei Jahren bis zum letzten Cent zurückgezahlt werden müssen. Nach einer Diskussion im Online-Format haben sich die Delegierten der Vertreterversammlung der KZV Baden-Württemberg in einer Abstimmung im Umlaufverfahren zu den Liquiditätshilfen positioniert. Kein Schutzschirm. Anders als für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzt*innen gibt es für die Zahnärzteschaft keinen wirklichen finanziellen Schutzschirm, um die Auswirkungen der Coronakrise besser abfedern zu können, sondern nur einen Überbrückungskredit, der zu 100 Prozent zurückgezahlt werden muss. Diese Entscheidung der Bundesregierung – mutmaßlich auf Druck von Finanzminister Scholz, SPD – sorgte nicht nur bei den Standesorganisationen, sondern auch bei den Zahnärzt*innen und ihren Angestellten in den Praxen für große Enttäuschung. Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, meldete sich umgehend zu Wort: „Von einem Schutzschirm kann keine Rede sein, wenn uns lediglich ein Kredit gewährt wird, der in den nächsten zwei Jahren mit viel Bürokratieaufwand vollständig zurückgezahlt werden muss. Damit wird die Krise für die zahnärztlichen Praxen nur verlängert.“ Inwieweit die flächendeckende, wohnortnahe vertragszahnärztliche Versorgung in Mitleidenschaft gezogen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Fakt ist aber, dass die Zahnärzteschaft immense Honorareinbrüche verkraften musste und nach wie vor muss, während gleichzeitig die Versorgung aufrechterhalten und weiterhin hohe laufende Kosten für den Praxisbetrieb abgedeckt werden müssen. Diese Problematik wurde in Baden-Württemberg im Gegensatz zu anderen Bundesländern durch die Verabschiedung der Coronaverordnung am Gründonnerstag durch die Landesregierung mit der Vorgabe, dass nur noch Notfallbehandlungen durchgeführt werden dürfen, verschärft. Zwar erließ auf Intervention von KZV BW und LZK BW die Landesregierung innerhalb weniger Tage Auslegungshinweise und hob schließlich die entsprechende Verordnung zum 4. Mai 2020 wieder auf, dennoch ist hierdurch eine große Verunsicherung in der Bevölkerung entstanden, mit der Folge, dass viele Patient*innen den Praxen fernblieben. Umsatzeinbrüche im April und bis Mitte Mai zwischen durchschnittlich 30 und 40 Prozent waren die Folge. Verantwortung. Die Frage, ob die KZV BW der COVID- 19-VSt-Schutz-VO zustimmen sollte, war deshalb bereits im Vorfeld heftig diskutiert worden. Die KZVen mussten sich bis Anfang Juni positionieren, ob die Hilfen in Anspruch genommen werden sollen, oder ob sie auf diesen Ausgleichsmechanismus verzichten wollen – ein sogenanntes Optout. Ungeachtet des verständlichen Ärgers, ohne sachliche Begründung von einem echten Schutzschirm ausgeschlossen zu sein, wohingegen ärztliche Fachgruppen diesen beanspruchen können, musste mit dieser Situation am Ende jedoch pragmatisch umgegangen werden. Es galt, eine Entscheidung zu treffen, die den Praxisinhaber*innen in Baden- Württemberg hilft, so gut wie es in dieser Situation möglich ist, durch die Krise zu kommen. Vertreterversammlung. Die Satzung der KZV BW ermöglicht es, dass in dringenden Fällen auch ohne Einberufung einer Sitzung der Vertreterversammlung Beschlüsse schriftlich herbeigeführt werden können. Um eine offene Diskussion über die wichtige Frage der Liquiditätshilfen im Vorfeld der Entscheidung zu ermöglichen, wurden die Delegierten der Vertreterversammlung der KZV Baden-Württemberg daher am 20. Mai 2020 erstmals im Format einer Videokonferenz über die Sachverhalte informiert. Der Vorsitzende der Vertreterversammlung Dr. Dr. Alexander Raff betonte: „Wir haben damit bewiesen, dass die zahnärztliche Selbstverwaltung handlungsfähig und bereit ist, neue Wege zu gehen, um auch in Ausnahmesituationen kurzfristig wichtige Entscheidungen treffen zu können.