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2021 - Superwahljahr

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1/2021

34 Im Blick die

34 Im Blick die Vereinbarkeit mit der Familienplanung. Leonie Wälder: Familie in diesem Job erfordert sehr viel Planung und eine zweite und dritte Absicherung der Kinderbetreuung und des Alltags. Besonders als Frau bemerkt man, dass das klassische Bild immer noch fest verankert ist. Ich werde regelmäßig darauf angesprochen, dass es schon bemerkenswert ist, wie ich Job und Kinder neben dem Haushalt unter einen Hut bringe. Wie oft wird einem Mann diese Fragenkombination wohl gestellt? Das limitierende Element ist zum einen die angebotenen Betreuungszeiten und die Frage: Wenn man Kinder haben will, will man auch Zeit für diese haben können. Daher bleibt wohl bei wahrer Sicht auf das Ganze nur die Lösung einer beruflichen Partnerschaft in der Praxis mit abwechselnden Arbeitszeiten, damit jeder Zeit für seine Kinder haben kann. Das heißt: Planung, Planung, Planung und die entsprechende Absicherung, am besten zwei Mal. Das kostet Geld und damit muss man wieder mehr arbeiten. Teilzeitselbständigkeit neben der immer weiterwachsenden Bürokratie ist sehr schwierig. Man muss aufpassen, dass man dann damit nicht zu unflexibel wird. Dr. Konrad Scheuermann: Ich denke, die Neugründung einer gut ausgestatteten Einzelpraxis in Verbindung mit Schwangerschaft(en) ist zumindest ein anspruchsvolles Unterfangen – selbst wenn ein pekuniärer Rückhalt da ist. Es ist schließlich eine Tatsache, dass es mehrheitlich Zahnärztinnen geben wird. Bezugnehmend darauf geht es darum, tragfähige Praxis- bzw. Partnerschaftsmodelle zu entwickeln, um nicht den Großteil unseres Berufsstandes als Angestellte in MVZs – zum Nachteil unserer bereits angespannten Altersversorgung – wiederzufinden. Zur Erinnerung: Bis 2008 endete eine Kassenzulassung mit 68. Heute gibt es Zweigpraxen und die jungen Kolleg*innen müssen für ihre Altersversorgung über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten. Gab es einzelne Vorstellungen vom zahnmedizinischen Berufsalltag, von denen Sie sich nach dem Studium verabschieden mussten? Leonie Wälder: Ich habe mich immer darauf gefreut, eine verantwortungsvolle Arbeit zu haben. Selbstständig arbeiten und Ergebnisse zur Lebensqualität zu produzieren, waren für mich befriedigende Vorstellungen. Was ich schade finde, ist, dass man immer weiter spitzfindig werden muss, um überleben zu können, wenn man den gesetzlichen Richtlinien in Aufklärung und Hygiene entsprechend aufgestellt sein will. Dokumentation, Aufklärung, Hygiene, die dazugehörige Dokumentation und Wartungen aller möglichen Geräte kostet unheimlich viel Zeit und damit enorm viel Geld. Ich habe als Kind und Jugendliche immer die Landtierarztpraxis meines Vaters miterlebt und glaube zu wissen, was es bedeutet, ein Vollblutselbstständiger zu sein. Meine Vorstellung des Praxis alltags war trotzdem deutlich anders, als es die Realität darstellt. Es ist manchmal mehr ein Hamsterrad, in dem man nur noch die Kennzahlen der Rentabilität im Hinterkopf hat. Dr. Konrad Scheuermann: Ja, denn die Rahmenbedingungen sowie die bürokratischen Sachzwänge sind nicht unbedingt auf akademischem Niveau oder gar patienten- und praxisfreundlich. Wenn Sie heute auf Ihren Praxisalltag zurückschauen Herr Dr. Scheuermann, was hat sich darin in den letzten vier Jahrzehnten am meisten verändert? Lassen Sie es mich so sagen: Bürokratie war früher zumindest verlässlich. Heute werden zunehmend Systeme verpflichtend, deren zeitliche Umsetzung selbst von ausführenden Fachfirmen als fraglich angesehen werden. Unbeeindruckt davon folgt dann das nächste, politisch motivierte und wiederum unausgereifte IT- System inklusive sanktionierter Fristsetzung, wie zum Beispiel bei Telematik und elektronischem Heilberufsausweis. Kurzum: Früher war vor Jahresende bekannt was ab dem 1. Januar gilt und nicht erst Monate danach. Würden Sie heute mit allen Erfahrungen und Erkenntnissen immer wieder Zahnmedizin studieren? Dr. Konrad Scheuermann: Respekt Frau Schwarz, schlussendlich ist dies Ihre schwierigste Frage. Aber selbst nach 44 Jahren Berufsausübung ist es mir schwerlich möglich abzuschätzen, inwieweit man künftig noch mehr für Bürokratie und Auflagen unentgeltlich arbeiten muss und dies unsere zahnärztlichen Aufgaben weiter behindert. Deshalb ist es wichtig, junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, die bereit wären für eine Praxis Verantwortung zu tragen, nicht zu demotivieren – und ich selbst bin bis heute gerne als selbstständiger Zahnarzt tätig. Leonie Wälder: Sicher! Ich mag die Kombination aus Geschicklichkeit und Wissenschaft, den Mix aus medizinischem und werkstoffkundlichem Austausch. Die aktive Produktion von Lebensqualität, Gesundheit und Ästhetik. Was mich beunruhigt ist der Umstand, dass wir mit teils lächerlichem bürokratischem Aufwand überschwemmt werden, ohne einen Mehrwert für die Patienten oder eine Verbesserung unserer Arbeitsergebnisse dabei zu generieren. Diese Energie würde ich lieber anders investieren. Das Gespräch führte Cornelia Schwarz ZBW 1/2021 www.zahnaerzteblatt.de

