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Ausgabe 2/2019

28 Fortbildung Ein Fall

28 Fortbildung Ein Fall aus der Poliklinik der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe Hybridprothese: Teleskopversorgung unter Einbindung von Pfeilerzähnen und Implantaten Im vorliegenden Fall wird das Vorgehen bei der Versorgung mit einer herausnehmbaren Hybridversorgung auf Zähnen und Implantaten dargestellt. Aufgrund eines stark reduzierten Restzahngebisses im Oberkiefer konnte der Patientenwunsch nach einem konventionellen gaumenfreien Zahnersatz mit ausreichendem Prothesenhalt nicht erfüllt werden. Durch eine Pfeilervermehrung mit Implantaten konnte letztendlich der Patientenwunsch doch realisiert werden. Ein 66-jähriger Patient wurde mit der Bitte um prothetische Neuversorgung des Oberkiefers in die oralchirurgische Abteilung der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe überwiesen. Anamnese. Die allgemeinmedizinische Anamnese war unauffällig. Der Patient stellte sich mit einer insuffizienten Teleskopversorgung im Oberkiefer vor. Sowohl der Prothesenhalt als auch die Kaufunktion waren eingeschränkt. Aufgrund der beschriebenen Protheseninsuffizienz strebte der Patient eine Neuversorgung an. Eine Totalprothese sollte auf Wunsch des Patienten unter allen Umständen vermieden werden. Einem herausnehmbaren Zahnersatz stand er offen gegenüber, sofern eine Gaumenbedeckung vermieden werden konnte. Klinischer Befund im Oberkiefer. Im Oberkiefer waren die Restzähne 17, 21, 22 und 23 vorhanden. wobei 21, 22 und 23 als Teleskopzähne für den Prothesenhalt fungierten. Die Zähne 21 und 23 waren zum Zeitpunkt der Befundung frakturiert, was zur Protheseninsuffizienz führte. Der Zahn 17 wies eine Karies auf. Die Sondierungstiefen waren unauffällig. Blutungen auf Sondierung lagen an allen Restzähnen vor. Die Zähne 17 und 22 reagierten beim CO 2 -Sensibilitätstest positiv. Abb. 1 Panoramaschichtaufnahme bei der Erstvorstellung. Die Zähne 21 und 23 waren tief zerstört und nicht erhaltungsfähig (Abb. 1). Röntgenologischer Befund im Oberkiefer. Eine aktuelle Panoramaschichtaufnahme (Abb. 1) zeigte die frakturierten Pfeilerzähne 21 und 23. Zahn 21 hatte eine Wurzelkanalbehandlung. Diagnosen. Aus den vorliegenden Befunden ergaben sich folgende Diagnosen: - Nicht erhaltungsfähige Zähne 21 und 23 - Karies am Zahn 17 - Generalisierte Gingivitis - Alveolarfortsatzatrophie im Oberkiefer Behandlungsoptionen. Bei einem stark reduzierten Restzahngebiss gibt es im Oberkiefer folgende Therapieoptionen: 1. Totalprothese 2. Konventioneller herausnehmbarer Zahnersatz unter der Verwendung von 2 Pfeilerzähnen (Modellguss- oder Teleskopprothese) 3. Festsitzender Zahnersatz auf 6 bis 8 Implantaten nach Entfernung der Restzähne 4. Festsitzender Zahnersatz auf 4 Implantaten (Allon-4-Konzept) nach Entfernung der Restzähne 5. Herausnehmbarer Zahnersatz auf 4 bis 6 Implantaten (mit gaumenfreier Gestaltung) nach Entfernung der Restzähne 6. Hybridversorgung auf Zähnen und Implantaten mit Teleskopen, Kugelköpfen oder Locatoren als Retentionselemente (Pfeilermehrung) Therapie. Der stark reduzierte Restzahnbestand stand dem Patientenwunsch nach einem gaumenfreien Zahnersatz mit ausreichendem Prothesenhalt als limitierender Faktor entgegen. In mehreren Aufklärungsgesprächen wurden dem Patienten die einzelnen Therapieoptionen mit ihren Vor- und Nachteilen sowie die sich daraus ergebenden Behandlungsabläufe und die sich ergebenden Kosten erläutert. Ein weiterer Zahnverlust sollte auf Wunsch des Patienten vermieden werden. Einer herausnehmbaren Versorgung sowie einer Pfeilervermehrung durch Implantate stand der Patient offen gegenüber. Letztlich entschied sich der Patient für eine herausnehmbare Hybridversorgung mit Teleskopen als Retentionselement auf Zähnen und Implantaten. ZBW 2/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 29 Implantologische Therapie. Nach einer parodontalen Vorbehandlung (PZR, Mundhygieneinstruktion und Motivation) sowie der Füllungstherapie am Zahn 17 wurden die nicht erhaltungsfähigen Zähne 21 und 23 vor der Implantation entfernt. Der vorhandene Zahnersatz mit dem verbliebenen Teleskopzahn 22 wurde mit einer Klammer an 17 erweitert und diente während der gesamten Behandlungsphase als Interimsersatz. Bei einem Recall zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Mundhygiene. Beim