6 Leitartikel 65 Jahre Landeszahnärztekammer – ein Fundament gelebter Freiberuflichkeit Der 65. Geburtstag der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg ist ein Anlass zur Freude und zum Feiern. Im Wandel der Zeit hat sich die Kammer als berufspolitische Interessenvertretung der über 12.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte im Land bewährt und kann auf ihre standespolitische Entwicklung mit Stolz zurückblicken. Doch gesellschaftliche und professionsinterne Veränderungen stellen die Kammer vor große Herausforderungen. Wie muss sie sich positionieren, um zahnärztliche Freiberuflichkeit zukunftsfähig gestalten zu können? In den letzten 65 Jahren hat sich die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts rasant verändert. Früher wurde sie von vielen Kolleginnen und Kollegen kaum wahrgenommen und für die Gesellschaft vermittelte sie den Eindruck einer Honoratiorenverwaltung. Doch die erfolgreiche Adaption der Kammer an veränderte gesellschaftliche und gesetzgeberische Rahmenbedingungen sowie den medizinisch-wissenschaftlich-technischen Fortschritt hat eine flexibel agierende und innovative berufspolitische Selbstverwaltung entstehen lassen. Als Innovationen im Fortbildungsbereich sind beispielsweise die stetig neuentwickelten Fortbildungsformate zu nennen oder die bundesweit erstmalige Etablierung diverser Aufstiegsfortbildungen im Bereich der zahnmedizinischen Fachangestellten bis hin zum/zur Dentalhygieniker*in, was sich qualitätsfördernd auf die zahnärztliche Fortbildung der Kollegenschaft wie auch für den Mitarbeiterbereich auswirkte. Sowohl mit der Gründung des Informationszentrums Zahngesundheit 1990 als auch mit der Etablierung einer kostenfreien allgemeinen und individuellen zahnärztlichen Patientenberatung Anfang der 90er-Jahre hat die Kammer den Beratungsbedarf der Patienten erkannt und damit ein Instrument des Vertrauens zur Bevölkerung aufgebaut. Diese Eigeninitiativen der Zahnärzteschaft mit hoher Innovationskraft kommen auch im Bereich der Kinder- und Jugendprophylaxe oder in der Alters- und Behindertenzahnheilkunde zum Ausdruck. Die damit verbundenen Präventionserfolge signalisieren der Politik, dass der zahnärztliche Berufsstand die Interessen des Gemeinwohls verantwortungsvoll wahrnimmt und entscheidend dazu beiträgt, die Mundgesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Die hohe gesellschaftliche Bedeutung der Kammer, rechtlich verankert auf Basis des baden-württembergischen Heilberufe-Kammergesetzes, resultiert aus ihrem unbestreitbaren Mehrwert für den Staat, der von hoheitlichen Aufgaben entlastet wird, da die Kammer eigenverantwortlich die beruflichen Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder organisiert, kontrolliert und hohe Qualitätsstandards sichert. Das Prinzip gelebter Freiberuflichkeit und der Subsidiaritätsgedanke haben sich damit zuverlässig etabliert. Das heißt für mich im Klartext: Ohne Kammer geht es nicht! Für die Kollegenschaft erhebt die Kammer den Anspruch, ein Stück berufliche Heimat zu sein oder zu werden, sich um alle beruflichen Belange zu kümmern und hilfreiche Lösungen für eine leichtere und unbürokratische Berufsausübung anzubieten, die das gesamte Berufsleben vom Eintritt bis hin zum Ruhestand umfassen. Der praktische Nutzen dieses Anspruchs zeigt sich in dem umfangreichen Service- und Beratungsangebot der Kammer, die sich erfolgreich zu einem kollegenfreundlichen zahnärztlichen Kompetenz- und Dienstleistungszentrum weiterentwickelt hat. Die gegenwärtigen Herausforderungen für die Kammer bestehen in Bezug auf ihre Außenwirkung darin, konsequenter als bisher freiberufliche Werte und Handlungsspielräume auf Bundes- und Länderebene zu verteidigen. Mittels ausgefeilter Strategien und mit stärkerer Präsenz vor Ort müssen die verantwortlichen Stakeholder, die des Öfteren auch in Brüssel und Straßburg sitzen, vom Nutzen der Freiberuflichkeit und ihren Vorteilen für die Patienten überzeugt werden. Ebenso gilt es weiterhin, eine betriebswirtschaftlich notwendige und gegenüber der zahnärztlichen Tätigkeit respektvolle Erhöhung des GOZ-Punktwertes in Form einer regelmäßigen nominallohnindexierten Dynamisierung einzufordern. Besonders wichtig wird die klare Positionierung der Kammer gegenüber fremdinvestorengesteuerter Zahnärztegesellschaften sein, um der Kommerzialisierung der Medizin entgegenzusteuern und nicht zuzulassen, dass der Arztberuf auf rein privatwirtschaftliche Denkweisen reduziert wird. Nach innen gerichtet spielt die Kammer aufgrund ihrer Integrationsfunktion eine Schlüsselrolle bei der zukünftigen