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Berufsbild ZFA attraktiv halten

Ausgabe 1/2016

32 Wissenschaft Grafik:

32 Wissenschaft Grafik: Bundesverband Deutscher Stiftungen Stiftungsprofessuren. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat eine Übersicht über die Verteilung von Stiftungsprofessuren an deutschen Hochschulen erstellt (die Grafik zeigt die Anzahl der im Bundesverband Deutscher Stiftungen geführten Stiftungsprofessuren). Die Quote der Stiftungsprofessuren an Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland bewegt sich im einstelligen Bereich. Führend sind dabei die kleineren Bundesländer bzw. Stadtstaaten: Saarland, Berlin und Bremen. Unternehmen sind dabei die wichtigsten Förderer: Sie finanzieren allein 41 Prozent der Professuren. Herausforderung. Für die junge Professorin ist es etwas Besonderes, nach Baden-Württemberg zu kommen. „Das ist meine erste Professur und sie hier in Freiburg zu bekommen, ist wirklich eine Auszeichnung aber auch angesichts des ausgezeichneten Rufes der Klinik eine Herausforderung“, sagt sie. Prof. Hellwig gibt die Lorbeeren zurück. „Sie ist hervorragend in der Grundlagenforschung, eine sehr integre Person und gut in der Personalführung.“ Zu den Kriterien der Professorenstelle gehörten Erfahrungen auf dem Gebiet der Zahnhartsubstanzforschung insbesondere im Bereich De- und Remineralisationsvorgänge und Kenntnisse für die Durchführung GCP-konformer klinischer Studien auf dem Gebiet der Kariesprävention. Eine enge Kooperation mit dem Bereich Orale Mikrobiologie war erwünscht. Prof. Schlüter passte perfekt ins Raster. Prof. Hellwig sieht es als Bestätigung der guten Arbeit, die Freiburg seit Jahren in der zahnmedizinischen Forschung macht, solch eine talentierte junge Professorin zu bekommen. „Sie ist jemand, der uns massiv verstärken wird.“ Die Stiftungsprofessur generell sei ein großer Gewinn für die Universität Freiburg, da Stiftungsprofessuren in der Zahnmedizin generell „sehr selten“ seien. Andere Schwerpunkte. Tatsächlich konzentrieren sich die Stiftungsprofessuren an badenwürttembergischen Universitätskliniken auf andere Schwerpunkte. Das Zugpferd der Tübinger Universitätsklinik ist eine Stiftungsprofessur zum ThemaArbeits- und Sozialmedizin der Firma Südwestmetall. Sie läuft über zehn Jahre und umfasst eine Förderung von insgesamt vier Millionen Euro. Laut Statistischem Bundesamt und den Zahlen aus dem Jahr 2013 lag der Anteil der gewerblichen Wirtschaft an Drittmitteln in der Tübinger Uniklinik bei 24 Prozent. Etwas niedriger lag er in Ulm bei 23 Prozent. Dort gibt es in der Summe deutlich weniger Stiftungsprofessuren als in Tübingen. Besonders bedeutend sind dort die mit einer Million Euro geförderten Professuren für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaftliches Informationsmanagement des DRK-Blutspendendienstes und die Stiftungsprofessur für Neurophysiologie, der Hertie-Stiftung. Am Universitätsklinikum Heidelberg ist der Anteil an Drittmitteln aus der Wirtschaft mit 28 Prozent am höchsten in Baden-Württemberg. ZBW 1/2016 www.zahnaerzteblatt.de

