16 Titelthema ZBW-Gespräch Zuhören und auf den Patienten eingehen Im Anschluss an ihre individuelle Patientenberatungen bei einem Termin am 5. Dezember 2018 hat das ZBW mit Dr. Svenja Tomppert-Wahl und Dr. Thomas Miersch gesprochen. Sie gaben Auskunft über ihre Qualifikationen, ihre Motivation, über knifflige Beratungssituationen und ihre persönliche Zufriedenheit. Welche Qualifikationen sind Ihrer Auffassung nach als Beratungszahnärztin/Beratungszahnarzt gefragt? Dr. Tomppert-Wahl: Die zahnmedizinische Qualifikation haben wir alle mit unserer Ausbildung erworben. Darüber hinaus ist es wichtig immer objektiv und sachlich zu bleiben und nicht zu urteilen. Man muss zuhören und abwarten. Wir hören immer nur eine Seite, die Dr. Miersch: In der Kieferorthopädie braucht man neben dem umfassenden Fachwissen (in der Regel sind Fachzahnärzte gefragt) einen enormen und langjährigen Erfahrungshorizont über verschiedenste Techniken und Verfahren, um auch manchmal sehr komplexe Behandlungen nachvollziehen zu können. Haben Sie eine bestimmte Herangehensweise bei der persönlichen Beratung? Dr. Tomppert-Wahl: Eigentlich läuft es wie in der Praxis – zuhören, Fakten sammeln, sich ein Bild machen. Auf den Patienten eingehen, um zu erfahren was sein vornehmliches Problem ist. Es ist wichtig, dass wir von den Patienten selbst erfahren, was sie sich nicht trauen woanders zu fragen. Dr. Tomppert-Wahl: Die Patienten, die zu uns in die Beratung kommen, sind sehr offen und haben Vertrauen. Für sie sind wir keine subjektiven Zahnärzte, die Partei für unsere Kollegen ergreifen. Im Augenblick der Beratung sind wir ihre Verbündeten und sie erzählen uns vertrauliche Dinge, wie zum Beispiel, dass sie ihre Behandlungsplanung in eine Internetauktion gegeben haben. Dr. Miersch: Es stehen eindeutig Sachthemen und Sachfragen rund um die KFO im Vordergrund. Manchmal geht es auch um Versorgungsmöglichkeiten und Kosten. Ist es Ihnen wichtig, das Vertrauensverhältnis zwischen den Patienten, die zu Ihnen in die Beratung kommen, und den behandelnden Zahnärzt/innen zu stärken? Dr. Tomppert-Wahl: Das ist mir ganz wichtig. Ich bestärke die Patienten immer nochmals das Gespräch mit ihrem Behandler zu suchen. Mir hat bei der telefonischen Dr. Svenja Tomppert-Wahl Foto: privat Dr. Miersch: Erst mal zuhören, das ist das Wichtigste, um auf die geschilderte Problematik von Eltern und Kindern eingehen zu können. Danach arbeiten wir gemeinsam an einer Problemlösung. Ich denke auch, es ist erforderlich, dass man in der Lage sein muss schnell eine Grunddiagnostik zu stellen. Dr. Thomas Miersch Foto: privat des Patienten, und laufen deshalb auch Gefahr in die Irre geleitet zu werden. Für wichtig erachte ich auch, dass man nicht die eigene Person in den Vordergrund stellt, „also ich hätte das so gelöst“, sondern offen ist für die Behandlungswege, die die Kollegen gewählt haben. Was ist Ihr Eindruck, warum kommen die Patient/innen zu Ihnen in die individuelle Beratung? Was sind ihre konkreten Anliegen? Stehen zahnmedizinische Sachfragen im Vordergrund? Beratung einmal eine Patientin gestanden, dass sie Angst vor ihrem Zahnarzt hätte, das geht natürlich gar nicht. Dr. Miersch: Die meisten Patienten kommen nicht zur Beratung, weil das Vertrauensverhältnis zu ihrem Behandler gestört ist, sondern weil sie bei der Therapieentscheidung bestätigt werden wollen. Meistens deckt sich meine Empfehlung mit dem Vorschlag des Behandlers. Wann ist Ihrer Meinung eine individuelle Beratung gut gelaufen? ZBW 2/2019 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 17 Wann sind Sie persönlich zufrieden? Dr. Tomppert-Wahl: Wenn ich die Patienten beruhigt zu ihrer Zahnärztin/ihrem Zahnarzt