32_BERUFSPOLITIKZBW_2-3/2025www.zahnaerzteblatt.de„Entlastungsallianz“ mit SelbstverpflichtungHÖCHSTE PRIORITÄTFÜR DEN BÜROKRATIEABBAUDie Bürokratie kostet Deutschland sehr viel Geld: Pro Jahr entgeht dem Land eineWirtschaftsleistung in Höhe von 146 Milliarden Euro, hat das „ifo-Institut“ ineiner Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München undOberbayern errechnet. Dringenden Reformbedarf sieht daher die Politik in Baden-Württemberg: Nach einem Brandbrief des Präsidenten des Gemeindetags Baden-Württemberg, Steffen Jäger, im Jahr 2022 ist im Jahr darauf die „Entlastungsallianz“zum Bürokratieabbau gestartet worden. CDU-Landesvorsitzender Manuel Hagelsagte: Der Bürokratieabbau habe „höchste Priorität“.Entlastungsallianz. Das dritte Paket der „Entlastungsallianz“ enthält über 50 Einzelmaßnahmen,darunter „weitere substanzielle Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger, die Verwaltung undvor allem die Wirtschaft“. (v. r. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister ThomasStrobl und Staatskanzleichef Florian Stegmann, der nach 13 Jahren in dieser Funktion aus persönlichenGründen entbunden wurde; neuer Chef der Staatskanzlei ist zum 1. Februar 2025Staatsminister Jörg Krauss.).Das „ifo Institut“ hat nachgewiesen,dass die Bürokratiekosten in Deutschlandzur Hälfte den ThemenbereichenWirtschaft (31 Prozent) und Steuern(22 Prozent) zugeordnet werden. Dieweiteren Bereiche sind: Finanzmarktpolitik(12 Prozent), Gesundheit (9 Prozent),Arbeitsmarkt und Soziales (7 Prozent),Versicherungen und Finanzen (4Prozent), Verbraucherschutz (3 Prozent)sowie Sonstiges (12 Prozent)(Quelle: Statistisches Bundesamt, Stichtag:30. Juni 2024).Grundlage für die Berechnungen derifo-Forscher sei ein „Bürokratie-Index“,der für viele Länder den Bürokratieaufwandin für Wirtschaft und Unternehmenrelevanten Bereichen abbildet. AufBasis dieser Ergebnisse simulieren dieExperten die positiven Wirkungen einerBürokratiereform, die Deutschland aufdas niedrige Bürokratieniveau vonSchweden, dem Spitzenreiter im Bürokratie-Index,bringen würden.GROSSE UNTERSCHIEDEDas Institut nennt ein Beispiel, um dieUnterschiede zwischen beiden Ländernzu verdeutlichen: „In Deutschland istder Erfüllungsaufwand pro Jahr fürFoto: dpa/Bernd WeißbrodSteuererklärungen fast doppelt sohoch wie in Schweden (Deutschland:218 Stunden, Schweden: 122 Stunden).In Deutschland sind sechs bürokratischeVorgänge notwendig (bzw.52 Stunden), um Immobilieneigentumanzumelden, während in Schwedennur ein Vorgang genügt (bzw. 7 Stunden).“Einer der Gründe für die hohen Kostensei die mangelnde Digitalisierung desStaats und seiner Behörden, sagen dieifo-Forscher. „Würde Deutschland beider Digitalisierung der öffentlichenVerwaltung auf das Niveau von Dänemarkaufschließen, wäre die Wirtschaftsleistungum 96 Milliarden Europro Jahr höher“, so das Institut. Einumfassender Bürokratieabbau, kombiniertmit Maßnahmen zur Digitalisierung,könne die Wettbewerbsfähigkeitsteigern und das Bruttoinlandsproduktpro Kopf signifikant erhöhen.ENTLASTUNGSALLIANZIm Rahmen der „Entlastungsallianz“zum Bürokratieabbau hatte die Landesregierungin Baden-Württembergbis Mitte des Jahres 2024 zwei Paketeauf den Weg gebracht: Das erste PaketMitte Februar (20 Erleichterungen;u. a. mit Vereinfachungen von Verwaltungsverfahren)und das zweite PaketMitte Juli (100 Maßnahmen; u. a.schlanke und digitalisierte Verfahrenim Krankenversicherungsrecht). Endedes Jahres 2024 folgte das dritte Paketder „Entlastungsallianz“ mit über 50Einzelmaßnahmen. Angekündigt werdendamit „weitere substanzielle Entlastungenfür Bürgerinnen und Bürger,die Verwaltung und vor allem dieWirtschaft“, so das Staatsministerium.