Wissenschaft 33 Dafür gibt es dort auch mit Abstand die meisten Stiftungsprofessuren. Standortbedingt liegen die Schwerpunkte auf der Krebsforschung. Die größte Fördersumme sind laut Statistik 2,5 Millionen Euro von der Dietmar-Hopp-Stiftung für die Stiftungsprofessur zur Erforschung der Molekulargenetik des Mammakarzinoms. In Freiburg ist die Quote der gewerblichen Wirtschaft an Drittmitteln schließlich am niedrigsten. Fast 14 Millionen von knapp 67 Millionen Euro bedeuten rund 21 Prozent. Die erste Stiftungsprofessur in der Zahnmedizin lässt diesen Prozentsatz nun steigen. „Die Professur macht eine Steigerung von 20 Prozent unseres Forschungsvolumens in der Zahnerhaltungskunde“, sagte Prof. Hellwig. Während die Freiburger Forscher also enorm profitieren, hofft auch die stiftende Firma darauf, dass die Professur neue Erkenntnisse im Bereich der Zahnhartsubstanz liefert. Die Grundlagenforschung soll verwertbare Ergebnisse liefern. Unberechtigte Kritik. Das lässt schnell aufhorchen: Unternehmen finanzieren über Stiftungsprofessuren Forschung in für sie relevanten Bereichen und binden damit indirekt auch zukünftige spezialisierte Arbeitnehmer an sich. Zum anderen könnten sie das Image eines Unternehmens verbessern und für einen zusätzlichen Werbeeffekt sorgen. „Allerdings wird die Forschung nicht von der Firma gelenkt“, betont Prof. Hellwig. „Was Prof. Schlüter hier macht, ist Grundlagenforschung.“ Das, sagt der Professor, sei elementar wichtig. Denn viel zu häufig sei eine Stiftungsprofessur in der öffentlichen Wahrnehmung negativ belegt, wegen angeblicher Einflussnahme. Code of Conduct. Damit solche Befürchtungen von Beginn an ausgeschlossen sind, halten sich die meisten Hochschulen an den Code of Conduct des Deutschen Stifterverbands. Er empfiehlt, auf bestimmte Punkte besonders zu achten. Wichtig sei zunächst die Unabhängigkeit. Die Hochschulen entscheiden frei über die Annahme von Stiftungsprofessuren. Hochschule und Förderer verständigen sich einvernehmlich über das zu bearbeitende Forschungsfeld. Der Geldgeber darf später keinen Einfluss auf Forschung und Lehre und die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen nehmen. Daneben müssen Forschung und Lehre frei bleiben. Heißt: Die Unabhängigkeit der jeweils geförderten Hochschule von wirtschaftlichen und sonstigen Interessen muss gewährleistet sein. Der Förderer hat deshalb auch keinen Anspruch auf die Verwertung von Forschungsergebnissen. Zweck und Inhalt der Förderung müssen daneben für die Öffentlichkeit erkennbar und nachvollziehbar sein. Die Hochschule garantiert laut Empfehlungen des Stifterverbands die zweckentsprechende Verwendung der Mittel und legt regelmäßig schriftlich Rechenschaft darüber ab. All das hält die Universität Freiburg ein. Prof. Hellwig hofft deshalb ausschließlich auf positive Effekte der Stiftungsprofessur. In der Forschung wird uns das nochmal einen Aufwind bringen“, sagte Prof. Hellwig. „Wir sind ja bereits jetzt im QS World University Ranking unter den ersten 50 der Welt.“ Schritt nach vorn. Und auch für sich persönlich hat Prof. Schlüter in Freiburg, wo es ihr der Schwarzwald schon jetzt angetan hat, einiges vor: „Ich erwarte mir eine Weiterentwicklung meiner Expertise und Wissenschaft auf hohem Niveau“, sagt sie. Reizvoll findet sie zudem, dass sie in Freiburg mit mehr talentierten Nachwuchsforschern zusammenarbeiten dürfe. „Es ist an solch einem guten Standort sicher leichter, jemanden zu finden, als an Standorten, an denen die Zahnmedizin eher stark von der Lehre geprägt ist.“ Zwei Sprechstunden. Ihre Arbeit in den fünf kommenden Jahren wird zwar auch Lehre und Krankenversorgung umfassen, ihr Hauptaugenmerk wird aber auf der Forschung der Zahnsubstanzdestruktion liegen. Ihren Forschungsschwerpunkt hat sie aus Gießen mitgebracht. In Freiburg wird sie zwei Sprechstunden einrichten. Einerseits wird es dabei um nicht-kariesbedingte Zahnhartsubstanzdefekte mit dem Schwerpunkt Erosion gehen. „Ich werde Patienten betreuen, die an einer Essstörung leiden“, sagt sie. Diese Sprechstunde hatte sie schon in Gießen. Neu wird eine Sprechstunde zur Prävention für Patienten mit Tumorerkrankungen und oralen Nebenwirkungen der Tumortherapie sein. Wenn etwa durch eine Chemo- oder Strahlentherapie der Speichelfluss versiegt, will Prof. Schlüter nach Behandlungsmöglichkeiten suchen. „Oft gibt es auch ein massives Problem mit Karies. Doch es gibt keine systematischen Konzepte“, sagt Prof. Schlüter. „Das Ziel der kommenden fünf Jahre ist, sie zu finden.“ Prof. Hellwig sieht im Rahmen der Sprechstunden Möglichkeiten zu Verknüpfungspunkten der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie mit der MKG-Klinik, der Onkologie oder der Klinik für Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. „Das dürfte im Interesse der Patienten sein“, ist er sicher. » christian.ignatzi@izz-online.de Stiftungsprofessuren Mit einer Stiftungsprofessur wird eine zusätzliche Hochschullehrerstelle geschaffen, die von den Förderern – in der Regel für fünf Jahre – finanziert wird. Nach Ablauf der privaten Förderung wird die Stiftungsprofessur in den Haushalt der Hochschule übernommen. Stiftungsprofessuren auf Zeit werden nur für einen begrenzten Zeitraum eingerichtet und anschließend nicht weitergeführt. Die Befristung ist von den Förderern gewollt, damit sie flexibler auf Veränderungen der Forschungsfelder reagieren können. Möglich sind auch Stiftungsgastprofessuren, bei denen die Hochschule eine zusätzliche Stelle für eine Gastprofessur einrichtet, die aus privaten Fördermitteln bezahlt wird. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2016

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