“ Beschluss. Im Anschluss an die Videokonferenz konnten die 50 Delegierten im Umlaufverfahren ihre Stimme abgeben. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die VV-Delegierten mit „ja“ und damit für die Möglichkeit, dass die Liquiditätshilfen zwar in Anspruch genommen werden können, jedoch nicht in Anspruch genommen werden müssen. Hierfür wurde durch die Vertreterversammlung u. a. die Auszahlungsund Abrechnungsordnung (AAO) der KZV BW geändert. Liquiditätshilfen können nun bis maximal 85 Prozent (im begründeten Einzelfall bis 90 Prozent) der eingereichten Honorarabrechnungen des entsprechenden Vorjahresquartals bzw. Vorjahresmonats beantragt werden. ZBW 7/2020 www.zahnaerzteblatt.de

Sonderthema 23 „Besser als nichts“. Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der KZV Baden-Württemberg, machte aus ihrer Enttäuschung über die Verweigerung eines echten Schutzschirms ebenfalls keinen Hehl: „Wir müssen uns am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Zeitlich befristete Kredite sind kein Mittel, um Praxen, die unverschuldet in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, wieder auf die Beine zu helfen. Das strukturelle Problem wird damit vertagt auf den Zeitpunkt, an dem die Kredite zurückgezahlt werden müssen – mit unabsehbaren Konsequenzen.“ Gleichwohl seien auch Liquiditätshilfen in Form von Krediten zur kurzfristigen Stabilisierung „besser als nichts“, so Dr. Ute Maier. Es gehe darum, zu verhindern, dass wirtschaftlich gesunde Praxen infolge der Umsatzeinbrüche in einer länger andauernden Krise schließen müssen, etwa wenn jüngere Praxisinhaber*innen nach der Existenzgründung noch keine großen Rücklagen bilden konnten. Aus diesem Grund gelte es, im Rahmen der nun gegebenen Möglichkeiten dazu beizutragen, dass die Praxen sicher durch die Krise kommen. „Das Wichtigste ist, dass der normale Betrieb wieder Fahrt aufnehmen kann und die Patient*innen wieder regulär ihre Termine wahrnehmen.“ Unterstützung. Die KZV Baden-Württemberg unterstützt die Zahnärzt*innen dabei, bei entsprechendem Bedarf von den Liquiditätshilfen Gebrauch zu machen. Das Antragsverfahren wurde im Rundschreiben Anfang Juni detailliert erläutert, zudem steht die Verwaltung jederzeit für Fragen vonseiten der Zahnärzteschaft zur Verfügung. Auf der Webseite www.kzvbw.de finden sich ebenfalls sämtliche Informationen dazu, u. a. eine umfassende Informationsbroschüre COVID-19: Informationen über Liquiditätshilfen – Unterstützungsmaßnahmen der KZV BW. Dr. Holger Simon-Denoix Info Das Bundesgesundheitsministerium hat am 5. Mai 2020 die COVID- 19-Versorgungsstrukturen- Schutzverordnung (COVID-19-VSt- SchutzV) erlassen. § 1 Abs. 1 der Verordnung (VO) lautet wie folgt: „Zur Überbrückung der finanziellen Auswirkungen der in Folge der COVID-19-Epidemie verminderten Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen wird die Gesamtvergütung nach § 85 Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2020 auf 90 Prozent der gezahlten Gesamtvergütung der vertragszahnärztlichen Leistungen des Jahres 2019 als Abschlagszahlung festgesetzt, sofern nicht die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bis zum 2. Juni 2020 dem schriftlich widerspricht. Die Krankenkassen haben die nach Satz 1 anzupassenden Abschlagszahlungen an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung zu entrichten.“ Anzeige „Man muss Glück teilen, um es zu multiplizieren.“ Marie von Ebner-Eschenbach 2017/1 Tel.: 0800/50 30 300 (gebührenfrei) IBAN DE22 4306 0967 2222 2000 00 BIC GENO DE M1 GLS www.sos-kinderdoerfer.de www.zahnaerzteblatt.de SOSKD_Anzeige_IM1_Erdkugel_148x105_sw_neu_RZ.indd 1 12.06.17 11:37 ZBW 7/2020

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