16 Berufspolitik Vertreterversammlung der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe „Erreichtes bewahren, Neues denken“ „Engagiert mit Geist und Hand“, so könnte der Bericht von Dr. Norbert Engel, Vorsitzender der BZK Karlsruhe, überschrieben sein, der in seinem Vortrag zu Beginn der ordentlichen Vertreterversammlung der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe in Baden-Baden der Frage nachging, warum eine Kammer „Erreichtes bewahren“, zukunftsorientiert „Neues denken“ und im Interesse des Berufsstandes und der Gesellschaft handeln muss. sich auch das Alleinstellungsmerkmal – alles aus einer Hand“ des Zahnarztes. Denn im Gegensatz zur „(Human-)Medizin“ ist die Zahnmedizin nicht von „undurchsichtigen Versorgungswegen und noch komplizierteren Verwaltungsvorschriften“ geprägt. Abstimmung. Mit großer Mehrheit stimmten die Delegierten der BZK Karlsruhe für die vom Vorstand eingebrachten Anträge, u. a. zur Beitragsgestaltung der Kammer. Klar und unmissverständlich analysierte der Vorsitzende in seiner Erläuterung zum schriftlich vorgelegten Jahresbericht des Vorstandes und der Referenten die gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die nicht zuletzt den Berufsstand im Allgemeinen und den Zahnarzt im Besonderen treffe. „Unser Berufsstand ist immer öfter mit jener Situation konfrontiert, dass das gesetzlich Verordnete im Praktischen versagt, oder noch schlimmer: in vielen Fällen weder umsetz- noch handhabbar ist“. Er stellte weiter fest, dass dies in der Praxis zu Situationen führt, in denen eine rechtlich kritische Situation entsteht. Daraus wiederum ergäbe sich die Frage, ob sich dadurch „diese schon vielerorts spürbare, fast unheimliche Entscheidungsunlust, Trägheit und Angst vor Verantwortung erklären ließe. Im Gegensatz zur Politik, bei der „Geist und stringentes Handeln“ häufig nicht im Einklang sind, sieht Dr. Norbert Engel die Untrennbarkeit von Geist und Handeln als ein charakteristisches Kennzeichen unseres Berufsstandes. „Der Zahnarzt untersucht, bewertet und entwirft den Behandlungspfad – das ist seine intellektuelle Leistung. Danach führt er zum allergrößten Teil mit eigenen Händen die Behandlung persönlich durch.“ Zur näheren Erläuterung seiner Analyse setzt er Headlines. Erfolgsmodell Freiberuflichkeit. „Das Modell des freiberuflich tätigen Zahnarztes ist ein gesellschaftliches Erfolgsmodell: Man denke nur an die großartigen Fortschritte in der Prophylaxe, Alterszahnheilkunde sowie der Mundgesundheit unserer Bevölkerung insgesamt.“, „Unser Berufsstand ist keineswegs der unheilvollen Trennung von Geist und Hand ausgesetzt“. Damit begründe Fotos: Clausen Sonderstellung. Der Zahnmediziner hat eine Sonderstellung. Die allgegenwärtige Trennung „intellektueller Leistung von der ausführenden Praxis wurde auf unserem Tätigkeitsgebiet (noch) nicht vollzogen“, betont der Vorsitzende. Daraus ergibt sich, dass „unsere Kammer als Vertretung unserer Kolleginnen und Kollegen die aufgeführten Besonderheiten unserer Berufsausübung mit Nachdruck vertreten muss“. Es sei unumgänglich, eine deutliche Trennung zahnärztlicher Interessenvertretung von der ärztlichen zu verfolgen. Die Kammer sei gefordert „machbare Versorgungswege und Versorgungsqualitäten zu definieren“. Die Kammer müsse „außerhalb des Systems denken, nur sie kann es“. Substitution. Kritisch sieht der Vorsitzende sogenannte „substituierbare“ Tätigkeiten. „Brennpunkt dieser Bestrebung ist die Prophylaxe, die Betreuung von Insassen der Altersheime und die – bald und ohne Not – in den vertragszahnärztlichen Leistungskatalog aufgenommene Parodontaltherapie“. Dem Trend des „Akademisierungswahns“ müsse die Kammer begegnen. Die Bedürfnisse der „normalen“ Versorgungspraxis sollten im Auge behalten werden. So seien auch zukünftig zu schaffende Berufsbilder für die ZFA von der LZK vorab auf die Erfordernisse des Marktes und die tatsächlichen Chancen der Anwärterinnen hin zu analysieren. Ein hierzu eingebrachter Antrag des Bezirksvorstandes wurde von der Vertreterversammlung im Bezirk einstimmig beschlossen. Darin wird der Vorstand der Landeszahnärzte- ZBW 12/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Berufspolitik 17 kammer Baden-Württemberg aufgefordert, neuen kammergestützten und durch die Kammer veranlassten Fortbildungsangeboten im Rahmen der Stufenausbildung der Mitarbeiter nur dann zuzustimmen, wenn für das hierdurch neu geschaffene Berufsbild eine