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Die Europawahl im Blick

Ausgabe 5/2019

10 Titelthema 14.

10 Titelthema 14. Europatag der Bundeszahnärztekammer Pro Europa – pro Freie Berufe Die Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen muss bis Sommer 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Zuständigkeit in Deutschland liegt beim Ministerium für Wirtschaft und Energie. Wie der Stand der Umsetzung aussieht und wie die Umsetzung konkret angedacht ist, war eine der brennenden Fragen beim 14. Europatag der Bundeszahnärztekammer am 10. April 2019 in Berlin. BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel stellte sie Dr. Heinz Hetmeier, Leiter der Unterabteilung „EU Mitgliedstaaten und sonstige europäische Länder, EU Binnenmarkt, Europa 2020“ im Bundeswirtschaftsministerium. „Wir haben erste Schritte eingeleitet und uns konzeptionelle Gedanken gemacht“, sagte Dr. Heinz Hetmeier. Angedacht sei die Umsetzung durch ein Bundesgesetz und keine sektorspezifische Herangehensweise. Und er versicherte: „Wir setzen das um, was wir umsetzen müssen, wir tun nicht mehr“. Man werde sich am Richtlinientext orientieren und wenig ergänzend konkretisieren. Das hörte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel, der die Impulsdiskussion mit Dr. Heinz Hetmeier beim 14. Europatag der BZÄK unter dem Titel „Berufsrecht als Markthindernis? Welche Zukunft haben die regulierten Berufe im Binnenmarkt?“ führte, selbstverständlich gerne und hakte dennoch nach: „Wie wird die zugebilligte Sonderrolle der Gesundheitsberufe zum Ausdruck kommen, wenn keine sektorale Betrachtung geplant ist?“ Die Bundesregierung bekenne sich ausdrücklich zur Sonderrolle der Heilberufe beim Verhältnismäßigkeitstest und das Bundeswirtschaftsministerium sei offen für Hinweise und Einwände, die die Bundeszahnärztekammer im Rahmen des gesetzlichen Anhörungsverfahrens geben könne, versicherte Dr. Hetmeier. Sprengkraft EuGH-Urteil. Dr. Engel beschäftigte noch ein weiterer Aspekt: Für das zweite oder dritte Quartal 2019 wird das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Verfahren wegen der in der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) festgelegten Mindest- und Höchstgebühren erwartet. Die Europäische Kommission hatte im Juni 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet – die Mindest- und Höchstsätze des HOAI stellten einen Verstoß gegen EU-Recht dar, so die Auffassung der Kommission. Dieser Auffassung folgt der Generalanwalt, die HOAI-Vorgaben behinderten in unzulässiger Weise die Niederlassungsfreiheit, weil sie ausländischen Ingenieuren und Architekten nicht die Möglichkeit gäben, sich über niedrige Preise auf dem Markt zu etablieren. Das Urteil birgt erhebliche Sprengkraft für alle freiberuflichen Gebührenordnungen. Zwar erstreckt sich das Vertragsverletzungsverfahren nicht auf die Gebührenordnungen der Heilberufe, da der Gesundheitssektor von der Dienstleistungsrichtlinie ausgeschlossen ist. Aber die Argumentation lässt sich auf die Gebührenordnungen der Heilberufe übertragen und könnte als Modell dienen. Fallen die Mindestsätze, besteht die Gefahr eines Preisdumpings, befürchtet Dr. Engel. Aufgrund des lukrativen Gesundheitsmarktes in Deutschland drängten bereits zum jetzigen Zeitpunkt Fremdkapitalinvestoren auf den deutschen Gesundheitsmarkt. Die Bundesregierung habe mit den Regelungen zu Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) klare Grenzen gesetzt, erwiderte Dr. Hetmeier. Schützenhilfe. Nach der Impulsdiskussion stellten sich Norbert Lins (CDU), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments, Gaby Bischoff (SPD), Kandidatin für die Europawahl und ehemalige Präsidentin der Arbeitnehmergruppe im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), sowie Dr. Wieland Schin- Impulsdiskussion. Über die Frage, ob das Berufsrecht ein Markthindernis darstellt, diskutierten BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel und Dr. Heinz Hetmeier aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Verkehr. ZBW 5/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 11 Podiumsdiskussion. Die Kandidaten und Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien der CDU, der SPD und der FDP bekannten sich zu den Freien Berufen: (v. l.) Gaby Bischoff (l.), Dr. Wieland Schinnenburg (2. v. l.) und Norbert Lins (r.); Dr. Heinz Hetmeier, Bundesministerium für Wirtschaft und Verkehr (2. v. r.). nenburg (FDP), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, der Diskussion. Die Politiker waren aufgefordert, die Positionen ihrer Parteien im Vorfeld der Europawahl zum Thema Binnenmarkt und Gesundheit darzulegen. Einig waren sich die Politiker in ihrem Bekenntnis für Europa und der Notwendigkeit, die proeuropäischen Kräfte zu mobilisieren, um eine proeuropäische Mehrheit im Parlament zu erhalten und zu sichern. „Europa darf man nicht in Frage stellen“, betonte Dr. Schinnenburg, „aber den europäischen Regulierungswahn“. Der FDP-Politiker mahnte das Subsidiaritätsprinzip an. Die EU-Kommission müsse regeln, dass französische und deutsche Zahnärzte gleiche Chancen in Deutschland haben, aber „es bedarf keiner Regelung des deutschen Berufsrechts“. Als Zahnarzt und Jurist positionierte sich der FDP-Politiker am deutlichsten für die Freien Berufe, „mich stört schon der Begriff regulierte Berufe, es gibt in Deutschland keinen Beruf, der nicht reguliert ist und die Freien Berufe sind tendenziell eher weniger reguliert“. Das Berufsrecht könne ein Markthindernis sein, gab der badenwürttembergische CDU-Politiker Norbert Lins zu bedenken, aber die Bundeszahnärztekammer habe gute Argumente. Denen die CDU auch gefolgt sei – Norbert Lins erinnerte daran, dass es die CDU/CSU- Gruppe aus Baden-Württemberg in der EVP-Fraktion im Europaparlament und Dr. Andreas Schwab waren, die nach Auseinandersetzung mit den Argumenten der Zahnärzte am Vorabend der Entscheidung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz eine Reihe von inhaltlichen Punkten in den Kompromiss hatten einarbeiten lassen, um damit den umstrittenen Richtlinienentwurf zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit künftiger Berufsregeln zu entschärfen. Norbert Lins wiederholte außerdem seine Empfehlung aus dem Gespräch mit dem LZK-Vorstand in Straßburg (siehe Beitrag auf S. 8 f.) und empfahl, für das vorbildliche und bewährte deutsche Kammersystem auf europäischer Ebene zu werben. Alle Politiker sprachen sich für die Verabschiedung einer Charta der Freien Berufe aus (siehe Beitrag auf auf S. 14), die eine Standortbestimmung der Freiberuflichkeit auf europäischer Ebene vornimmt. » mader@lzk-bw.de Fotos: BZÄK/axentis.de Jahresbericht 2018 Verantwortungsvoll und kompetent in die Zukunft Anzeige https://publikationen.lzkbw.de/Jahresberichte/ 2018/index.php Composing: Pfeffer / Bild: Adobe Stock / terovesalainen www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2019

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