34 Fortbildung bewährt, hier sollten zunächst die Lippen mit Vaseline isoliert werden. Der zusätz liche Einsatz eines Lippenretraktors ist hilfreich. Abb. 4 Zahnzwischenraumreinigung mit unterschiedlichen Interdentalbürsten (Abb. 4). Abb. 5 Scalereinsatz am Retainer (Abb. 5). Abb. 6 Zahnseide zur Interdentalraumpolitur (Abb. 6). (Abb. 2). Hier sollte auf ein Lob nicht verzichtet werden, um den Patienten nicht dauerhaft zu demotivieren. Der Einsatz eines Plaquerevelators ist von Vorteil (Abb. 3a und b) 26 . Dieser macht dem Patienten wie auch dem Prophylaxeteam den meist nicht sofort zu erkennenden Zahnbelag sichtbar und dient bei der folgenden professionellen Biofilmentfernung zur Qualitätssicherung. Der Einsatz von flüssigen Revelatoren hat sich Motivation und Instruktion. Die regelmäßige häusliche mechanische Entfernung des mikrobiellen Biofilms ist der entscheidende Faktor für eine nachhaltige Mundgesundheit. Laut der aktuellen S3-Leitlinie „Häusliches mechanisches Biofilmmanagement in der Prä vention und Therapie der Gingivitis“ sollte dem Patienten, unabhängig vom verwendeten Zahnbürstentyp (Handzahnbürste – elektrische Zahnbürste), eine Bürstdauer von zweimal täglich zwei Minuten empfohlen werden 27 . Generell ist eine Bürste mit kleinem Kopf zu empfehlen, um auch schwer zugängliche Bereiche zu erreichen. Wichtiger als die Fokussierung auf eine Putztechnik ist allerdings die Etablierung einer Putzsystematik, um reproduzierbar möglichst viele Regionen der Mundhöhle zu erreichen. Unverzichtbar ist der zusätzliche Einsatz von Hilfsmitteln zur Interdentalraumreinigung. Hier sollten aufgrund nachgewiesener besserer Wirk sam keit bevorzugt Zwischenraumbürsten verwendet werden (Abb. 4) 27 . Um einen möglichst effizienten Einsatz zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Instruktion und Anpassung der entsprechenden Bürstengrößen unerlässlich. Bereiche, die für Zwischenraumbürsten nicht zugänglich sind, sollten mit Zahnseide gereinigt werden. Im Vergleich zum Zähneputzen mit der Bürste allein hat der Einsatz von Zahnpasten keinen zusätzlichen Effekt bei der Gingivitisreduktion. Aus kariologischer Sicht ist der Einsatz von fluoridhaltigen Zahnpasten allerdings empfehlenswert. Bei freiliegenden Wurzeloberflächen und/oder Hypersensibilitäten sind Zahnpasten mit desensibilisierenden Inhaltsstoffen oder mit erhöhtem Fluoridgehalt (rezeptpflichtig) von Vorteil. Implantate sollten auf dieselbe Weise wie der natürliche Zahn vom Patienten gereinigt werden 27 . Entfernung harter und weicher Ablagerungen. Die Kombination aus maschineller und manueller Instrumentation ist ein effizientes Vorgehen zur Entfernung mineralisierter Ablagerungen. Da die Leistungsbeschreibung der Professionellen Zahnreinigung (1040 GOZ) ausschließlich die supragingivale/ gingivale Entfernung von Be lägen vorsieht, ist bei der Handinstrumentation der Einsatz von Scalern ausreichend (Abb. 5). Bei der maschinellen Instrumentation kann – in Abhängigkeit von Art (Härte) und Menge der Ablagerungen – zwischen der Schall- und der Ultraschalltechnologie (piezoelektrisch/magnetostriktiv) gewählt werden, wobei die Ultraschalltechnologie zu glatteren Oberflächen führt 28,29 . Im Anschluss werden alle Zwischenräume mit Zwischenraumbürsten oder Zahnseide gereinigt (Abb. 6). Zur Entfernung des Biofilms/nicht mineralisierter Beläge rückt die Pul- ZBW 4/2020 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 35 verstrahltechnik immer mehr in den Fokus, da hiermit eine sehr effiziente und trotzdem gewebeschonende Entfernung der Beläge möglich ist. Die Wahl des richtigen Pulvers ist von entscheidender Bedeutung: So kann mit den wenig abrasiven Glycin-, Trehalose- oder Erythritolpulvern eine besonders schonende Biofilmentfernung auf der gesamten erreichbaren Zahnoberfläche ohne kritischen Substanzverlust bis zu einer Sondiertiefe von etwa 5 mm mit den üblichen Handstücken erreicht werden (Abb. 7) 30 . Glycinpulver ist aktuell am besten untersucht, zu Erythritol- und Trehalosepulvern liegen derzeit kaum Publikationen vor. Erythritol wird als Glycinäquivalent mit ähnlichen Eigenschaften angesehen 31 . Möglicherweise entsteht nach dem Einsatz von Erythritolpulver eine Oberfläche, die die bislang übliche Abschlusspolitur mit einer Polierpaste überflüssig machen könnte 32 . Hochabrasive Pulver auf der Basis von Natriumbicarbonat, Aluminiumhydroxid oder Calciumcarbonat sollten hingegen ausschließlich supragingival auf intaktem Zahnschmelz eingesetzt werden 33 . Abb. 7a Kontrolle und Fluoridierung. Neben der eingehenden Abschlusskontrolle gehört die Applikation eines fluoridhaltigen Präparats für einen nachhaltigen Kariesschutz und/oder zur Therapie von Überempfindlichkeiten zum Leistungsumfang der Position 1040. Bei uns kommt aufgrund der überlegenen Langzeitwirkung in der Regel ein Fluoridlack zum Einsatz. Terminvergabe. Im Idealfall verlässt kein Patient ohne neuen (Prophy laxe-)Termin die Praxis. Je nach Risiko empfiehlt sich ein Intervall von 6–12 Monaten, wobei bei Parodontitispatienten in der UPT das Intervall kürzer ist. Jeder PZR-Termin wird bei uns stets in Verbindung mit einer zahnärztlichen Unter suchung/ Kontrolle terminiert, auch um die Grundsätze der Delegation zu berücksich tigen 34,35 . Fazit. Die Datenlage zur Notwendigkeit einer prophy laktischen Zahnreinigung und deren erforderlicher Häufigkeit ist nicht eindeutig 18 . Der Nutzen einer optimalen Mundhygiene ist jedoch unbestritten 36,37 . Sie wird jedoch ohne externe professionelle Hilfe nur von einem sehr kleinen Anteil der Bevölkerung erreicht; somit profitiert die Mehrzahl der Patienten von einem individualisierten Prophylaxeprogramm, das Faktoren wie die Quali tät der Mundhygiene, individuelle Plaque nischen und Schwachstellen, anamnestische Hintergründe wie familiäre Häufung und individuelle Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes usw. berücksichtigt. Die PZR sollte immer mit einer MHI gekoppelt werden 18 . Eine alleinige MHI erscheint trotz vorhandener Evidenz in vielen Fällen aus praktischer Sicht nicht ausreichend, falls beispielsweise bereits mineralisierte Auflagerungen oder Erkrankungen wie Gingivitis bestehen. Durch die PZR können so Mundhygienedefizite kompensiert und wieder die Voraussetzungen (Hygienefähigkeit!) für eine optimale häusliche Mundhygiene geschaffen werden. Abb. 7b Pulverstrahlgerät – supragingivale Anwendung (Abb. 7 a und b). Die regelmäßige Betreuung bietet weitere Vorteile, sofern sie auch ein regelmäßiges sorgfältig durchgeführtes parodontales Screening unter Verwendung einer Parodontalsonde beinhaltet: Parodontale Erkrankungen werden früher erkannt und die Entwicklung schwerer Er krankungsformen aufgrund rechtzeitiger Therapie vermieden. Falls bereits eine Parodontitis vorliegt, hat sich ein nach individuellem Risiko und Befund modifi ziertes Vorgehen in der UPT bewährt 38 – Parodontitispatienten sollten zeitlebens betreut werden 10,20 . Für die Praxis macht es Sinn, Patienten den Unterschied zwischen PZR, MHI und UPT dar zustellen und individuell das optimale Maß nahmenpaket zu schnüren. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www. zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Dr. Steffen Rieger M. Sc. DH Karolin Staudt Prof. Dr. Johannes Einwag Zahnmedizinisches Fortbildungszentrum (ZFZ) Stuttgart Fotos: Dr. Rieger Nachdruck mit freundlicher Genehmigung Parodontologie 1/2020 www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2020
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