Sondieren zeigten sich keine Blutungen mehr, sodass die implantologische Therapiephase begonnen werden konnte. Da der Patient keine wesentlichen ästhetischen Änderungswünsche im Vergleich zum vorhandenen Zahnersatz hatte und die Zahnaufstellung der bisherigen Teleskopprothese kongruent zum Kieferkamm war, wurde auf ein diagnostisches Wax-up verzichtet. Der implantologische Eingriff wurde in lokaler Anästhesie durchgeführt. Über eine krestale Schnittführung wurde der Kieferkamm dargestellt. In regio 15, 12, 23 und 25 wurden jeweils Conelog-Implantate (Firma Camlog, Wimsheim, Deutschland) inseriert (Abb. 2), in regio 25 erfolgte dabei simultan ein externer Sinuslift. Die reduzierte Knochenbreite regio 23 erforderte eine Knochenblocktransplantation. Hierbei wurde der Knochendeckel aus der lateralen Kieferhöhlenwand (Crista zygomaticoalveolaris) bei der Durchführung des externen Sinuslifts verwendet und mit zwei Schrauben fixiert. Der Spaltraum regio 23 zwischen Knochentransplantat und originärem Knochen wurde mit xenogenem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss Spongiosa Granulat, 0,25-1 mm, Fa. Geistlich, Wolhusen, Schweiz) aufgefüllt (Abb. 3). Nach Insertion der Implantate erfolgte der Wundverschluss. Drei Monate nach Implantation wurden die Implantate freigelegt. Die vorhandene Prothese wurde an die neue Situation angepasst. Prothetische Versorgung. Vier Wochen nach der Freilegung lagen stabile mukosale Verhältnisse vor. In einer Sitzung erfolgte die Präparation der beiden Pfeilerzähne 17 und 22 sowie die Abformung dieser Zähne und der Implantate. Um auch nach dem Beschleifen der Zähne 17 und 22 einen ausreichenden Prothesenhalt zu gewähren, wurden zwei Locatoren in die Implantate regio 15 und 25 eingeschraubt. Die Matrizen für die Locatoren wurden chairside in die vorhandene Prothese einpolymerisiert. Zur Vorregistrierung wurde ein Quetschbiss mit Silikon (Optosil, Kulzer GmbH, Hanau, Deutschland) genommen. Dieses Vorgehen ermöglichte dem Zahntechniker eine optimale Vorbereitung des im nächsten Schritt durchzuführenden Bissregistrates (Abb. 4). Bei der definitiven Bissnahme kann somit Zeit und Aufwand durch größere Anpassungsmaßnahmen des Registrates eingespart werden. Außerdem wurden die Locatoren für die Stabilisierung des Registrats genutzt. Die Farbauswahl erfolgte im Anschluss an die Bissnahme. Als nächstes wurde eine Wachsanprobe durchgeführt (Abb. 5). Dabei hatte der Patient die Möglichkeit, seine Wünsche und Veränderungsvorschläge im Vergleich zum bisher vorhandenen Zahnersatz zu äußern. Die Wachsaufstellung diente außerdem zur Beurteilung der Abb. 2 Intraoperative Situation nach Insertion der 4 Implantate in regio 15, 12, 23 und 25 (Abb. 2). Abb. 3 Blocktransplantation in regio 23: In regio 25 wurde im Rahmen des externen Sinuslifts ein Knochenblocktransplantat aus der lateralen Kieferhöhlenwand (Crista zygomaticoalveolaris) gewonnen. Dieses wurde im Sinne einer Schalentechnik in regio 23 mit Osteosyntheseschrauben fixiert. Die Spalträume wurden mit Knochenersatzmaterial und partikuliertem Eigenknochen gefüllt (Abb. 3). Gestaltung und Achsrichtung der Abutments/Primärteleskope und der Ausdehnung des Gerüstes. Im nächsten Schritt wurden die Abutments und die Teleskope auf den Zähnen und Implantaten anprobiert und auf Passgenauigkeit überprüft (Abb. 6). Beim Folgetermin erfolgte die Gerüsteinprobe der Tertiärstruktur. In dieser Sitzung wurden die Sekundärteile (Außenteleskope) mit der Tertiärstruktur (Gerüst) intraoral verklebt (Abb. 7). Dieses Vorgehen gewährte eine sehr hohe Passgenauigkeit durch Vermeidung von Übertragungsfehlern vom Modell auf die Realsituation. Auf dem Gerüst wurde erneut ein Registrat erstellt. Zusätzlich erfolgte eine Fixationsabformung, die die Weichgewebsverhältnisse des Prothesenlagers und die exakte Position der Primärteile übertrug (Abb. 8). Im Folgeschritt wurde auf dem verklebten Gerüst die Wachs aufstellung für eine erneute Wachsanprobe übertragen. Dadurch konnte dem Patienten vorab die Endfassung der Zahnaufstellung vermittelt werden. Nach Absprache mit dem Patienten wurde die überprüfte Wachsanprobe zur Fertigstellung freigegeben (Abb. 9 und 10). Ergebnis. Durch das dargestellte Vorgehen konnte dem Patienten während der gesamten Therapiephase www.zahnaerzteblatt.de ZBW 2/2019

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