50 Praxis Der GOZ-Ausschuss informiert Funktionsanalytische Leistungen und ihre medizinische Notwendigkeit „Die medizinische Notwendigkeit der funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Leistungen (Ziffern 8000 bis 8100 GOZ) im Zusammenhang mit der hier geplanten Maßnahme ist nicht nachvollziehbar! Eine Kostenzusage ist daher nicht möglich“. So oder ähnlich erfolgen immer wieder Rückmeldungen der Kostenerstatter in Schreiben an ihre versicherten Kunden. Auch die Beihilfe verneint des Öfteren, es lägen keine Indikationen für genannte Leistungen vor. Wenn, dann „müssten diese „Kiefergelenk- und Muskelerkrankungen“ usw. lauten. Die in einem Fall genannte Begründung „muskuläre Verspannungen …“ konnten oder wollten von der Beihilfe nicht dem Begriff „Muskelerkrankung“ treffend zugeordnet werden. Ein Argument zur Nichterstattung ist oft, die Kosten seien bereits in den jeweiligen Zahnersatzkosten enthalten. Dies ist nicht zutreffend. Die GOZ-Positionen 8000 ff. beschreiben funktionsanalytische bzw. funktionstherapeutische Leistungen Kapitel J der GOZ und sind schon deshalb formal nicht Bestandteil der Zahnersatzleistungen, GOZ Kapitel F. Kommentar der BZÄK. Im Kommentar der Bundeszahnärztekammer heißt es: „Die klassische klinische Funktionsanalyse dient der Feststellung von Erkrankungen oder Veränderungen in der Funktion des craniomandibulären Systems (Craniomandibuläre Dysfunktion/CMD). Diese können sowohl die Zähne als auch Knochen, Gelenke, Muskulatur, Innervation und Gefäße in ihrer Funktion beeinflussen. Die Diagnostik dieser Störungen wird durch die klassische klinische Funktionsanalyse eingeleitet. Diese umfasst das Zusammentragen und Beurteilen der Ergebnisse unterschiedlicher Einzeltests (Palpation, Auskultation, nicht instrumentelle Erfassung der Kieferbewegungen). Funktionsanalytische oder -therapeutische Leistungen können nicht Bestandteil von Zahnersatzleistung sein. LZK-Beschluss. Der GOZ-Ausschuss der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg formuliert seinen Beschluss vom 16.10.2013 wie folgt: „Die in der Berechnungsbestimmung der GOZ-Nr. 2200 bis 2220 und 5000 bis 5040 erwähnte „Relationsbestimmung“ stellt eine einfache Bissnahme ohne Berücksichtigung funktioneller Parameter dar. Der Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 8010 „Registrieren der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers“ (Zentrik) beschreibt eine selbstständige funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistung, die auch im Zusammenhang mit der Herstellung von Einzelkronen und Brücken notwendig werden kann.“ Oft wird die medizinische Notwendigkeit infrage gestellt. Aber woher will eine Versicherung oder Beihilfe wissen, dass die funktionsanalytischen Leistungen nicht notwendig sind? Hat sie den Patienten untersucht? Rechtsprechung. An Urteilen hierzu seien erwähnt: Das OLG Hamm (26U 116/14), 26. April 2016, bestätigte die Pflicht zur Funktionsanalyse. Eine nicht durchgeführte Funktionsanalyse und ein Unterlassen einer funktionellen Therapie führten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in fünfstelliger Höhe. Das OLG München (18. Januar 2017, 3U 5039/13) folgte dem Sachverständigen, demzufolge ein Screening hinsichtlich einer CMD vor einer prothetischen Behandlung ärztlicher Standard sei. Problematisch ist, dass funktionsanalytische Leistungen keine vertragszahnärztlichen Leistungen sind. Übrigens sollen Leistungen nach GOZ 8000-8100 nicht in Anlage 2 zum Heil- und Kostenplan aufgeführt werden, sondern in einer schriftlichen Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z (neu). Hier kann dann auch der Heil- und Kostenplan nach GOZ-Nr. 0040 aufgeführt sein. Berechnungswege. Die Nr. 8000 GOZ ist je klinische Funktions analyse und im Indikationsfall bei geänderter klinischer Situation je erneute klinische Analyse berechnungsfähig. Die klassischen klinischen Untersuchungsmethoden sind Inspektion, Palpation und Auskultation. Andere Untersuchungsmethoden sind nicht enthalten. Erwähnt in der Leistungsbeschreibung der Nr. 8000 GOZ „Funktionsanalyse“ sind der Resilienztest als orientierender Test auf Gelenkkompression und der Provokationstest