18 Titelthema Gesundheits-Apps der Krankenkassen Elektronische Patientenakte wird zur Pflicht Weil die Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte immer wieder ins Stocken geriet, brachten einige Krankenkassen in den letzten Jahren für ihre Versicherten eigene Gesundheits-Apps fürs Handy auf den Markt, die teilweise die Funktionen einer elektronischen Gesundheitsakte anbieten. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sind alle Krankenkassen inzwischen sogar verpflichtet, ihren Versicherten ab 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung zu stellen. Welche Gesundheits-Apps der Krankenkassen erfüllen schon jetzt die Bedingungen? Die Bundesregierung möchte die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit der verbindlichen Einführung einer elektronischen Patientenakte (ePA) sowie weiteren Anwendungen, z. B. der E-Rezept- App oder dem digitalen Überweisungsschein, vorantreiben. Gesetzgebung. Die Krankenkassen sind laut TSVG ab 1. Januar 2021 verpflichtet, ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen. Zunächst sollen die Daten der Patient*innen aus bereits vorhandenen Anwendungen und Dokumentationen (z. B. Notfalldaten, Arztbriefe, Medikationsplan) für die Versicherten in einer digitalen Akte bereitgestellt werden. Die Versicherten sollen darüber hinaus auch eigene Daten, wie z. B. ein Tagebuch über Blutzuckermessungen, in ihrer ePA ablegen können. Das Ziel ist, dass Versicherte ihre Daten künftig auch außerhalb der Arztpraxis eigenständig einsehen können, z. B. über ihr Smartphone. Sie sind damit über Diagnose und Therapie genauer und umfassender informiert und sollen besser über ihre Gesundheit mitentscheiden können. Detailregelungen. Genauere Regelungen werden im Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) ausformuliert, das der Bundestag im Mai 2020 als Entwurf in erster Lesung an den Gesundheitsausschuss zur weiteren Beratung übergab. Hierzu gehören z. B. das datenschutzgerechte Zugriffsmanagement, Ansprüche der Versicherten, Pflichten der Ärzte, Finanzierungsfragen, Nutzung für die Forschung, Einbeziehung der Pflege sowie die Möglichkeit, den Impfpass, den Mutterpass und das Untersuchungsheft digital zu speichern sowie das Zahnbonusheft digital zu verwalten. Geregelt ist auch das Zugriffskonzept für Versicherte über geeignete Endgeräte wie Smartphone und Tablet: Für die elektronische Patientenakte wird spätestens ab dem 1. Januar 2022 ein feingranulares, barrierefreies Berechtigungsmanagement auf Dokumentenebene vorgegeben. In der ersten Ausbaustufe, also dem Zugriff für Versicherte über mobile Endgeräte ab dem 1. Januar 2021, sollen vorübergehend noch gewisse Einschränkungen bestehen und besondere Aufklärungs- und Informationspflichten gelten. Vorreiter. Viele Krankenkassen haben inzwischen eigene Apps fürs Handy entwickelt, um ihren Versicherten die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen anbieten zu können. Als erste Krankenkasse in Deutschland hat die Techniker Krankenkasse (TK) 2018 eine elektronische Gesundheitsakte (eGA) für ihre Versicherten bereitgestellt. Die Gesundheitsakte ist unter der Bezeichnung „TK-Safe“ ein Bestandteil der TK-App. Die elektronische Gesundheitsakte fungiert dabei als persönliche Patientenakte, in der die Patient*innen ihre medizinischen Daten digital erfassen können. Dazu gehören Arztbesuche, Impfungen, verschriebene Medikamente sowie Röntgenbilder und andere Dokumente. Mit der Gesundheitsakte sind die medizinischen Daten für den Patienten jederzeit verfügbar. Bei einem Arztwechsel oder wenn mehrere Ärzte, Krankenhäuser und Therapeuten zusammenarbeiten, kann die Behandlung aufgrund der Patientendaten einfacher gestaltet werden. Die TK verspricht, die Funktionen der Gesundheitsakte stetig zu erweitern, sodass weitere Leistungsbereiche und Speicherungsmöglichkeiten hinzukommen werden. Mit der TK-App ist die TK zum jetzigen Zeitpunkt bereits nah dran an den gesetzlichen Vorgaben. Gesundheits-Apps. Auch die AOK hat mit der Handy-App „Meine AOK“ ein digitales Angebot für ihre Versicherten parat. Mit dieser App kann man zwar verschiedene Dokumente wie Krankmeldungen einreichen und die Mitgliedsdaten