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50 Jahre Zahnärzteblatt

Ausgabe 1/2023

14_TITELTHEMA ZBW_1/2023

14_TITELTHEMA ZBW_1/2023 www.zahnaerzteblatt.de Hört man Dr. Holfeld heute zu, stellt man fest, wie sehr er sich stets um Ausgleich bemühte und auch bemühen musste. In seiner Zeit gab es noch acht Körperschaften (vier KZVen und vier BZKen), die recht selbstbewusst agierten und daher auch hin und wieder untereinander im Clinch lagen. Sein Lob für die einigende Institution der Kammer fällt daher recht euphorisch aus: „Jeder Kollege, der den baden-württempolitikern*innen eine Plattform boten, die zu Diskussionen einlud und weiterhin einlädt. Schriftleiter*in zu sein ist in erster Linie eine dienende Funktion, das gilt besonders für eine Publikation wie des Zahnärzteblatts, das in erster Linie der Herausgeberschaft verpflichtet ist, der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Landeszahnärztekammer. Auf der anderen Seite aber fühlten bereits die ersten Schriftleiter, Prof. Dr. Heinz Spranger und Dr. Jo Wiech, eine starke Verpflichtung ihren Lesern*innen gegenüber. Prof. Spranger, der im August 2019 verstorben ist, schrieb zum 45-jährigen Jubiläum in einem Brief an die Redaktion: „Wir haben mit dem ZBW Wissen zum Anfassen präsentiert und auf diese Weise konnten sich Berufspolitiker auf aufbereitete Recherchen, Berichte und Exposés stützen.“ Das „Wissen zum Anfassen“ bestand zum Beispiel in einer auf Extra-Papier gedruckten „Checkliste für Notfälle“, die zum Herausnehmen gedacht war und den Lesern*innen damals einen echten Mehrwert bot. Das Heft war auch lange Zeit fortlaufend durchnummeriert; es war wohl daran gedacht, dass die Leser die einzelnen Jahrgänge binden lassen, um jederzeit Themen „von epochaler Bedeutung“ zur Hand zu haben. VOR- UND NACHDENKER Das Editorial, nach wie vor ein Eckpfeiler des Zahnärzteblattes, wurde in einer festgelegten Reihenfolge von Vertretern*innen der Herausgeberorganisationen dazu genutzt, zu aktuellen Problemen Stellung zu nehmen. Dr. Wiech, damals Zahnarzt in Stuttgart-Münster, griff oft mit ordnender Hand ein und wusste aus eigener Erfahrung, dass ein Zahnarzt nach einem arbeitsreichen Tag nicht mit „unübersichtlichem Material und undisziplinierter Polemik“ konfrontiert werden wollte. Dr. Wiech übernahm 1975 die Schriftleitung allein. Publizistische Erfahrungen hatte er schon aus seiner Zeit als Schriftleiter der Zahnärztlichen Informationen des Freien Verbands in Baden-Württemberg. Prof. Spranger, damals Oberarzt an der prothetischen Abteilung der Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mundund Kieferkrankheiten der Universität Tübingen, hatte einen Ruf nach Frankfurt angenommen, wo er eine Professur für Parodontologie übernahm. Später wurde er Gründungsdekan der zahnmedizinischen Fakultät der Uni Witten/Herdecke. ÜBER DEN TELLERRAND Gemeinsam mit Johann Glück, damals Geschäftsführer der BZK und stellvertretender Geschäftsführer der KZV Tübingen, der zunächst als Geschäftsführer im Impressum auftaucht, später aber dem ZBW über lange Jahre auch als Schriftleiter gedient hat, öffnete Dr. Wiech das Blatt für neue Rubriken und führte u. a. einen Pressespiegel ein, der zahnmedizinische Themen weit über den Tellerrand des Bindestrich-Ländles hinaus für die Leserschaft aufbereitete. Dr. Wiech, von 1981 bis 1984 Vorsitzender der BZK Stuttgart, konnte 2022 seinen 90. Geburtstag feiern. Das ZBW, das er nach acht Jahren in gute Hände abgab, hat er in guter Erinnerung, auch wenn er die Standes- und Berufspolitik nur noch am Rande verfolgt und mit einer gewissen Wehmut an die Zeit zurückdenkt, in der der Zusammenhalt unter der Kollegenschaft größer war als heute. SEIN HERZBLATT Die guten Hände, in die das Blatt 1981 kam, gehörten einer „Persönlichkeit, die die seltene Gabe der politischen Witterung“ besaß. Das jedenfalls sagte LZK-Präsident Dr. Hans-Dieter Schwieder über Dr. Hans-Henning Holfeld. Der niedergelassene Zahnarzt war 16 Jahre lang Hauptschriftleiter, was neben der eigenen Praxis eine „riesengroße Belastung“ darstellte, wie er heute im Rückblick auf sein „ehemaliges Herzblatt“ feststellt. Da er jedoch eine ausgesprochene Begabung zum Schreiben hatte und mit „Feder und Bohrer“ umzugehen wusste, konnte er seine Gedanken ziemlich rasch zu Papier bringen bzw. diktieren. Berichte über einen Kongress, der am Samstag zu Ende ging, wurden am Sonntag verfasst und am Montag hatte er den Kopf frei für die Praxis. In dieser hat er bis zum 71. Lebensjahr gearbeitet, sehr erfüllt von dem Beruf und der Zuwendung zu seiner Patientenschaft. Dr. Holfeld, der 1943 im Sudetenland geboren ist, war wie sein Vater am Stuttgarter Katharinenhospital als Oralchirug tätig, ehe er sich in eigener Praxis niederließ. Als seinen Ziehvater, der ihn zum ZBW brachte, bezeichnet er Dr. Schwieder, der bis 1993 LZK-Präsident war und nicht nur in den Augen von Dr. Holfeld ein Grandseigneur alter Schule. Gelingen konnte die Arbeit für das Blatt aber nur, weil er sich auf zwei Menschen besonders verlassen konnte: Das waren Direktor Glück, ein nimmermüder Streiter für den Berufsstand, und Friederike Fritz, die nicht nur seine Texte tippte, den Klebeumbruch betreute, und streng auf die Abgabetermine achtete, sondern auch die Zusammenarbeit mit Verlag und Druckerei fest in Händen hielt.