Entwicklung der zahnärztlichen Profession. Einerseits, um die Einheit des Berufsstandes zu bewahren, und anderseits, um berufsständische Lösungen und Orientierung für die neuapprobierte Kollegenschaft sowie für den größer werdenden Anteil an Zahnärztinnen und angestellt Tätigen anzubieten. Das alles ist zu koordinieren und umzusetzen. Dazu muss die Kammer intensiver als bisher die nachrückenden Zahnärztegenerationen motivieren, sich zur Kammerwahl zu stellen, um ehrenamtlich aktiv in den Kammergremien eigene freiberufliche Gestaltungsspielräume zu erhalten und nutzen zu können. Das ist unsere berufsständische Zukunft, für die wir arbeiten und kämpfen! Machen auch Sie mit! Dr. Torsten Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg ZBW 4/2020 www.zahnaerzteblatt.de
Berufspolitik 7 Universitätsklinikum Freiburg Erste zahnärztliche Corona-Ambulanz in Baden-Württemberg Das Universitätsklinikum Freiburg hat letzte Woche im Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde eine zahnärztliche Notfallambulanz für COVID-19 infizierte Patient*innen eingerichtet. Zuvor hatte sich LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert mit einem Schreiben an alle vier Landesuniversitätskliniken und dem Vorschlag für die Einrichtung einer zahnärztlichen Notfallambulanz für infizierte Patient*innen gewandt. Das ZBW hat mit dem ärztlichen Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie in Freiburg, Prof. Dr. Elmar Hellwig über die erste Corona-Ambulanz in Baden-Württemberg gesprochen. ZBW: War das Schreiben des LZK-Präsidenten der Anlass für die Einrichtung der Ambulanz in Freiburg? Oder hatten Sie bereits vorher entsprechende Überlegungen angestellt? Haben Sie sich mit Ihren Kolleg*innen an den anderen baden-württembergischen Kliniken ausgetauscht? Werden die anderen drei Kliniken in Tübingen, Ulm und Heidelberg nachziehen? Prof. Hellwig: Natürlich haben wir schon vorher überlegt, wie wir mit an CO- VID-19 erkrankten Patienten umgehen. Das Schreiben hat dann letztlich den Anstoß dazu gegeben, diese Notfallambulanz einzurichten. Bezüglich der anderen Universitätsklinika kann ich wenig sagen. Letztlich liegt die Einrichtung einer derartigen Ambulanz in den Händen der dortigen Klinikumsleitung und hängt von zahlreichen Faktoren, wie z. B personeller, räumlicher und apparativer Ausstattung ab. Da die ambulanten Bereiche der Universitätsklinika nicht in den Sicherstellungsauftrag der KZV eingebunden sind, besteht auf jeden Fall keine automatische Verpflichtung dazu. Leider wurde das in verschiedenen überregionalen Zeitungsartikeln artikuliert und führte zu einer Baden-Württemberg. Das Universitätsklinikum Freiburg hat eine zahnärztliche Notfallambulanz für COVID-19 infizierte Patient*innen eingerichtet. Verunsicherung der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Ab wann ist die Ambulanz einsatzfähig? Die Ambulanz ist seit dem 20.3.2020 einsatzfähig. Sie steht jeden Tag von 16.00 bis 17.00 Uhr und am Freitag von 11.00 bis 12.00 Uhr für nachweislich infizierte Patienten zur Verfügung. Die Patienten kommen über einen eigenen Eingang in die Klinik und werden in einem gesonderten Raum behandelt, damit sie nicht mit den anderen Patienten in Kontakt kommen. Wie viele Zahnärzt*innen arbeiten dort? Momentan arbeitet dort ein zahnärztliches Team (Zahnärztin/ Zahnarzt und ZFA). Haben Sie ausreichende Schutzausrüstung? Über den Krisenstab des Universitätsklinikums wurde uns die entsprechende Schutzkleidung zur Verfügung gestellt. Foto: AdobeStock/peterschreiber.media Ist die Ambulanz so gedacht, dass die niedergelassenen Kolleg*innen CO- VID-19 Verdachtsfälle bzw. Infizierte zu Ihnen in die Ambulanz schicken können? Ja, die Kolleginnen und Kollegen können nachweislich infizierte Patienten in die Ambulanz schicken. Dazu sollten sie möglichst vorher in der Zahnklinik anrufen. Allerdings können wir aus Kapazitätsgründen keine Verdachtsfälle aufnehmen, da wir diese Patienten ja dann zum Test schicken müssten. Das muss vorher passieren. Dann kann sich der Patient mit positivem Testergebnis auch direkt bei uns melden. Mit welchem Patientenaufkommen rechnen Sie? Zunächst einmal dürften sich nur wenige infizierte Patienten bei uns melden, aber das ist momentan schwer zu sagen. Wie man der Presse entnehmen kann, soll ja auch in Deutschland (ähnlich wie in Südkorea) zukünftig häufiger und schneller getestet werden, dann wird die Anzahl sicher zunehmen. Die Fragen stellten Andrea Mader und Dr. Norbert Struß www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2020
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