zurückschicken kann und damit das Vertrauensverhältnis durch Wissensvermittlung und Aufklärung stärken konnte. Dr. Miersch: Wenn ich die notwendige Unterstützung liefern konnte für eine anstehende Entscheidung. Besonders zufrieden macht es mich, wenn ich Zweifel ausräumen konnte, die sich manchmal bei den Patienten aus den eigenartigsten Gründen aufbauen oder ihren Ursprung in falschen Internetinformationen haben. Können Sie sich an eine kniffelige Beratungssituation erinnern, in der Sie mit den Patient/innen nicht mehr klargekommen sind oder nicht mehr weiterwussten? Und wie geht man mit einer solchen Situation um? Dr. Tomppert-Wahl: Unangenehm ist, wenn die Chemie zwischen den Patienten und mir nicht stimmt. Oder auch wenn die Patienten mich austricksen wollen, auf eine versteckte Art. Das ist beispielsweise der Fall, wenn es in der Beratung eigentlich mehr um eine gutachterliche Bewertung einer abgeschlossenen Behandlung geht und nicht um eine anstehende Behandlung. Schwierig wird es auch immer, wenn keine ausreichenden Unterlagen vorhanden sind, z. B. wenn die Patienten vergessen haben, Röntgenbilder mitzubringen. Dr. Miersch: Schwierige Beratungssituationen sind glücklicherweise sehr selten. Sie entstehen meistens dann, wenn entweder psychische Überlagerungen vorhanden sind oder wenn Argumentationen auftauchen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Sachlage stehen. Wo besteht der höchste Informationsbedarf seitens der Patient/ innen? Dr. Tomppert-Wahl: Der Informationsbedarf ist auch immer sehr stark presseabhängig oder bedingt durch eine gesetzliche Änderung, speziell bei PZR, KFO oder Implantaten. Dr. Miersch: Zu fachlichen Fragen rund um die KFO. Wie beurteilen Sie die Akzeptanz der Patientenberatung bei Ihren Kolleginnen und Kollegen? Haben Sie selbst schon einmal Patienten aus Ihrer Praxis empfohlen, die Patientenberatung in Anspruch zu nehmen? Dr. Tomppert-Wahl: Wir müssen die Akzeptanz bei der Kollegenschaft weiter stärken, indem wir viel Werbung machen wie jetzt im ZBW oder im Patient aktuell. Ich verweise an die individuelle Patientenberatung und das Gutachterverfahren, wenn ich von Patienten in der Praxis angerufen werde, die bei einem Kollegen in Behandlung sind und jetzt von mir eine zweite Meinung möchten. Ich selbst berate in der Praxis sehr ausführlich, aber es kam auch schon vor, dass ich Patienten aus der Praxis zur Patientenberatung geschickt habe. Dr. Miersch: Ich habe den Eindruck, die Kolleginnen und Kollegen sind froh, dass sie Patienten in die Beratung schicken können. Ich würde es auch machen, wenn es notwendig wäre. Die Fragen stellte Andrea Mader Zahnmedizinische Patientenberatungsstelle Baden-Württemberg (ZPB BW) Organisiert und koordiniert Die Zahnmedizinische Patientenberatung wird zentral organisiert und koordiniert von der seit Januar 2014 neu eingerichteten Geschäftsstelle mit Sitz in Stuttgart. Finanziert wird die Institution je zur Hälfte von Kassenzahnärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg und Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg. Sie arbeitet eigenständig auf Basis der Beschlüsse des Verwaltungsrates. Neben der telefonischen Service-Hotline stehen Patienten insgesamt 80 erfahrene, speziell geschulte Beratungszahnärzte zur Verfügung. Die Leitung der ZPB BW obliegt Simone Khawaja (auf dem Bild rechts) seit 2014, vorher war sie angestellt in der Bezirksdirektion Stuttgart der KZV Baden-Württemberg von 2003 bis 2013. Janine Weise (auf dem Bild links) ist Zahnmedizinische Fachangestellte und seit Juni 2016 Sachbearbeiterin der ZPB BW. gr Foto: Andrea Mader www.zahnaerzteblatt.de ZBW 2/2019
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