36_FORTBILDUNG ZBW_2-3/2023 www.zahnaerzteblatt.de 4a 4b Sofortimplantation. Klinische Situation nach atraumatischer Entfernung von Zahn 11 und Sofortimplantation. Das Implantat ist an den palatinalen Anteil der Alveole angelagert. Der entstehende Spaltraum zur bukkalen Lamelle (Jumping Distance) wurde mit dem zuvor aufbereiteten und partikulierten Dentin aufgefüllt (4a). Postoperative DVT-Aufnahme von Regio 11 nach Implantation und Augmentation mit Dentinpartikeln in der Jumping Distance (4b). 5 Eingliederung der Sofortversorgung nach zwei Tagen. Aufgrund der Angulation ist die Prothetikschraube nur über die Vestibulärfläche zugänglich. für die Sofortversorgung. Zwei Tage später wurde die provisorische Krone mit individualisiertem Abutment eingegliedert. Hierbei wurde auf eine Nonokklusion geachtet (Abb. 5). NACHKONTROLLE Die Patientin stellte sich regelmäßig zu Nachkontrollen vor. Nach drei Monaten erfolgte die Implantatkontrolle sowie Messung der Implantatstabilität mittels der Resonanz-Frequenz-Analyse (Neoss ® Penguin RFA, Neoss, Goteborg, Sweden). Dabei wurde die provisorische Krone heruntergeschraubt und der sogenannte Implantatstabilitäts-Quotient (ISQ) mit einem Wert von jeweils 66 gemessen. Ab einem Wert von 65 gilt ein Implantat als belastungsfähig und ausreichend osseointegriert für die weitere prothetische Versorgung. Des Weiteren erfolgte eine Sondierung der Implantatschulter um eventuelle Knocheneinbrüche zu erkennen. Die Untersuchung konnte eine gute Osseointegration des Implantates in regio 11 objektivieren (Abb. 6a). Zudem wurde auf der DVT-Aufnahme eine stabile vestibuläre Lamelle in regio 11 ersichtlich. Die vestibuläre Alveole scheint nahezu keiner Resorption zu unterliegen. Vereinzelt sind Dentinpartikel erkennbar (Abb. 6b). Nach Abschluss der Verlaufskontrollen erfolgte die definitive Versorgung durch den Hauszahnarzt (Abb. 7). EPIKRISE In dem dargestellten Patientenfall konnte der rechte bleibende mittlere Schneidezahn aufgrund einer Komplikation bei der konservativen Therapie nicht erhalten werden. Die Therapie mittels Sofortimplantat und Sofortversorgung, um die bevorstehende Resorption der Extraktionsalveole nach Zahnentfernung als ein unvermeidliches Prozedere bei der Ausheilung 15 zu umgehen, war das Mittel der Wahl für die Patientin. Neben dem Strukturerhalt von Hart- und Weichgewebe bedeutet eine unter den beschriebenen Kriterien durchgeführte Sofortimplantation eine deutliche Reduktion der Patientenmorbidität, der Behandlungszeit und der Kosten 16 . Jedoch kann es auch bei erfahrenen Behandlern zu Komplikationen kommen. Zu den häufigsten Komplikationen zählen: ungenügende Implantatpositionierung, Implantatverlust, unzureichende keratinisierte Mukosa, gingivale Rezessionen und unbefriedigende Ästhetik 17 . Eine erfolgreiche Sofortimplantation erfordert somit eine genaue präoperative Analyse zur Beurteilung der lokalen anatomischen Risikofaktoren. Dabei wird neben den klinischen Befunden auch eine dreidimensionale Bildgebung hinzugezogen 18 . Ebenso ist es wichtig, dass der Patient über das Verhalten nach der Implantation aufgeklärt wird. Wird eine Sofortversorgung eines Einzelimplantates angestrebt, ist eine okklusale Belastung des Implantats zu vermeiden. Sofortimplantate sind anfällig für Makrobewegungen. Dementsprechend ist eine funktionelle Belastung beim Kauen in diesem Bereich zu vermeiden 17 . Eine übermäßige Beanspruchung der Sofortimplantate könnte zum Implantatverlust durch Überbelastung führen 19 . Als Augmentat konnte das Dentin aus dem zuvor extrahierten Zahn 11 verwendet werden. Die zuvor entfernten Weisheitszähne hätten ebenso als Ausgangsmaterial dienen können. Knochenersatzmaterialien werden nach ihrem Ursprung unterschieden. Zu diesen zählen autogene, allogene, xenogene und synthetische Materialien. Bei autologem Dentin wurde dieselbe osteogenetische Potenz wie bei autologem Knochen nachgewiesen 20, 21 . Der Anteil anorganischer Substanzen im menschlichen Dentin beträgt ca.
ZBW_2-3/2023 www.zahnaerzteblatt.de 37_FORTBILDUNG 69 Prozent und der Anteil organischer Bestandteile ca. 17,5 Prozent. Im Vergleich besteht der Alveolarknochen aus ungefähr 62 Prozent anorganischen Komponenten und 25 Prozent organischen Komponenten. Die organische Matrix aus Dentin und Knochen besteht hauptsächlich aus Kollagen Typ I (ungefähr 90 Prozent) und enthält viele nicht kollagene Strukturproteine wie Osteocalcin, Osteonektin, Phosphoprotein und Sialoprotein-I. Ebenso enthält Dentin wie Knochen osteogenetische Wachstumsfaktoren, dazu gehören knochenmorphogenetische Proteine (BMPs), transformierender Wachstumsfaktor-β (TGF-β) oder insulinähnlicher Wachstumsfaktor-2 (IGF-2) 22, 23 . In dem vorliegenden Fall konnte Zahn 11 im genannten Beobachtungszeitraum erfolgreich durch ein Implantat unter Verwendung von autologem Dentin ersetzt werden. Klinische Langzeitstudien, die die Komplikationsraten und die Resorption von autologem Dentin untersuchen, werden benötigt. 6a 6b FAZIT Die Verwendung von autologem Dentin in Kombination mit der Sofortimplantation ist ein mögliches Therapiekonzept für resorptionsstabile Augmentate. Prof. Dr. Michael Korsch, M.A. 1,2 Dr. Abdel-Karim Mamar 1,2 1 Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie, Heidelberg 2 Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Karlsruhe Das Literaturverzeichnis kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: info@zahnarzteblatt.de. www.zahnaerzteblatt.de 0711 222966-14 info@zahnaerzteblatt.de Osseointegration. Klinische Situation 3 Monate postoperativ. Das Implantat regio 11 kann nach Prüfung des ISQ-Wertes definitiv versorgt werden. Eine zusätzliche Ausformung des Emergenzprofils ist nicht zwingend nötig. Die bukkale Breite ist vollständig erhalten (6a). Die bukkale Lamelle zeigt keine Resorption und ist volumenstabil. Das Dentinpartikulat erscheint osseointegriert (6b). 7 Prof. Dr. Michael Korsch, M.A. Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie Heidelberg Dr. Abdel-Karim Mamar Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie Heidelberg Bilder: Prof. Dr. Korsch Kontrolle. 4 Monate nach Implantation mit definitiver prothetischer Versorgung durch den Hauszahnarzt.
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz