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Ausgabe 2-3/2023

20_BERUFSPOLITIK

20_BERUFSPOLITIK ZBW_2-3/2023 www.zahnaerzteblatt.de Kammer Konversation BARRIEREFREIER ZUGANG ZU UNSERER GESELLSCHAFT Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg und Special Olympics Baden- Württemberg (SO BW) haben ihre zum 1. Januar 2018 abgeschlossene Kooperation um weitere fünf Jahre verlängert. An die Vertragsunterzeichnung durch die beiden Präsidenten, Mathias Tröndle und Dr. Torsten Tomppert, schloss sich eine Kammer Konversation an, erweitert um Dr. Guido Elsäßer, LZK-Referent für Inklusive Zahnmedizin, und Florian Rauch, Referent des Gesundheitsprogramms von SO BW. Die Diskussion ging weit über die Inhalte der Kooperationsvereinbarung hinaus. Das Gesprächs-Quartett nahm Fragen einer Gesundheitsversorgung ohne Barrieren ebenso in den Fokus wie die Frage, wie eine inklusive Gesellschaft in der Zukunft aussehen wird. Kooperationsvereinbarung. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert hat bereits 2017 den ersten Kooperationsvertrag mit SO BW unterzeichnet. ZBW: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der letzten fünf Jahre? Warum stand eine Verlängerung außer Frage? Mathias Tröndle: Ich beurteile die Zusammenarbeit als rundum gut. Sie hat sich auf vielfältiger Ebene bewährt. Die Zahnärzte führen das Programm fachlich hervorragend durch und gehen auch menschlich einfühlsam mit unserer Klientel – Menschen mit geistiger Behinderung – um. Menschen mit Behinderung vernachlässigen vielfach ihre Zahngesundheit. Es ist für sie eine große Barriere, zum Zahnarzt zu gehen – hier konnten Sie helfen, Barrieren abzubauen. Dr. Tomppert: Die Zusammenarbeit hat sich sehr positiv entwickelt. Sie ist für uns auch wichtig, weil die Landeszahnärztekammer Schrittmacher im Bereich der Alterszahnheilkunde und der Inklusiven Zahnmedizin auf Bundesebene ist. Mathias Tröndle: Sie haben die Vorreiterrolle der LZK angesprochen. Das geht uns ähnlich, was den Sport betrifft. Ich denke, es haben sich tatsächlich zwei Partner gefunden, die auf ihrem jeweiligen Gebiet – der sportlichen und der medizinischen Ebene – eine bundesweite Vorbild- und Vorreiterrolle einnehmen. Dr. Elsäßer: Die Partnerschaft ist eine absolute Win-win-Situation. Zum einen für die Athleten, die niederschwellig Zahnärzte kennenlernen können. Zum anderen haben Zahnärztinnen und Zahnärzte und zahnmedizinische Mitarbeiterinnen, auch der Arbeitsgemeinschaften, die Möglichkeit, mit erwachsenen Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zwanglos und angstfrei in Kontakt zu treten, Erfahrungen zu sammeln und in ihre Gedankenwelt einzutreten. Mir gefällt auch sehr gut, dass Special Olympics mit Vereinen und Werkstätten kooperiert. Da werden Ängste genommen. Florian Rauch: Die Förderung und Hilfe der LZK ist für uns eine finanzielle Lebensversicherung, die uns die sicherere Durchführung des Gesundheitsprogramms ermöglicht. Hinzu kommt, dass Dr. Elsäßer durch seine Doppelfunktion sowohl bei uns als Landeskoordinator als auch bei der LZK ein großer Türöffner ist. Wir können seine Netzwerke nutzen und das ermöglicht uns, Helfer zu finden, unter anderem Doppelfunktion. Dr. Guido Elsäßer ist LZK- Referent für Inklusive Zahnmedizin und Landeskoordinator von SO BW für das Zahngesundheitsprogramm Special Smiles.