Im Blick 35 Behandlung in der MZK-Klinik Heidelberg Ein ehemaliger Spaltpatient erinnert sich Mit großem Interesse las ich im ZBW 11/2020 den Artikel von Professor Stähle zum 125-jährigen Jubiläum der MZK-Klinik Heidelberg. Der darin erwähnte Professor Ritter operierte meine Spalte des harten und weichen Gaumens in zwei Schritten und zwar 1953 (mit fünf Jahren) und 1954 (mit sechs Jahren) (Abb. 1 vor OP (l.) und danach (r.). Meine Eltern (Vater: kaufmännischer Angestellter) lobten die Aufklärung von Professor Ritter über die anstehende Behandlung und hatten großes Vertrauen zu ihm. Wenn ich mich richtig erinnere, erfolgte der Eingriff unter einer Art Äthernarkose, ohne Intubation und ich weinte dabei. Trotzdem habe ich den Klinikaufenthalt in positiver Erinnerung. Es gab damals in der alten Klinik keine Kinderabteilung, und so lag ich auf der Männerstation in einem Zimmer mit etwa fünf weiteren Patienten, die mich zum Teil väterlich umsorgten. Weitere Ärztenamen, an die ich mich erinnere, waren Köhler und Kirsch. Das Behandlungsergebnis wurde von allen Fachleuten gelobt, denen ich Einblick in meinen Mund gewährte. Nahrung. Nun konnte ich lernen, normale Kost zu essen. Vorher musste meine Mutter von Hand alles möglichst zerkleinern oder pürieren, da es weder Mixer noch „Gläschenkost“ gab. Wenn zuviel Nahrung auf dem Löffel war, kam ein Teil beim Schlucken wieder aus der Nase heraus. Im Kindergarten wurde ich manchmal wegen meiner nasalen Aussprache Frosch genannt. Deshalb fuhr meine Mutter mit mir eine Zeit lang mit der OEG nach Mannheim zu einer netten Sprachlehrerin. Wie auf den Fotos zu sehen (Abb. 2 1957 (l.) und 1965 (r.) war die Zahnstellung, besonders der oberen Zweier, sehr korrekturbedürftig. Deshalb begann dann zuerst an der Klinik die KFO-Behandlung mit einer Platte bei Frau Hirsch-Frauenfeld. Als sie sich dann in Heidelberg-Rohrbach selbstständig machte, wechselte ich in ihre Praxis, wo ich bis zum 17. Lebensjahr mit diversen Schwarz-Geräten und Gummis erfolgreich therapiert wurde (Abb. 3 links 1957, rechts 1965). Da die Krankenkassen zu jener Zeit weder Sprachtherapie noch KFO-Behandlung erstatteten, kamen auf meine Eltern einiges an Kosten zu. Deshalb achteten sie darauf, dass ich die KFO-Geräte entsprechend der Anweisung trug, um die Behandlung nicht noch mehr zu verzögern. Das letzte Foto (Abb. 4) zeigt den Status heute ohne Kronentherapie. Lediglich Zahn 22 wurde mesial mit der damals neuen Schmelzätztechnik und dem NuvaFil-Komposit durch meinen Examenskollegen Gerhard Bareiss aufgebaut. Wir absolvierten vor etwa 45 Jahren beide unsere Assistentenzeit an der konservierenden Abteilung in Freiburg. Berufswunsch. Nicht im Traum dachten meine Eltern daran, ich könnte einmal Zahnarzt werden. Doch meine überwiegend positiven Erinnerungen haben möglicherweise im Unterbewusstsein meinen Berufswunsch beeinflusst. Professor Lenz, der in Freiburg meine Teleskoparbeit im Examen abnahm, und Frau Professor Komposch, die uns für das KFO-Examen vorbereitete, wurden Ordinarien in Heidelberg. Auch mein Examenskollege Günter Hotz habilitierte hier. Während meiner Praxistätigkeit in Eberbach, besuchte ich einige Male Fortbildungen an der Klinik. So schloss sich der Kreis. Dr. Edgar Lauser Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2021

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