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Die Seuchen der Menschheit

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Ausgabe 12/2020

Titelthema 9 Verlauf.

Titelthema 9 Verlauf. Die Krankheitsverläufe bei einer COVID-19-Erkrankung variieren sehr stark. Oft weisen Erkrankte Symptome wie Fieber, trockenen Husten und Atemprobleme auf. Ähnlich wie Grippeviren vermehren sich die SARS-CoV-2-Viren im Rachen, was sie ansteckender macht als anfangs vermutet. Die Erreger infizieren vor allem Zellen der unteren Atemwege und können eine Lungenentzündung verursachen. Auch Symptome wie Durchfall, Kopfschmerzen, Geschmacksverlust und Frösteln können auftreten. Bei manchen Infizierten hingegen bricht die Krankheit gar nicht aus, was es schwierig macht, das Virus zu identifizieren. Rund 80 Prozent der Fälle nehmen einen milden Verlauf, knapp 14 Prozent der Erkrankten leiden an Atemnot und knappe fünf Prozent erkranken lebensbedrohlich, so die Angaben der WHO. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf weisen vor allem Personen ab 50 Jahren, Raucher, adipöse Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen auf. Kinder und Jugendliche sind, laut der Mehrzahl der vorliegenden Studien „seltener von einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen“. Erkrankte ein Mensch im Mittelalter an der Pest, kam es zu gänzlich unterschiedlichen Erscheinungsformen: Differenziert wurde zwischen der Beulen- und Lungenpest, der abortiven Pest und der Pestsepsis. Die häufigsten Erscheinungen im Mittelalter waren Beulen- bzw. Lungenpest. Die Symptome ähnelten auch hier einer Grippe: starkes Fieber, Husten, Gliederschmerzen oder auch Atemnot. Hinzu kamen bei der Beulenpest schwarze Flecken, die sich auf der Haut ausbreiteten. Andere Symptome wie Erbrechen oder blaue Lippen deuteten ebenfalls auf eine Pesterkrankung hin. 1918 waren die Menschen durch die Auswirkungen des mehrjährigen Weltkriegs geschwächt und somit begünstigten die damaligen Lebensbedingungen die Ausbreitung der Spanischen Grippe. Die erste Welle der Spanischen Grippe infizierte große Teile der Weltbevölkerung. Die zweite Welle, in der das Virus nochmals mutiert war, Kupferstich. Schnabelmasken sind lediglich aus Italien und Frankreich überliefert, ansonsten stellten sie eher eine Randerscheinung dar. Vor allem durch einige Drucke und Stiche wurde ihre Erscheinung populär und stehen heute sinnblidlich für den Schutz vor der Pest. war dagegen eher harmlos. Während des Verlaufs der dritten Welle hingegen infizierten sich aufgrund einer partiellen Immunität in Teilen der Bevölkerung zwar weniger Menschen, starben allerdings viele innerhalb von zwei Tagen. Auch bei der Spanischen Grippe litten die Betroffenen unter hohem Fieber, bellendem Husten sowie heftigen Kopf- und Gliederschmerzen. Die Haut der Erkrankten färbte sich aufgrund von Sauerstoffmangel dunkelblau, manche bluteten aus Nase und Ohren. Anders als bei COVID-19-Erkrankungen erfasste die Spanische Grippe insbesondere Personen mit gesunden Immunsystemen im widerstandsfähigen Alter zwischen 15 und 40 Jahren. Reaktionen. Zu Zeiten der Pest gab es viele unterschiedliche Theorien zur Entstehung dieser Seuche: Geschichten über schlechte Winde, ungünstige Konstellation von Mars, Jupiter und Saturn oder das verseuchte Wasser galten als Begründung. Zudem gab es religiöse Erklärungsversuche und auch die jüdische Bevölkerungsgruppe musste als Sündenbock herhalten. Verschwörungstheorien gab es demzufolge auch schon damals, lediglich die Kanäle waren andere. Während der Zeit der Spanischen Grippe war derderalismus im Foto: Columbina (Zeichner), Paul Fürst (Kupferstecher) - Imagery From the History of Medicine Deutschen Kaiserreich noch deutlich ausgeprägter und somit hatten die Reichs- und Landesbehörden keinerlei verbindliche Vorgaben, wie sie auf die Seuche zu reagieren hatten, sondern waren sich in den Entscheidungen und Vorgehensweisen nahezu selbst überlassen. Auch in Deutschland des 21. Jahrhunderts rangen die einzelnen Bundesländer immer wieder um ein einheitliches Vorgehen in Sachen Coronapandemie. Eine der Maßnahmen, die zur Eindämmung der fortschreitenden Pestseuche eingesetzt wurde, war die Isolation von einreisenden Schiffen bzw. Händlern, ähnlich der heutigen Quarantänezeit. Im Venedig des 14. Jahrhunderts durften die Schiffspassagiere das Land erst nach 40 Tagen betreten. Aus diesen 40 Tagen, dem italienischen Wort „quaranta“, hat sich auch der heutige Begriff der Quarantäne entwickelt. Damals wie heute haben die Quarantänemaßnahmen das gleiche Ziel: Die wachsende Zahl der Infizierten einzudämmen. Im Gegensatz zu heute war die Erwartungshaltung der Bevölkerung an den Staat sowohl im Mittelalter als auch im Jahr 1918 nicht so hoch, wie dies heute der Fall ist. Cornelia Schwarz www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2020