schlüssige und auf guter Datenlage basierende Marktund Konkurrenzanalyse sowie eine Folgenabschätzung vorliegt. Begründet wird der Antrag zusammengefasst mit den Erfahrungen der Landeszahnärztekammer BW bei der Einrichtung eines Fortbildungsangebotes für die ZMV zum „Dentalen Fachwirt“. Perspektiven. Die Mitgliederstruktur der Kammer verändert sich. Bereits heute erreicht bundesweit die Anzahl angestellter Zahnärzte einen Anteil von 20 Prozent der praktisch tätigen Zahnärzte. Auch der Bezirk Karlsruhe bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont. Gab es 2014 noch 1729 selbstständig beruflich tätige Zahnärzte, so waren es am 15. August dieses Jahres schon hundert weniger. Fragen im Hinblick auf den Wert der Kammer „für Mitglieder im Angestelltenverhältnis“, aber auch für Gesellschaft und Politik müssen diskutiert und beantwortet werden. Ganz praktisch stellt sich gleichzeitig die Frage zur zukünftigen Finanzierung der Kammer. Es gelte darüber nachzudenken und zu entscheiden, ob nicht zum Beispiel ein einkommensbasiertes „Beitragserhebungssystem mit einem Höchstbeitragssatz“, das sich „bei den ärztlichen Kollegen bewährt hat“, die bisherige Beitragsgestaltung der Kammer ablösen solle. Die Kammer müsse sich auch zukünftig neuen Aufgaben und Herausforderungen stellen und da gelte es, eine solide finanzielle Basis zu haben. Die Vertreter diskutierten die Ausführungen des Vorsitzenden und einen hierzu eingebrachten weiteren Antrag des Vorstandes sehr intensiv. Dabei wurden auch weitere Möglichkeiten der Finanzierung etwa über Gebühren angesprochen. Einig war man sich am Schluss der Debatte, dass die Diskussion angesichts der Entwicklung im Mitgliederbestand jetzt anzustoßen ist und Überlegungen zur zukünftigen Finanzierung der Kammer ergebnisoffen in Verwaltung und den Entscheidungsgremien anzustellen und korrigierende Maßnahmen letztlich zu treffen sind. Die Vertreterversammlung fasste deshalb folgenden Beschluss: „Die Vertreter der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe im Vorstand und in der Vertreterversammlung der Landeszahnärztekammer Baden- Württemberg werden beauftragt, auf eine Änderung der derzeitigen beitragsgruppenbasierten Beitragsordnung zu einer neuen, z. B. einkommensbasierten Beitragsordnung der LZK Baden-Württemberg hinzuwirken.“ Die LZK-Vertreterversammlung wird sich im Herbst voraussichtlich mit diesem Thema befassen. Zu weiteren wichtigen Themen wie der GOZ und ihrer möglichen Weiterentwicklung, der Rolle der Heilberufe in Europa diskutierten die Standesvertreter ausführlich und gaben wichtige Anregungen. So wurde u. a. eine körperschaftsübergreifende Zusammenarbeit auf Bundesebene gefordert, um Zahlenmaterial für die Gesundheitsberufe im Diskurs mit der Europäischen Kommission vorlegen zu können, was heute fehlt. Auch zur Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege gab es wichtige Hinweise aus der Versammlung. Breiten Raum nahm die Diskussion zu der rapide steigenden Zahl von Medizinischen Versorgungszentren ein. Der als Gast anwesende Präsident der LZK BW, Dr. Torsten Tomppert, verwies hier auf die Initiative der LZK BW bei der Landespolitik, eine Änderung des Heilberufekammergesetzes analog etwa der Bundesrechtsanwaltsordnung zur Kammermitgliedschaft juristischer Personen herbeizuführen. Auch zur Frauenquote in der Standespolitik wurde diskutiert. Die Präsidentin der Versorgungsanstalt, Dr. Eva Hemberger, der Präsident der Landeszahnärztekammer und die Delegierten aus Nordbaden, darunter immerhin acht Frauen, sehen Baden-Württemberg mit Frauen in Spitzenpositionen bei KZV BW und dem Versorgungswerk sowie in den Vertreterversammlungen und Gremien sehr gut und repräsentativ aufgestellt. Zum Schluss appellierte Dr. Engel an alle Vertreterinnen und Vertreter: „Die Kammer als Vertretung aller Zahnärzte ist aufgefordert, alles dafür zu tun, dass ein neues Wir-Gefühl und ein großer Zusammenhalt unseres Berufsstandes entsteht“. Diese Bezirksvertreterversammlung war dafür Beleg und macht Mut. Weitere Impressionen finden Sie unter www.zahnaerzteblatt.de. » johannes.clausen@izz-online.de Vorstand. Dr. Norbert Engel, Dr. Robert Heiden, Dr. Jan Wilz, ZA Torben Wenz und Dr. Wolfgang Grüner (v. l.). Nicht auf dem Bild: Geschäftsführer David Richter und Versammlungsleiter Dr. Ralph Beuchert. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2018
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz