34 Fortbildung Die neue Allzweckwaffe in der Zahnheilkunde? Photodynamische und Photothermische Therapie Seit der Einführung von Anwendungen mit Laserlicht in die Zahnheilkunde vor knapp drei Jahrzehnten haben sich Dentallasersysteme gut etabliert und die Laserzahnheilkunde nimmt einen festen Platz in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ein. Neben Anwendungen, bei denen Laserlicht konventionelle Behandlungsoptionen ergänzt und/oder verbessert, rücken in jüngerer Zeit vor allem solche Therapien in den Fokus des Interesses, die ausschließlich mit Laserlicht durchführbar sind. Zu einer kleinen Renaissance der Laserzahnheilkunde beigetragen haben in den letzten Jahren minimalinvasive Therapieansätze mit monochromatischem Laserlicht, speziell die Photodynamische Therapie. Kaum ein Bereich der vielfältigen Laserzahnheilkunde hat derart viele neue Anwender generiert wie diese Interaktion zwischen Laserlicht und Farbstoff. Neue Begriffe. Die zu Beginn der Laserzahnheilkunde übliche Unterscheidung zwischen Hardlasern und Softlasern ist zwischenzeitlich zugunsten der Unterscheidung von Laseranwendungen mit hochenergetischem und niedrigenergetischem Laserlicht aufgegeben worden, letztere wird auch als LLLT (Low-Level-Laser-Therapie) bezeichnet. Hochenergetisches Laserlicht. Bei den Anwendungen mit hochenergetischem Laserlicht kann grundsätzlich zwischen zwei Arten unterschieden werden: • Anwendungen, bei denen Laserlicht eine unterstützende Wirkung hat oder konventionelle Verfahren ergänzt bzw. Teile dieser ersetzt. Hier seien als Beispiele die laserunterstützte Schnittführung oder die Kavitätenpräparation genannt. • Anwendungen, die konventionell, also ohne Einsatz von Laserlicht, nicht möglich sind. Ein Beispiel hierfür ist die Laserdekontamination bakterienbesiedelter Implantat- oder Zahnoberflächen. Solche „Hardlaser“-Anwendungen waren früher in der Laserzahnheilkunde von der Anwendungszahl her dominant. Dies hat sich zwischenzeitlich zugunsten der Anwendungen mit niedrigenergetischem Laserlicht geändert. Niedrigenergetisches Laserlicht. Beim Einsatz von niedrigenergetischem Laserlicht kann zwischen zwei Arten unterschieden werden: Klassische LLLT- Anwendungen und photodynamische Therapie (PT). Klassische LLLT-Anwendungen. Zur Behandlung von Schmerzzuständen und bei Wundheilungsstörungen kommen klassische Low-Level-Laser-Anwendungen infrage. Hierbei kommen in der Regel Diodenlaser zum Einsatz, wobei normalerweise Laserlicht deutlich unter einem Watt auf das Zielgewebe gestrahlt wird, typische LLLT-Anwendungen liegen bei 150-500 Milliwatt. Deren Licht (i. d. R. im nahen Infrarot angesiedelt) soll, so die Vorstellung, nach Absorption durch das Zielgewebe zu einer lokalen ATP-Synthesesteigerung in den Mitochondrien der Zellen führen, was eine Beschleunigung von Wundheilungsprozessen und eine Linderung von Schmerzzuständen bewirkt. So werden LLLT-Anwen- Abb. 1 Abb. 2 OPG 2008. Ausgangsbefund 2008 und Keimentnahme. Abb. 3 Abb. 4 Abb. Dr. Georg Bach Sensitizer. Applikation des Sensitizers 2008. Sensitizer. Applizierter Sensitizer 2008. ZBW 5/2019 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 35 Abb. 5 Abb. 6 Applikation Laserlicht. Intern, 2008. Laserlichtapplikation. Sehr tiefer periimplantärer Defekt, 2008. Abb. 7 Abb. 8 Vier-Wochen- Kontrolle 2008. PDT. Nach Photodynamischer Therapie 2008. dungen typischerweise bei CMD-Problematiken und bei Dolor-post-Zuständen beschrieben, aber auch zur Behandlung oraler Aphten und von Manifestationen eines Herpes labialis und von Druckstellen. Photodynamische Therapie. Das Prinzip der Photodynamischen Therapie (PDT) ist seit über einem Jahrhundert bekannt und wurde erstmals in der Münchener Medizinischen Wochenzeitschrift im Mai 1900 beschrieben. Deren Entdecker waren der Gründungsprofessor der Münchener Universitätspharmakologie Hermann von Tappeiner und sein Doktorand Oscar Raab, die mit Wimpertierchen und dem neuentdeckten Farbstoff Acridinorange experimentierten. Sie stellten eine Interaktion zwischen dem Farbstoff und eintreffendem starkem Licht fest, der die Wimpertierchen abtötete. Diese Entdeckung fand rasch Anwendung in der Humanmedizin (v. a. in der Ophthalmologie und Dermatologie), die bis heute andauert. Im zahnärztlich-oralchirurgischen Bereich indes ließen Anwendungen lange auf sich warten. Erst mit den Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nahezu zeitgleich publizierten Arbeiten von Wilson (GB) und Dörtbudak (Österreich) erfolgte eine stürmische Verbreitung des Prinzips der Photodynamischen Therapie auch in der Zahnheilkunde. Wirkweise. Bei der klassischen Photodynamischen Therapie handelt es sich um eine Interaktion zwischen einem Sensitizer (Farbstoff), welcher Bakterienmembranen anfärbt und einer Lichtquelle. Im Rahmen der Absorption des Lichtes entsteht entweder aggressiver Sauerstoff, der das Bakterium schädigt, oder aber Hitze, welche zum Niedergang des Bakteriums führt. Sonderweg Zahnheilkunde. Das erste Prinzip (Photodynamische Therapie, Sauerstoffentstehung) bedingt den Einsatz von blauen Sensitizern und Laserlicht zwischen 500 und 600 nm, wohingegen das wesentlich neuere Prinzip 2 (Photothermische Therapie, Hitzeentstehung) auf Einsatz eines grünen Farbstoffs und einem 810 nm Laserlicht basiert. Diese Option 2 (PTT) stellt eine Ausnahmeerscheinung dar, die es so nur in der Zahnmedizin gibt, wohingegen grüne Sensitizer in der Humanmedizin weitestgehend unbekannt sind. Grund für die Entwicklung des PTT-Prinzips war die große Verbreitung von 810-nm-Diodenlasern in den Zahnarztpraxen, die dort vor allem zur laserunterstützten Schnittführung und zur Dekontamination keimbesiedelter Implantatflächen eingesetzt werden, und deren Spektrum um die Option der PTT erweitert werden sollte. Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Verlaufskontrolle im Jahr 2010. Verlaufskontrolle im Jahr 2013. OPG aus dem Jahr 2013. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2019
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