10 Titelthema Umweltauswirkungen der COVID-19-Pandemie Während die Welt zum Stillstand kommt Während dieser Artikel entsteht, befinden wir uns inmitten des zweiten Lockdowns, dem Lockdown „light“ wie es immer wieder in den Medien zu lesen ist. Was die damit verbundenen Coronamaßnahmen für Restaurants, Kulturschaffenden, Einzelhandelsgeschäfte, Vereine und Bewohner*innen von Alten- und Pflegeheimen bedeutet, wurde vielfach diskutiert und vor allem kritisiert. Doch was ändert sich in Flora und Fauna, wenn die Menschheit kaum mehr ausgehen, sich besuchen oder feiern darf? Es war nicht nur SARS-CoV-2, das in den letzten Monaten um die Welt gegangen ist, sondern auch Bilder und Videos von springenden Delfinen in den plötzlich wieder sauberen und klaren Kanälen von Venedig, von wilden Pumas in Santiago de Chile oder von Wildschweinen im Zentrum von Barcelona. Haben sich die meisten Videos innerhalb kürzester Zeit als Fakenews herausgestellt, so haben die damit verbundenen Nachrichten dennoch dafür gesorgt, die Umwelt inmitten der Pandemie ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Fakenews oder Nachrichten? Doch was ist wirklich dran an den Nachrichten vom Einzug der Wildtiere in den Städten und der schwindenden CO2-Emission? Die vermeintlichen Delfine in Venedigs Kanälen entpuppten sich als Tümmler im Hafen der sardinischen Stadt Cagliari, die Wildschweine liefen nicht nur in Barcelona durch die Innenstadt, sondern auch in Berlin. Dies scheint aber nichts Außergewöhnliches zu sein, wie Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) gegenüber der taz erklärte, so wägen „Tiere stets zwischen vom Menschen ausgehenden Gefahren und Anreizen ab, beispielsweise Verkehr versus Futter“. Während sich die Menschen mehr oder weniger freiwillig zurückziehen, nutzen einige Tierarten diese Ruhe und Abwesenheit und zogen die Kreise um ihren bisherigen Lebensraum etwas größer. Hingegen verweilten Enten und Tauben eher an Ort und Stelle und fragten sich, wo die ganzen Brotkrumenspender*innen geblieben waren. Für einen Teil von ihnen hieß es daher, selbst auf Nahrungssuche zu gehen und nicht auf die heruntergefallenen Pommes oder Brezelstücke zu setzen – und auch wenn die Petition des Vereins „Straßentaube und Stadtleben“ vergeblich die Einrichtung von Futterstellen forderte, so beruhigt Lars Lachmann, Ornithologe beim Nabu die vogelliebhabenden Gemüter: So sollen Stadttauben zwar extrem standorttreu sein, allerdings liegen aktuell keine empirischen Befunde vor, die Auskunft darüber geben, dass die Tauben tatsächlich das Verhungern dem Weiterziehen vorziehen. Schrumpfender Ökofußabdruck. Was hingegen wissenschaftlich nachgewiesen wurde, war der Umstand, dass die weltweite Corona-Pandemie den ökologischen Fußabdruck der Menschheit um zehn Prozent schrumpfen ließ und damit das Datum des sogenannten Erd-überlastungstags in diesem Jahr um mehr als drei Wochen nach hinten verschoben wurde. Eine solche ökologische Verbesserung gab es seit Jahren nicht mehr, belegen die Zahlen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Zwar ist dieser positive Umwelttrend mit fast zehn Prozent weniger Ressourcenverbrauch eine direkte Folge des wirtschaftlichen Coronalockdowns – die wichtigsten Faktoren waren dabei nach PIK-Angaben der Rückgang des Holzschlags und der CO2-Emissionen – dennoch verbraucht die Menschheit nach den Kalkulationen der Forscher immer noch 60 Prozent mehr Ressourcen als durch die Natur regenerierbar sind. Auch Laurel Hanscom vom Global Footprint Network, das die Berechnungen zum Weltüberlastungstag mit der York University erstellt, bewertet dieses Schrump- Plastikmüllberg wächst. Die Zunahme von Einweg-Plastikgeschirr stieg enorm durch die Nutzung der Essenslieferdienste. Foto: Adobe Stock_ 325852919_Tetiana ZBW 12/2020 www.zahnaerzteblatt.de

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