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Das Schiedsamt hat gesprochen – was nun?

Ausgabe 12/2018

12 Berufspolitik Fotos:

12 Berufspolitik Fotos: Tobias Koch Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer „Die Interessenvertretung des Berufsstandes“ Der Auftakt zur Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer fiel in diesem Jahr auf einen historischen Tag der deutschen Geschichte. Fast zeitgleich zur Gedenkstunde zum 9. November im Plenarsaal des Deutschen Bundestags in Berlin kamen die Delegierten der Bundeszahnärztekammer zur Bundesversammlung in Frankfurt am Main zusammen. In Vertretung für den in Berlin bei der Gedenkveranstaltung zum 9. November weilenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn richtete der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Dr. Thomas Gebhart, ein Grußwort an die Delegierten. Da die Versammlung zu diesem Zeitpunkt bereits fortgeschritten war, konnte der Vorsitzende der Bundesversammlung, Dr. Thomas Breyer, dem Staatssekretär drei drängende Anliegen der Zahnärzteschaft übermitteln: Die Novellierung der zahnärztlichen Approbationsordnung, die Anhebung des GOZ-Punktwertes und den dringenden Appell gesetz- geberisch tätig zu werden, um die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland nicht den Renditegelüsten versorgungsfremder Investoren zu überlassen. „Die Approbationsordnung ist überfällig und notwendig, auch Minister Spahn ist dafür wir werden nicht lockerlassen“, versicherte Dr. Gebhart und erntete zustimmenden Applaus des Auditoriums für diese eindeutige Positionierung. Weniger greifbar waren hingegen die Aussagen des Staatssekretärs in Bezug auf die GOZ-Punktwertanhebung, die er nicht erwähnte und die zahnärztlichen MVZ, deren Entwicklung man im BMG „genau beobachten“ und für „eine ausgewogene Balance sorgen“ wolle. „Beobachtung ist nicht genug“, erwiderte BZÄK- Präsident Dr. Engel. Nach Auffassung des Berufsstandes ist die Entwicklung bereits weit fortgeschritten. 2015 hatte der Gesetzgeber die Bildung von arztgruppengleichen Praxisketten erlaubt. „Diese verhängnisvolle Maßnahme hat sich inzwischen als Türöffner für die reine Kommerzialisierung der Zahnmedizin herausgestellt“, so der BZÄK-Präsident zuvor in seinem Bericht. Inzwischen wird in Deutschland alle 16 Stunden ein neues zahnärztliches MVZ gegründet. Der Berufsstand wendet sich ausschließlich gegen jene zahnärztlichen Zentren mit internationalen Investoren und Private Equity-Gesellschaften an der Spitze, die den deutschen Dental-Markt als eines der letzten lukrativen Anlageobjekte ausgemacht haben und nur das Ziel vor Augen haben, ihr Kapital höchstmöglich zu verzinsen. Mit der „Wischiwaschi-Passage“ im jüngst verabschiedeten ZBW 12/2018 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 13 Kabinettsentwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes könne man das Expansionstempo der MVZ nicht aufhalten, urteilte Dr. Engel. Zwei Sandkästen. Stattdessen sei es notwendig, im Terminservice- und Versorgungsgesetz ausdrücklich zu regeln, dass die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für zahnmedizinische MVZ auf räumlich-regionale sowie medizinisch-fachliche Bezüge beschränkt wird. Um diesen aus den Reihen des KZBV-Vorstandes kommenden Antrag hatte es im Verlauf der Versammlung viele Irritationen gegeben. KZBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Eßer hatte mit dramatischen Worten das Ende der Berufsausübung wie „wir sie kennen und wofür wir stehen“ beschworen, wenn den Fremdinvestoren kein Einhalt geboten und eine klare, uneindeutige Botschaft vermittelt werde. Dem „Angriff auf die Freiberuflichkeit“ solle man „ohne Eitelkeiten und unabhängig der Körperschaften im Interesse des Berufsstandes“ begegnen. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert widersprach der vorgeschlagenen strategischen Vorgehensweise und warb für das Modell „gemeinsam marschieren und getrennt schlagen“. Er plädierte dafür, dass jede Körperschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich gegen die zahnärztlichen MVZ agieren soll. Die Kammern sollten in ihren Ländern versuchen, auf das Heilberufe-Kammergesetz insofern Einfluss zu nehmen, dass eine Regelung aufgenommen wird, die die Kammermitgliedschaft von juristischen Personen des Privatrechts regelt. Dies hätte zur Folge, dass die MVZ auch der Aufsicht der Kammern unterliegen. Nach intensiver Diskussion fanden sowohl der zur Resolution aufgewertete Leitantrag des BZÄK-Vorstandes als auch der KZBV-Antrag zur Beschränkung der Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für zahnmedizinische MVZ eine große Mehrheit. Kein Entwicklungsimpuls. Einen weiteren Leitantrag zur Gesundheitsstrategie für die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung legten die baden-württembergischen Delegierten vor. Die hohe Qualität der zahnmedizinischen Versorgung sei nicht nur durch die Ökonomisierung, sondern auch durch die nicht erfolgte Weiterentwicklung der zahnärztlichen Approbation und die unzeitgemäße Gebührenordnung gefährdet. Auf all diese Fragen gehe von politischer Seite „kein Entwicklungsimpuls“ aus. Es bedürfe aber „einer Standortbestimmung und einer langfristigen Gesundheitsstrategie, die sowohl in Bezug auf das Versorgungssystem als auch auf gesellschaftliche und ökonomische Rahmenbedingungen“ Antworten gebe. Der baden-württembergische Leitantrag fand eine Mehrheit unten den Delegierten. Traditionell ist die zahnärztliche Gebührenordnung ein Thema in der Bundesversammlung. In GOZ-Fragen vertrauen die Baden- Württemberger auf den Sachverstand ihres GOZ-Referenten Dr. Jan Wilz. Drei Anträge trugen seine Handschrift: Die Aufforderung an den Verordnungsgeber, den seit 1988 unveränderten GOZ-Punktwert an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen, die Aufforderung an die Kollegenschaft, die Gestaltungsspielräume der Gebührenordnung zu nutzen und die Forderung an die Zahnärztekammern, eine Informations- und Schulungskampagne über die Möglichkeiten und Verfahren im Umgang mit § 2 GOZ für die Praxen zu entwickeln und umzusetzen. Alle GOZ-Anträge wurden von den Delegierten mit großer Mehrheit verabschiedet. Zucker reduzieren. In Südafrika hat es funktioniert, in Großbritannien hat es funktioniert: Die Hersteller haben den Zuckeranteil in ihren Produkten freiwillig reduziert, um einer möglichen Abgabe oder Steuer zu entgehen. Für den Präsidenten der Zahnärztekammer Hamburg, Konstantin von Laffert, Grund genug, den gleichen Weg auch in Deutschland einzuschlagen und mit einer Drohung an die Hersteller zu versuchen, den Zuckeranteil in Lebensmitteln zu reduzieren. Von Laffert warb im Namen des BZÄK-Vorstandes für eine eindeutige „Positionierung der Zahnärzteschaft zur Ernährung im Rahmen zahnmedizinischer Erkrankungen“. In dieser Positionierung wurden vier Forderungen aufgestellt: Eine Lebensmittelkennzeichnung für die Menge zuckerhaltiger Nahrungsbestandteile und ungünstiger Fettsäuren, Beschränkungen für die Lebensmittelwerbung bei zuckerhaltigen Lebensmitteln für Kleinkinder, Sonderabgaben auf stark zuckerhaltige Softdrinks und Standards für gesunde Schul- und Kitaverpflegung. Nach einer kontroversen Debatte konnten sich die Befürworter einer Ernährungspositionierung gegenüber den Verfechtern einer liberalen Haltung durchsetzen. Kammerzuständigkeit erhalten. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert plädierte dafür, dass jede Körperschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich gegen die zahnärztlichen MVZ agieren soll. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2018

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