24 Fortbildung Abb. 6a Abb. 6b Intraoperative Okklusalansicht. In regio 11 und 21 wurden Knochenscheiben durch Osseosyntheseschrauben vestibulär fixiert, in regio 11 wurde simultan ein Implantat inseriert (Abb. 6a). Der durch die Fixation der Knochenscheiben geschaffene Hohlraum wurde mit retromolar gewonnenem partikuliertem Knochen aufgefüllt (Abb. 6b). Abb. 7 Abb. 8a Intraoperative Situation regio 32 bis 41. Diese Abbildung zeigt das Ausmaß des Knochendefektes (Abb. 7). Rekonstruktion. Durch Osteosyntheseschrauben wurde eine Knochenschale vestibulär und eine oral fixiert (Abb. 8a). Der geschaffene Hohlraum zwischen den beiden Knochenschalen wurde mit partikuliertem Knochen aufgefüllt. Durch dieses Vorgehen wurde eine vollständige Rekonstruktion des Kieferkamms in Höhe und Breite ermöglicht (Abb. 8b). den die definitiven Kronen und Brücken im April 2016 inkorporiert (Abb. 12 und 13). Abb. 9 Abb. 8b Postoperative Röntgenkontrollaufnahme. Situation nach der Augmentation und Implantation (Abb. 9). Diskussion. Als eine mögliche Alternative zu der erfolgten Implantatversorgung muss ein konventioneller Zahnersatz in Betracht gezogen werden. In dem vorliegenden Fall hätte der Unterkiefer durch Brücken festsitzend versorgt werden können. Im Oberkiefer wäre eine festsitzende Versorgung auf Zähnen nur unter Kompromissen möglich gewesen. In diesem Fall wäre eine verkürzte Zahnreihe mit Zahn 25 als Freiendbrückenglied denkbar gewesen. Als Alternative hätte der Oberkiefer durch einen herausnehmbaren Zahnersatz versorgt werden können. Sowohl bei Brücken- als auch bei Teleskopversorgungen wäre ein starker Verlust an Hartsubstanz durch das Beschleifen der Pfeilerzähne die Folge gewesen. Folgekomplikationen sind ein möglicher Vitalitätsverlust der Pfeilerzähne sowie das Risiko der Sekundärkariesbildung. Bei Modellgussprothesen sind ebenso Schädigungen der Restzähne durch Karies sowie parodontale und mechanische Komplikationen zu bedenken. Diese Risiken gilt es bei guter Compliance gegen die in der Regel unproblematische Nachsorge von Implantatversorgungen abzuwägen. Die Patientin lehnte aufgrund der genannten Risiken einen konventionellen Zahnersatz ab. Der vorliegende Fall zeigte sowohl vertikale als auch horizontale Knochendefekte, die entzündungsbedingt entstanden sind. Die Augmentation im Bereich der vertikalen Knochendefizite im Oberkieferseitenzahnbereich mit Sinusbodenelevationen war ein gut etabliertes und vorhersagbares Verfahren [4, 5]. Die vorliegende Situation regio 32 bis 41 stellte einen kombinierten horizontalen und vertikalen Knochendefekt dar. Hier ist durch eine schwere Periimplantitis mit Einbezug der Nachbarzähne ein erheblicher Knochenverlust entstanden, welcher auch zu einem Verlust der lingualen Lamelle geführt hatte. Die Regeneration derartig ausgedehnter Defekte gehört zu den komplexen augmentativen Verfahren in der dentalen Implantologie. Zur Regeneration dieser Defekte wurde die Schalentechnik nach Khoury angewandt [3, 6]. Unter Berücksichtigung der biologischen Grenzen konnte teilweise ein einzeitiges Vorgehen gewählt werden, welches die Knochenblockaugmentation mit simultaner Implantation beinhaltet. Dieses Vorgehen wurde im Oberkiefer in regio 11 angewandt. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist, dass diese auch mit anderen Augmentationstechniken wie dem Sinuslift kombiniert werden kann. Durch die Wiederherstellung des Knochens entsprechend seiner Anatomie ist das Ergebnis der Augmentation mit den Eigenschaften des natürlichen Alveolarfortsatzes vergleichbar. Es wird eine äußere formgebende und stabile Kortikalis rekonstruiert. In dem Bereich, welcher zukünftig das Implantat aufnehmen soll, wird partikulierter Knochen eingesetzt, der sich im Rahmen der Heilung ähnlich wie die natürliche gefäßreiche Spongiosa des Knochens verhält. Diese Eigenschaft ist gerade im Rahmen der Osseointegration der Implantate von Vorteil. Durch die Möglichkeit, die Ausdehnung der vertikalen Augmentation durch die Position der Schalen festzulegen, ist man außerdem bei der Schalentechnik weniger limitiert als bei anderen augmentativen Verfahren. Alternative Augmentationstechniken sind in Bezug auf die Vorhersagbarkeit des Ergebnisses und deren Invasivität im Nachteil. Insbesondere bei der Betrachtung des Defektes im Bereich der Unterkieferfront ist die Diskussion von alternativen Augmentationstechniken interessant. Guided bone regeneration (GBR) Techniken mit titanverstärkten Membranen in Kombination mit partiku- ZBW 12/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 25 liertem autologen Knochen und/oder Knochenersatzmaterialien [1, 2, 7-9] sind der Schalentechnik nach Khoury bei der mechanischen Ruhe unterlegen. Ebenso müssen hier Membran und Pins, ähnlich wie bei der Verwendung eines Titannetzes [10], wieder entfernt werden. Dies hat zur Folge, dass die Implantation in dem Bereich des augmentierten Defektes ähnlich invasiv verläuft wie die Augmentation selbst. Bei der Schalentechnik können die Schrauben durch einen kleinen Schleimhautschnitt entfernt werden. Ein bone split [11] ist bei derartigen Defekten generell nicht möglich, eine Distraktion [12] oder eine Kieferkamminversionsplastik [3] nicht sinnvoll. Monokortikale enorale Knochentransplantate stoßen bei der vertikalen Augmentation an ihre Grenzen, da die Dicke der Kortikalis geringer ist als die Defektgröße [1]. Beckenkammtransplantate sind eine weitere Möglichkeit, derartige Defekte zu regenerieren, wobei hier die Frage nach der Volumenstabilität und der Invasivität zu stellen ist [13]. Eine Therapie in Lokalanästhesie ist auf diesem Wege nicht durchführbar – diese ist hingegen bei der Schalentechnik gut möglich. Die Knochenentnahme selbst und der somit entstehende postoperative Wundschmerz sind bei der im vorliegenden Fall angewandten Technik für den Patienten mit einer Weisheitszahnentfernung vergleichbar. Die Schwellung sowie Hämatombildung können durch die notwendige Periostschlitzung zur Mobilisation ausgeprägter sein. Prinzipiell ist es in Situationen mit ausgedehnten Knochendefekten wichtig, dass präoperativ mit dem Patienten die Limitationen der Implantologie besprochen werden. In dem vorliegenden Fall hatte dies insbesondere in Bezug auf das zu erreichende ästhetische Ergebnis zu erfolgen. Einschränkungen sind vor allem bei einem approximalen Knochenverlust gegeben, da diese Knochenstrukturen auch für die Kontur der Weichgewebe verantwortlich sind. Bei der vorliegenden Situation zeigt sich deutlich im Bereich der Interdentalpapillen, dass durch einen großen Abstand zwischen dem Kontaktpunkt der Kronen und dem augmentierten Knochen die Ausbildung der Weichgewebe nur unvollständig gelingt [14]. Aus den genannten Gründen wurde der Patientin vor Beginn der Implantatchirurgie anhand eines Wax-ups das mögliche Ergebnis dargestellt. Abb. 10a Nach Augmentation. Intraoperative Situation drei Monate nach Augmentation im Unterkiefer (Abb. 10a). Das Augmentat war vollständig eingeheilt und gut revaskularisiert. Der Kieferkamm war vollständig rekonstruiert. Es konnte je ein Implantat in regio 32 und 41 inseriert werden. Das Implantat in regio 46 wurde freigelegt. Intraoperative Situation nach Implantatfreilegung regio 11 und Implantatinsertion regio 21 (Abb. 10b). Abb. 11 Postoperative Röntgenkontrollaufnahme nach Insertion der restlichen Implantate (Abb. 11). Abb. 12a Okklusalansicht des Oberkiefers nach prothetischer Versorgung (Abb. 12a). Okklusalansicht des Unterkiefers nach prothetischer Versorgung (Abb. 12b). Abb. 13 Abb. 10b Abb. 12b Frontalansicht nach der definitiven Versorgung. Das Diastema mediale wurde auf Wunsch der Patientin geschlossen (Abb. 13). Foto: Dr. Korsch/Dr. Prechtl Fazit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit dem in diesem Fall gewählten Verfahren der 3D-Augmentation ausgedehnte und komplexe Knochendefekte vorhersagbar mit enoralen autologen Knochentransplantaten regeneriert werden konnten. Eine ambulante Behandlung mit einem überschaubaren operativen Aufwand konnt der Patientin in Aussicht gestellt werden. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www.zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E- Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Priv.-Doz. Dr. Michael Korsch, M.A Dr. Christopher Prechtl Priv.-Doz. Dr. Michael Korsch, M.A. Dr. Christopher Prechtl Fachzahnarzt für Oralchirurgie Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie Heidelberg Fachzahnarzt für Oralchirurgie Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie Heidelberg www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2018
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