ZBW_2-3/2025www.zahnaerzteblatt.de33_BERUFSPOLITIK4750046000445004300041500400003850037000ENTGANGENE WIRTSCHAFTSLEISTUNGDURCH BÜROKRATIEAUFWAND IN DEUTSCHLANDTatsächliche EntwicklungEntgangene Wirtschaftsleistung. Die Bürokratiekosten durch entgangene Wirtschaftsleistungbelaufen sich für Deutschland auf rund 146 Mrd. Euro pro Jahr (Angabe: BIP pro Kopf). Die indirektenvolkswirtschaftlichen Kosten für Bürokratie sind mehr als doppelt so hoch als die direktenBürokratiekosten.Geschätzte Entwicklung2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022„Herausragend dabei ist die Selbstverpflichtung,die Gesetze und Vorgabenaus Brüssel und Berlin nicht noch weiteraufzublähen“, kommentierte RafaelBinkowski, Chefredakteur des StaatsanzeigersBaden-Württemberg. Andersformuliert: Es gehe konkret um ein„Regelungs-Erprobungsgesetz“, in demdie Kommunen probeweise von Standardsabweichen könnten. Binkowskiweiter: „Erweist sich das als praktikabel,kann man die Ausnahme auf alleanderen übertragen.“Die Politik in Baden-Württembergmüsse beim Bürokratieabbau dringendenReformbedarf gestalten: Bereitsvor zwei Jahren hatte sich der Präsidentund Hauptgeschäftsführer desGemeindetags Baden-Württemberg,Steffen Jäger, in einem Brandbrief anMinisterpräsident Winfried Kretschmanngewandt. Damals sagte Jäger:Um Regulierung und Stillstandzu überwinden, „bedarf es einer Flexibilisierungder rechtlichen Rahmenbedingungenhin zu einer echten Subsidiarität,eines spürbaren Abbaus vonRegulierungsstandards und einer konsequentenAufgabenkritik und Entbürokratisierung“.Das Thema Bürokratieabbauist mittlerweile bundes- wielandesweit politisch „en vogue“. Wieder CDU-Landesvorsitzende ManuelHagel in einem Statement sagte: „AmGelingen des Bürokratieabbaus hängtdie Zukunftsfähigkeit unseres Landes.Er muss höchste Priorität haben.“„BROMBEER-GESTRÜPP“Wie Ministerpräsident Kretschmannan anderer Stelle sagte, sei die ausuferndeBürokratie wie ein „Brombeer-Gestrüpp“. Und um dieses Gestrüppmuss sich nun auch der Vorsitzendedes Normenkontrollrats (NKR), Dr.Dieter Salomon, zuvorderst kümmern:Neue Bürokratie müsse bereits bei derRechtsetzung vermieden werden, betonteder Politikwissenschaftler. Schonmit der Ressortabstimmung müsstendie Landesministerien ihre Entwürfevon Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriftendem NKR zuleiten.„Wir machen Vorschläge zur Vollzugstauglichkeitoder zu aufwandsarmenVerfahren. Wir kritisieren auch,Quelle: ifo Schnelldienst 2024INFOAKTIV FÜRBÜROKRATIEABBAUDie zahnärztlichen KörperschaftenKZV BW und LZK BW hatten Empfehlungenfür den Abbau von Verwaltungsvorgabenin den Zahnarztpraxendes Landes ausgearbeitet.Es ging dabei u. a. um Einzeldokumentationen,nicht-anlassbezogeneBegehungen und die Abschaffungder Nachweispflicht von Fortbildungen.Diese haben Dr. TorstenTomppert, Vorstandsvorsitzenderder KZV BW, Prof. Dr. Alexis vonKomorowski, Hauptgeschäftsführerdes Landkreistags Baden-Württembergund Dr. Tim Gerhäusser, Dezernentfür den Bereich Gesundheit,diskutiert. Die zahnärztlichenVorschläge wurden im vergangenenJahr über den Landkreistag direktim Rahmen der „Entlastungsallianz“an die Landesregierung übermittelt.In den bisher vorgelegten drei Entlastungspaketensind diese jedochnicht umgesetzt, derzeit befindensie sich in der internen Abstimmunginnerhalb der Entlastungsallianz.Die Zahnärzteschaft dringt auf eineschnelle Umsetzung.wenn wir meinen, dass auf einzelne Regelungenbesser ganz verzichtet werdensollte“, so Dr. Salomon. Überprüft werdenmüsse auch „ex post“, welche bestehendenRegelungen man noch braucheund was vereinfacht werden könne.Kretschmann bestätigte, dass der neueNKR jetzt ein echtes Beratungsgremiumsei und seine Expertise in die Entlastungsallianzeinbringen werde. UndSalomon sagte im ZBW-Interview (Ausgabe7/2024): „Ich bin zweckoptimistisch,dass sich in absehbarer Zeit spürbaretwas ändert.“Guido Reiter»Bürokratie verursacht für Firmenimmense Kosten, blockiert Ressourcenund lähmt die Wettbewerbsfähigkeit derdeutschen Wirtschaft.«ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschungan der Universität München e. V.INFOFür detaillierte Informationen zuden Kosten der Bürokratie könnenSie den aktuellen Aufsatz im „ifoSchnelldienst“ (2024, 77, Nr. 11,03-46) lesen:https://www.ifo.de/publikationen/2024/aufsatz-zeitschrift/kosten-der-buerokratie-reformen-dringend-geboten
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