verwalten, aber die Funktion einer elektronischen Patientenakte erfüllt sie nicht. Diese Entwicklung findet bei der AOK auf anderer Ebene mit der Schaffung eines bundesweiten digitalen Gesundheitsnetzwerkes statt, das eine Plattform für den bundesweiten Datenaustausch von Versicherten, Ärzt*innen und Kliniken darstellen soll. Im Kern ist darin auch eine elektronische Patientenakte vorgesehen. Im letzten Jahr wurde dieses Gesundheitsnetzwerk angekündigt. Über den derzeitigen Stand gibt es aber keine Informationen. Vielleicht liegt es daran, dass die AOK innerhalb Deutschlands regional sehr unterschiedlich agiert. So existiert in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin bereits seit 2018 ein eigenes Modell zur elektronischen Gesundheitsakte, während die AOK in Baden-Württemberg plant, in Sachen elektronischer Gesundheitsakte mit der TK zusammenzuarbeiten. Die Barmer Ersatzkasse hat ebenfalls verschiedene eigene Gesundheits-Apps am Start, so z. B. die Barmer-App, die Teledoktor-App, ZBW 7/2020 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 19 die Kindernotfall-App oder die Krankenhaussuche-App. Eine elektronische Gesundheitsakte ist noch nicht integriert, aber zumindest gibt es schon ein digitales Zahnbonusheft. Seit 2019 entwickelt die Barmer jedoch ihre eigene elektronische Gesundheitsakte namens „eCare“, mit der die Versicherten ab 2021 ihre Gesundheitsdaten speichern und mit ihren Ärzt*innen teilen können. Mit großem Marketingaufwand ist 2018 die Gesundheits-App Vivy gestartet. Für das Projekt „Vivy“ haben sich 2018 mehrere gesetzliche und private Krankenkassen zusammengeschlossen, u. a. die DAK, IKK classic sowie die Allianz, Gothaer und Süddeutsche Krankenversicherung. Wie bei den anderen Patienten-Apps bietet Vivy den Versicherten die Möglichkeit, eine digitale Gesundheitsakte zu führen und selbst zu bestimmen, welche Informationen dort abgespeichert werden. Ärzt*innen können zudem die Patientendaten direkt per Fax oder Mail an die App senden. Obwohl die Vivy-App eine maximale Reichweite von 17,7 Millionen Nutzern aus über 25 Partnerkassen hat, hinkt die Anzahl der tatsächlichen Anwender weit hinterher. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Betrachtet man aber die Anzahl der Downloads im Google Play Store und Apple App Store, so liegt die Nutzerzahl lediglich im unteren sechsstelligen Bereich. Die TK-App ist hinsichtlich der Downloads im siebenstelligen Bereich die erfolgreichste Krankenkassen-App, gefolgt von den Apps der AOK und Barmer, die sich im höheren sechsstelligen Feld bewegen. TK-App. Die App bietet viele Funktionen inklusive der elektronischen Patientenakte namens „TK Safe“. Meine AOK-App. Die Versicherten der AOK können ihre Daten umfangreich verwalten. Eine ePA ist jedoch nicht enthalten. Nachfrage. Auch wenn den Versicherten vonseiten ihrer Krankenkassen entsprechende Gesundheits- Apps kostenlos angeboten werden, ist die Nachfrage bislang eher verhalten. Dies mag wohl daran liegen, dass in den Medien immer wieder über gravierende Sicherheitslücken bei den Handy-Apps berichtet wird. Und solange es keine eindeutige gesetzliche Grundlage gibt, die für Apps mit elektronischen Gesundheitsakten verbindlich gelten, werden sich die Patient*innen auch weiterhin zurückhaltend verhalten. Dies wird sich ändern, wenn das Patientendaten-Schutz-Gesetz in Kraft tritt und mit der Telematikinfrastruktur des Bundes die digitalen Standards definiert sind. Viel Zeit bleibt den Krankenkassen allerdings nicht mehr, um die gesetzlichen Vorgaben zur elektronischen Patientenakte bis Barmer-App. Die App erleichtert den Versicherten die Verwaltung ihrer Daten. Eine elektronische Patientenakte können sie damit nicht führen. Vivy-App. Die Versicherten können mit dieser App fast ihre gesamte Gesundheit digital verwalten. 2021 zu erfüllen. Viele Krankenkassen wie die TK, Barmer, AOK und die unter Vivy zusammengeschlossenen Kassen sind bereits auf einem guten Weg. Auf die Lösungen der anderen Krankenkassen darf man gespannt sein. Claudia Richter Abbildungen: Screenshots Google App Store www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2020
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