ZBW_2-3/2023 www.zahnaerzteblatt.de 21_BERUFSPOLITIK » Die Förderung und Hilfe durch die LZK ist für uns eine finanzielle Lebensversicherung, die uns die sicherere Durchführung des Gesundheitsprogramms ermöglicht.« Florian Rauch Fotos: A. Mader Erste Amtszeit. Mathias Tröndle ist seit 2020 Präsident von Special Olympics Baden- Württemberg. bei der Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe, die ein wichtiger Partner für uns geworden ist. Was brauchen wir für eine Gesundheitsversorgung ohne Barrieren in Baden- Württemberg? Dr. Elsäßer: Die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderung hat meiner Ansicht nach noch nicht den Stellenwert, den sie haben sollte und könnte. Es gibt Barrieren, die aber mit gutem Willen abgebaut werden können. Ich ziehe immer gerne den Vergleich mit der Pädagogik, die uns Jahre voraus ist. Gleiches gibt es in der Medizin nicht. Die Patienten müssen in unser System passen. Im zahnmedizinischen Bereich haben wir ein sehr starres Konzept. Wir werden nach der Anzahl der Füllungen und nicht nach dem Zeitaufwand bezahlt. Das macht die Behandlung von Menschen mit Behinderung für uns Niedergelassene aus wirtschaftlicher Sicht nicht sehr interessant. Im Grunde genommen läuft die ärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderung auf Kosten unseres ärztlichen Ethos. Die Strukturen in Deutschland sind so, dass das auf unserem Gutmenschsein ausgetragen wird. Das ist auf Dauer kein guter Zustand. Ein Sonderschullehrer verdient das gleiche wie ein Regelschullehrer, obwohl er nur fünf Kinder betreut. Mathias Tröndle: Aus unserer Sicht, und das schließt den Komplex Sport mit ein, mangelt es allerorts an Fachleuten. Außer im Bildungsbereich besteht kaum die Möglichkeit, Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen zu sammeln. Ganz praktisch stellen sich für diese Menschen viele Fragen: Wie komme ich an einen Termin? Wo kann ich parken? Wie sieht es im Gebäude aus? Barrieren können unterschiedlich sein, ein Blinder hat andere Barrieren als ein Rollstuhlfahrer. Grundsätzlich stellt sich auch die Frage: Könnten denn nicht umgekehrt Fachärzte in die Einrichtungen kommen? Dr. Tomppert: Behandlung in Einrichtungen ist ein schwieriges Thema, aber es ist auf der Bundesebene angekommen. Die Bundesversammlung hat beschlossen, auf die Politik zuzugehen, um Kooperationsverträge auch mit Behinderteneinrichtungen zu ermöglichen. Bislang ist die Kooperation nur mit Altenpflegeeinrichtungen möglich. Dr. Elsäßer: Die Lobbyarbeit von SO ist hierfür sehr wichtig. Nicht nur wir Leistungserbringer treten an die Politik heran, sondern auch andere Gruppierungen signalisieren der Politik, dass es hier dringende Bedarfe gibt. Das Beispiel unterstreicht auch, wie wichtig Netzwerke sind. Es muss ein Austausch stattfinden zwischen allen, die sich um Menschen mit Behinderung kümmern, um mit einer Stimme zu sprechen. Und letztlich das zu realisieren, was die Behindertenrechtskonvention von uns erwartet: Vollumfängliche Teilhabe an allen gesellschaftlichen Prozessen, am Sport, an Kultur, an Bildung, an Arbeit und nicht zuletzt an Gesundheitsangeboten. Coronabedingt fanden zwei Jahre kaum sportliche Wettbewerbe und auch kein Gesundheitsprogramm statt. Konnten Sie die Athletinnen und Athleten während der Pandemie trotzdem erreichen? Florian Rauch: Seit dem Ende der nationalen Winter-Spiele in Berchtesgaden 2020 haben wir die Corona-Einschränkungen. Als Erstes haben wir den sogenannten „Gesunden Mittwoch“ ins Leben gerufen. Das sind kurze Videos über Gesundheitsthemen, die wir dann jeden Mittwoch über Social Media ausgestrahlt haben. Zusätzlich haben wir Live-Vorträge mit Experten angeboten, zu denen man sich zuschalten und Fragen stellen konnte. Inzwischen finden sich die fast 70 Videos auf unserem eigenen YouTube-Kanal. Wir sind uns darüber im Klaren, dass keine Social-Media- Aktivität Präsenzveranstaltungen ersetzen kann. Zeitgleich hat Special Olympics Deutschland das kontaktlose Angebot entwickelt. Für Special Smiles bedeutet das rein theoretische Schulungen und Zahnputzübungen am Modell. Inzwischen gilt die strenge Regelung der AG Corona nur noch für Special Smiles und eine weitere Disziplin, Strong Minds. Mathias Tröndle: Corona hat uns auch sportlich schwer gebeutelt. Das Gemeinschaftserlebnis durch den Sport ist

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