zur Schmerzreproduktion. Typischerweise ist der CMD- Kurzbefund nach Ahlers/Jakstat der GOZ-Nr. 8000 zuzuordnen. Die DGFDT nennt weitere eigenständige Leistungen wie Manualdiagnostik, orthopädisches Screening etc. Diese sind – da nicht in der GOZ aufgeführt und selbstständige Leistung – nach § 6 Abs. 1 analog berechenbar. Voraussetzung für die Berechnung der GOZ-Nr. 8000 ist die Dokumentation und die Auswertung der Befunde. Ein spezielles Formblatt kann hilfreich sein, ist aber nicht Voraussetzung zur Abrechenbarkeit. Die Dokumentation der GOZ 8000 wird in der Karteikarte durchgeführt. Autorenteam des GOZ-Ausschusses der LZK BW ZBW 4/2020 www.zahnaerzteblatt.de
Praxis 51 Foto: AdobeStock/dizain Informationen für die Praxis Quecksilber im Abwasser Quecksilber ist ein giftiger und umweltgefährdender Gefahrstoff. Um eine weitere Einleitung in die Umwelt zu reduzieren, ist als völkerrechtlicher Vertrag das Minamata-Übereinkommen seit dem 16. August 2017 in Kraft getreten. Die neue EU-Quecksilberverordnung regelt zusätzlich seit dem 1. Juli 2018 unter anderem die Verwendung von dentalem Amalgam, welches Quecksilber enthält. Dieses wird beim Ausbohren alter Füllungen oder der Herstellung neuer Amalgam-Restaurationen relevant. Pflicht. In Deutschland sind seit 1993 Amalgamabscheider mit einem Abscheidewirkungsgrad von mindestens 95 Prozent Pflicht an den Behandlungseinheiten einer Zahnarztpraxis, wo amalgamhaltiges Abwasser in der Patientenbehandlung anfällt. EU. Seit dem 1. Januaer 2015 gibt es in der EU eine Düngemittelverordnung, die den bisherigen Grenzwert für die Menge an Quecksilber im Klärschlamm von acht auf ein mg/kg Trockensubstanz (TS) reduziert hat. In manchen Kommunen übersteigen Klärschlämme in den Kläranlagen die geforderten Grenzwerte der Düngemittelverordnung. Dies hat zur Folge, dass die Klärschlämme sehr teuer entsorgt werden müssen. Und hier stehen wir als Zahnärzte mit im Verdacht, die Verursacher zu sein, da manche betroffene Kommunen die Leistung der Amalgamabscheider als sogenannte Partikelabscheider für nicht ausreichend einschätzen. Die Schadstoffeinleitung in die Abwassersysteme kann rückverfolgt werden und der Verursacher kostenpflichtig zur Kanalsanierung und Entsorgung der Klärschlämme belangt werden. Risiken. Kann es sein, dass wir trotz der Installation von Amalgamabscheidern und der Durchführung der gesetzlich geforderten Wartungs- und Prüfungsfristen, zu viel Quecksilber in die Abwässer einleiten? Realistische Gefahren hierfür gibt es durchaus. Macht eine größere Praxis sehr viele Amalgamfüllungen und entfernt auch entsprechend viele Amalgamfüllungen, können die erlaubten fünf Prozent Resteinleitung die geforderten Grenzwerte überschreiten. Weiterhin besteht die Gefahr einer Amalgameinleitung in das Abwasser bei Reinigungsarbeiten der Absauganlage, wenn Filtersiebe oder Absaugschläuche gespült und gereinigt werden. Hierbei darf das abfließende Wasser nicht über Reinigungsbecken oder das WC in das Abwasser gelangen. Es muss gesammelt und in die Speibecken der Behandlungseinheiten gespült werden, um eine Amalgamabscheidung zu ermöglichen. Ebenso besteht ein Risiko bei Gebäuden, in den schon Zahnarztpraxen vor 1993 betrieben wurden. In den Abwasserleitungen können Amalgamschlämme abgelagert sein, die bei Reparaturoder Wartungsarbeiten mobilisiert werden können. Praxistipp. Um sich vor den hiermit verbundenen finanziellen Risiken zu schützen, sollte der Praxisinhaber prüfen, ob seine Berufshaftpflicht dieses Risiko abdeckt und gegebenenfalls die Versicherungspolice anpassen. PRAXIS-Handbuch. Informationen über die Abfallentsorgung in einer Zahnarztpraxis finden Sie im PRAXIS-Handbuch auf der Homepage der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg unter https://lzkbw.de wie folgt: „ZAHNÄRZTE“ >>> unter der Rubrik „Praxisführung“ auf das „PRAXIS-Handbuch“ >>> nochmal auf „PRAXIS-Handbuch“ >>> Schaltfläche „2. Qualitätssicherung in der Zahnarztpraxis“ >>> „2.12 Entsorgung“. Für den Praxisführungsausschuss der LZK BW Dr. Carsten Ullrich, Mannheim www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2020
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