16_TITELTHEMA ZBW_5-6/2023 www.zahnaerzteblatt.de gegebenenfalls mit der Hilfe einer Steuerberaterin oder eines Steuerberaters, zu berechnen. Ohne die Hinzuziehung eines Steuerberaters können als grober Rahmen auch die Berechnungen der KZBV in ihrem Jahrbuch oder die Kalkulationen der Prognos AG herangezogen werden. Danach müssen Zahnärztinnen und Zahnärzte durchschnittlich einen Honorarumsatz von 360 Euro pro Stunde umsetzen, um ihre Kosten zu decken. Das entspricht einem Honorar von etwa sechs Euro pro Minute, das sie verdienen müssen. Sowohl in Stuttgart als auch in Mannheim dokumentierten die beiden GOZ- Referenten danach in einer eindrucksvollen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für einzelne Leistungen, welche Behandlungszeit bei welchem Steigerungsfaktor bei verschiedenen Kosten- Minutensätzen zur Verfügung stehen. Spätestens an dieser Stelle des Vortrags mussten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer merklich schlucken, wurde STIMMEN AUS DER ZAHNÄRZTESCHAFT » Beeindruckend fand ich die Historie der GOZ, ich habe Vieles zum ersten Mal gehört.« ihnen offenbar zum ersten Mal bewusst, dass sie bei ausschließlicher Anwendung des 2,3-fachen Steigerungssatzes verschiedene Leistungen in einem unmöglichen Tempo erbringen müssten bzw. sie in der Vergangenheit offensichtlich einige Leistungen nicht kostendeckend erbracht und liquidiert haben. Große Resonanz. Bei der Tour de Ländle in der BZK Karlsruhe folgte die Kollegenschaft gespannt den Ausführungen von Dr. Wilz über den 35 Jahre alten GOZ-Punktwert. AUSWEG Damit waren Dr. Dr. Raff und Dr. Wilz bei ihrer Kernbotschaft angekommen: Wie kann es sein, dass gemäß dem Statistischen Jahrbuch der BZÄK der mittlere Steigerungsfaktor bei 2,36 liegt? „Sie honorieren Privatpatienten schlechter als GKV-Patienten“, resümierte Dr. Wilz und appellierte an die Kollegenschaft: „wir sind gefordert, uns angesichts kontinuierlich zurückgehender Einkommen und unserer Renten mit der Thematik zu beschäftigen!“ Die Politik habe über viele Jahre unter Beweis gestellt, dass sie nicht gewillt ist, an der Situation etwas zu ändern und den Punktwert anzuheben. Die einzige Lösung sei deshalb neben der konsequenten Faktorennutzung bis zum 3,5-fachen Satz die abweichende Vereinbarung nach § 2, wenn über den 3,5-fachen Satz gesteigert werden soll. Ausdrücklich sei diese Möglichkeit vom Gesetzgeber vorgesehen, sogar vom Bundesverfassungsgericht gedeckt und dazu aufgefordert worden, betonte Dr. Wilz. Dr. Dr. Raff führte ein weiteres Argument ins Feld: „Wenn Sie nicht über 2,3 steigern, signalisieren wir der Politik, dass es keine Anpassungsnotwendigkeit gibt!“ PRAKTISCHE TIPPS Dr. Wilz und Dr. Dr. Raff ließen es nicht mit ihrem Appell bewenden, sondern gaben den Kolleginnen und Kollegen praktische Hilfestellungen und Tipps an die Hand: „Eine abweichende Vereinbarung ist in der Höhe nicht begrenzt! Sie müssen gegenüber der PKV nicht begründen, warum Sie mit Ihrem Patienten eine Honorarvereinbarung geschlossen haben! Begründen müssen Sie sie nur gegenüber Ihren Patientinnen und Patienten!“ Für das Gespräch mit den Patienten und die Argumentation empfahl Dr. Dr. Raff den Hinweis auf die Qualität, die eine Zuzahlung erforderlich macht: „Qualität braucht Zeit, Zeit braucht Honorar und das Honorar braucht die Honorarvereinbarung nach § 2.