30 Fortbildung Abb. 5 Mobilisierung des Bichatfettkörpers. Abb. 6 Bichatlappen in situ. Entgegen der Meinung vieler konservativer Zahnärzte haben Studien gezeigt, dass Extraktionen fragwürdiger Zähne vor einer Bisphosphonattherapie bei Hochrisikopatienten das Risiko für eine BPONJ deutlich zu senken vermögen, jedoch sollten prophylaktische Extraktionen auch nur bei jenen Hochrisikopatienten erfolgen. Faktoren, die zur Einstufung in die Hochrisikogruppe führen, sind unter anderem die folgenden: Patienten mit einer systemischen Chemotherapie, Bestrahlung oder ossäre Metastasen im Kopf-Hals-Bereich, Immunsuppression oder Cortison-Dauertherapie 7 . Hier sei angemerkt, dass das Vorliegen eines Diabetes, einer Niereninsuffizienz oder Nikotinkonsum zwar das Risiko einer BPONJ erhöhen, jedoch nicht zu einer Einstufung in die Hochrisikogruppe führen. Diagnostik. Meist ergibt sich die Diagnose einer BPONJ aus dem einfachen Blick in den Mund und der Feststellung eines vorliegenden Os liber. Makroskopisch ist dieser freiliegende Knochen nicht von einer Radioosteonekrose zu unterscheiden. Oftmals wird der freiliegende Knochen von einem starken Foetor begleitet, der in der bakteriellen Superinfektion begründet liegt. Radiologisch können Knochendehiszenzen auffallen, jedoch auch gänzlich fehlen. Was jedoch immer wieder imponiert, sind die sogenannten persistierenden Alveolen im Falle eines verlustig gegangenen Zahnes, sei es durch Extraktion oder Spontanverlust. Eine knöcherne Durchbauung der leeren Alveole bleibt gänzlich aus – in manchen Fällen folgt sogar eine weitere knöcherne Destruktion im unmittelbaren Umfeld. Therapie. Kommt es trotz Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen und -vorkehrungen zu einer BPONJ, so muss gehandelt werden. Diese Therapie gestaltet sich oft schwierig und hat nicht selten einen ungewissen Ausgang. Bei lediglich kleinen Defekten kann in Erwägung gezogen werden, eine offene Nachbehandlung zu unternehmen. Dies gestaltet sich jedoch oft frustran. Bei größeren Defekten empfiehlt sich in jedem Falle eine Knochenresektion, möglichst in einer dafür ausgebauten Einrichtung. Zunächst gilt es, den betroffenen Knochen möglichst vollständig zu entfernen. Dieser sollte im Anschluss unbedingt histopathologisch untersucht werden, um eine mögliche Knochenmetastase nicht zu übersehen. Im Anschluss sollte eine ausreichende plastische Deckung erfolgen, auch diese kann mithilfe einer Lappenplastik durchgeführt werden. Optimalerweise wird während der Operation sowie der anschließenden Wundheilungsphase eine parenterale Antibiose durchgeführt. Hier eignen sich Aminopenicilline mit Betalactamaseinhibitor (z. B. Unacid ® , Co-Amoxi ® ) sowie Cephalosporine (Cefuro- Abb. 7 Naht. Dichter Wundverschluss. Abb. 8 Unterkieferknochen. Os liber im Unterkiefer. ZBW 01/2021 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 31 Abb. 9 Abb. 10 Gewebe. Befund nach Präparation des Sequesters. Ergebnis. Situs nach gründlicher Dekortikation des Knochens. xim). Zur Schonung des Wundgebietes sollte mindestens auf weiche Kost geachtet werden, im Optimalfall erfolgt die Ernährung postoperativ parenteral oder über eine Magensonde. Für diesen Eingriff muss die Bisphosphonattherapie nicht pausiert werden. Wie oben bereits erwähnt, können Bisphosphonate Jahrzehnte im Körper persistieren – eine Unterbrechung der Therapie wäre weder sinnvoll noch notwendig 7 . Fazit. BPONJ werden Zahnärzte noch einige Zeit in ihrem beruflichen Alltag begleiten. Als wichtigste zahnärztliche Aufgabe ist hier sicher die Prophylaxe und Risikoreduktion zu nennen. Um eine optimale Reduktion des Risikos zu erreichen, ist auch die Kommunikation zwischen behandelndem Zahnarzt und dem behandelnden Arzt der zugrundeliegenden Erkrankung vonnöten. Hochrisikopatienten, also insbesondere diejenigen, die über einen längeren Zeitraum Bisphosphonate verabreicht bekommen haben, eine begleitende Tumor erkrankung im Kopf-Hals-Bereich haben, möglicherweise bestrahlt werden oder andere Cofaktoren aufweisen, sollten genauestens beobachtet werden und mindestens in sechsmonatigen Abständen, besser dreimonatlich in ein Recallprogramm aufgenommen werden. Prophylaktische Zahnentfernungen vor der Bisphosphonattherapie sollte jenem Patientenkollektiv vorbehalten sein. Unter laufender Therapie sind zahnärztliche Indikationen streng zu prüfen und ein möglichst dichter Wundverschluss bei dentoalveolären Eingriffen sollte angestrebt werden. Eine chirurgische Sanierung ist bei ausgeprägter BPONJ angezeigt und sollte nach höchstem Standard durchgeführt werden. Eine histopathologische Aufbereitung des Resektats ist obligat. Eine antibiotische Abschirmung bis zum vollständigen Wundverschluss sollte erfolgen. Postoperativ ist eine engmaschige Nachsorge angezeigt. Beachtet man sämtliche Maßgaben, so kann ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www. zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Dr. Robert Schappacher, Marienhospital Stuttgart Dr. R. Schappacher Assistenzarzt, Abb. 7c Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Marienhospital Stuttgart Abb. 11 Abb. 12 Deepithelialisierung. Trimming überschüssiger Gingiva. Ergebnis. Dichter Wundverschluss. Fotos: Dr. Robert Schappacher www.zahnaerzteblatt.de ZBW 01/2021
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