ZBW_1/2023 www.zahnaerzteblatt.de 15_TITELTHEMA Dr. Jo Wiech, Dr. Hans-Henning Holfeld und Dr. Franz-Josef Willmes (v. l.). Fotos: Archiv Johann Glück, Johannes Clausen und Cornelia Schwarz (v. l.). bergischen Überlebens-Pragmatismus kennt und weiß, dass Kompromissbereitschaft zum Weiterleben das höchste Gut ist, anerkennt die Leistung dieser Kammer … Insofern sollte jeder Kollege froh sein, im Ländle bohren und wirken zu können, denn trotz aller Verböserungen hat der Zahnärztestand in Baden- Württemberg nicht nur sein Auskommen, sondern auch seine öffentliche Anerkennung.“ Stolz ist Dr. Holfeld auch auf die ZBW-Beilage der Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte für deren Text und Gestaltung er lange Jahre verantwortlich zeichnete. PRAXIS UND WISSENSCHAFT Neben Dr. Holfeld als Hauptschriftleiter weist das Impressum ab 1991 auch Dr. Franz-Josef Willmes als Schriftleiter aus. Dr. Willmes, damals in Ulm niedergelassen, war von 1997 bis 2000 auch zugewähltes Mitglied der Landeszahnärztekammer. Aus seiner Zeit als Berichterstatter für das Zahnärzteblatt sind ihm besonders die Lindauer Tagungen in Erinnerung, von denen er voll Wärme spricht. Dr. Willmes, heute in Burgrieden ansässig, hat 50 Jahre in eigener Praxis gearbeitet und erst vor drei Jahren seine zahnärztliche Tätigkeit aufgegeben – auch er ein Mann, der Praxis und Wissenschaft, Standespolitik und die täglichen Erfahrungen in der Praxis in Einklang zu bringen vermochte. In Übereinstimmung zu bringen gab es einiges im ZBW, auch landsmannschaftlich, denn Baden und Württemberg waren nur mühsam zusammengewachsen, Unterschiede zwischen Schwaben, Alemannen, Franken und Kurpfälzer traten noch lange deutlich zu Tage. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass LZK- Präsident Dr. Rüdiger Engel 1998 in seiner Würdigung zum 25-jährigen Bestehen des ZBW davon schreibt, dass das Blatt über die „elementaren Aufgaben der Information und Fortbildung“ auch zur besseren Verständigung der Landesteile und zur „Stärkung des Gemeinschaftsgefühls im historisch noch jungen Baden-Württemberg“ beigetragen habe. ZÄSUREN 1997 gab es eine Zäsur, erstmals übernahm ein Journalist die Schriftleitung. Johannes Clausen, seit 1990 Leiter des neu gegründeten Informationszentrums Zahngesundheit“ (IZZ), übernahm die Chefredaktion. LZK-Präsident Dr. Schwieder schrieb damals: „Als Leiter konnten wir Herrn Johannes Clausen gewinnen, der es mit Geschick und seinen guten Kontakten verstand, in kürzester Zeit aktive und lebendige Öffentlichkeitsarbeit zu gestalten, die vor allem auch die Bürgerberatung akzentuierte.“ Diese war Johannes Clausen in den 30 Jahren seiner Tätigkeit für die Zahnärzteschaft im Ländle stets ein großes Anliegen. Er wusste auch im Zahnärzteblatt den Berufsstand im gesellschaftlichen Dialog und im richtigen Licht zu positionieren und die nachweislichen Erfolge der Prophylaxe als Türöffner gegenüber der Politik zu nutzen. Mit der verstärkten Berichterstattung über die fachlichen Themen der Fortbildungsveranstaltungen im Land, in den Bezirken und den Fortbildungseinrichtungen dokumentierte er mit seinem Team einerseits die wissenschaftliche Zahnheilkunde und anderseits die Fortbildungsbereitschaft der Kollegenschaft. Er wusste auch um die Wirkung des ZBW nach innen und außen, zumal auch mit dem Aufkommen der Online-Ausgaben eine breitere Öffentlichkeit auf das ZBW zugreifen konnte. GEGENWART „Der Zahnarzt der Zukunft ist eine Zahnärztin“, schreibt die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg im Versorgungsbericht 2020. Doch nicht nur der Zahnarztberuf wird weiblicher, auch die Chefredaktion des Zahnärzteblatts: Unter der Ägide von Cornelia Schwarz, seit 2020 als Chefredakteurin für das ZBW verantwortlich, werden Titelthemenstrecken für jedes Heft und eine zeitgemäße Onlineausgabe mit Blätterfunktion eingeführt. Außerdem erhält das Zahnärzteblatt ein modernes Layout und wird seit diesem Jahr auf nachhaltigem Papier gedruckt. Eine Entwicklung, die Spaß macht und Lust auf weitere 50 Jahre Zahnärzteblatt Baden-Württemberg. Dorothea Kallenberg

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