“ Dem Abschluss einer abweichenden Vereinbarung muss immer ein persönliches Gespräch der Zahnärztin bzw. des Zahnarztes – nicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – mit den Patientinnen und Patienten vorangehen. Und die Vereinbarung muss immer schriftlich erfolgen. Die Landeszahnärztekammer stellt auf ihrer Webseite ein Muster-Formular für eine abweichende Vereinbarung zur Verfügung. Viele Kolleginnen und Kollegen scheuen das Gespräch mit ihren Patienten. Dessen sind sich Dr. Dr. Raff und Dr. Wilz bewusst. „Trauen Sie sich, offen das Gespräch mit Ihren Privatpatienten zu suchen. Wir führen diese Gespräche doch auch mit unseren GKV- Patienten. Machen Sie es – es funktioniert!“ Andrea Mader STIMMEN AUS DER ZAHNÄRZTESCHAFT » Ich fand es gut, dass nochmals rekapituliert wurde, wie viel wir in einer Stunde einnehmen müssen, um kostendeckend zu arbeiten.« Foto: A. Mader
ZBW_5-6/2023 www.zahnaerzteblatt.de 17_TITELTHEMA Neue Abrechnungsbasis MODERNE PARODONTITIS- THERAPIE Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Vertreter der Beihilfe und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) haben eine neue Abrechnungsbasis für Leistungen der Parodontologie auf dem aktuellen Stand der Zahnmedizin konsentiert. Damit wird die moderne Parodontologie in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgebildet und zu leistungsgerechten Honoraren vergütet. Ferner dürfen Patientinnen und Patienten zu Recht eine Erstattung erwarten. Foto: Adobe Stock/3desc Weil die GOZ einige dieser modernisierten Leistungen nicht ausreichend abdecken konnte, bringt die neue Vereinbarung mit insgesamt sechs Analogabrechnungen nun eine im Beratungsforum GOZ abgestimmte Lösung. Damit wird die Abrechnung der Parodontitis- Behandlung auf Grundlage der maßgeblichen S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) neu geregelt. Diese Vereinbarung schafft ein hohes Maß an Rechtssicherheit für alle Beteiligten. In einer gemeinsamen Pressemitteilung betonen Bundeszahnärztekammer und PKV sowie Beihilfe, dass sie mit der neuen Vereinbarung ihre Handlungsfähigkeit im Einsatz für eine Versorgung auf dem modernsten Stand der Zahnmedizin erneut bewiesen hätten. GOZ INFORM Die Landeszahnärztekammer hat die bereits Ende des vergangenen Jahres gefassten Beschlüsse des Beratungsforums GOZ für Gebührenordnungsfragen von Bundeszahnärztekammer, Privater Krankenversicherung und Vertretern der Beihilfe über die analogen Leistungen in der Parodontitistherapie auf ihrer Webseite zusammengefasst. Im Bereich GOZ Inform finden sich die analogen Leistungen mit den Berechnungsempfehlungen des Beratungsforums und dem verpflichtenden Text in der Rechnung übersichtlich in einer Tabelle dargestellt. Andrea Mader Dr. Bert Bauder Stellvertretender Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg KOMMENTAR Die neue Abrechnungsbasis ist ein erster Lichtblick für die Zahnärzteschaft in Sachen GOZ seit 35 Jahren. Erreicht wurde er durch hartnäckige Verhandlungen, an denen auch der GOZ-Referent der LZK BW, Dr. Jan Wilz, beteiligt war und mit Mandat der BZÄK die Interessen der Zahnärzteschaft wirkungsvoll vertreten hat. Auf dieser Grundlage können die Praxen nun zugunsten von Patientinnen und Patienten moderne PAR-Behandlungen durchführen und sich angemessen vergüten lassen. Die Abrechnung sollte daher regelmäßig über die neuen konsentierten Analogien erfolgen, da vermutlich von Seiten der PKV zu gegebener Zeit eine Überprüfung stattfinden wird, ob die von uns geforderten Analogpositionen auch flächendeckend genutzt werden. Leistungen, die nicht analogisierbar sind, sollten in eine freie Honorarvereinbarung nach GOZ § 2 Abs. 1 überführt werden, um ein betriebswirtschaftlich auskömmliches Honorar zu erzielen. Ich fordere daher alle Kolleginnen und Kollegen auf: Nutzen Sie die konsentierten Analogien in unser aller Interesse!
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz