Aufrufe
vor 2 Jahren

2021 - Superwahljahr

  • Text
  • Delegierten
  • Freiburg
  • Vertreterversammlung
  • Praxis
  • Karlsruhe
  • Beitragsgruppe
  • Tomppert
  • Mitglied
  • Prof
  • Stuttgart
1/2021

14 Berufspolitik die LZK

14 Berufspolitik die LZK BW selbst darum gekümmert hätten. Die Bitte gegenüber der Landesregierung nach einer Beteiligung an den zusätzlichen Kosten sei zweimal abgelehnt worden. Der Hinweis, dass entsprechende Schutzausrüstung schon vor Corona Standard in den Zahnarztpraxen gewesen sei, gehe jedoch fehl, denn es werde überhaupt nicht berücksichtigt, dass im Verlauf der Pandemie Preisaufschläge von bis zu 500 Prozent eingerechnet werden mussten. Die Vorstandsvorsitzende brachte das Dilemma auf den Punkt: „Einerseits wird der Sicherstellungsauftrag und die flächendeckende zahnärztliche Versorgung gefordert. Gleichzeitig werden wir nicht als systemrelevant angesehen.“ Konkrete Hilfe habe es nicht gegeben, stattdessen sei vom Ministerium auf den Schutzschirm verwiesen worden, der im Gegensatz zum ärztlichen Bereich jedoch gar kein wirklicher Schutzschirm sei, sondern nur ein zinsloses Darlehen. Beschlüsse. Die Delegierten bekräftigten die Forderung nach Unterstützungsleistungen für in finanzielle Schwierigkeiten geratene Praxen ohne Rückzahlungsverpflichtungen. Auch die Forderung nach einer epidemiebedingten Zuschlagsposition im BEMA wurde einstimmig beschlossen. Hierzu erläuterte Dr. Maier, dass die KZBV inzwischen aktiv sei, um im Bewertungsausschuss eine Pandemiepauschale durchzusetzen. Zudem fand ein Antrag der die Landesregierung aufforderte, für Krisenfälle eine ausreichende Menge an persönlicher Schutzausrüstung für die vertragszahnärztliche Versorgung vorzuhalten und den Praxen im Bedarfsfall unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die einhellige Zustimmung der Versammlung. GPVG. Tagesaktuell berichtete die Vorsitzende, dass der Einsatz der Standesorganisationen auf Landes- und Bundesebene auch Früchte trage. Das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) sei ein Hoffnungsschimmer für die Praxen. Hier habe sich die KZBV, unterstützt durch die KZVen in den Ländern, intensiv eingebracht und auf den letzten Metern noch entscheidende Änderungen für den vertragszahnärztlichen Bereich durchsetzen können. Insbesondere die Tatsache, dass für die nächsten zwei Jahre keine Ausgabenobergrenzen vereinbart werden müssten, sei ein riesiger Erfolg. „Der Einsatz in den letzten Wochen hat sich gelohnt“, bilanzierte Dr. Ute Maier. Lesen Sie dazu auch den standespolitischen Kommentar von Dr. Hans Hugo Wilms auf S. 14 sowie den Artikel auf S. 26. Mitmachkampagne. Ungeachtet der jetzigen Ausnahmesituation geht aber auch die Modernisierung der Strukturen der Selbstverwaltung weiter. Von der Vertreterversammlung im Sommer 2019 beschlossen und durch den Vorstand der KZV BW längst auf den Weg gebracht wurde etwa die Kampagne für eine „Mitmach-Bewegung“, die weitere Mitglieder der KZV BW zum ehrenamtlichen Engagement motivieren und so eine verstärkte Beteiligung an der standespolitischen Arbeit bewirken soll. Wie Dr. Ute Maier darstellte, sei eine bundesweit renommierte Agentur mit viel Erfahrung in Beteiligungskampagnen beauftragt worden, die KZV BW auf diesem Weg zu begleiten. Mittlerweile liegt dank der engen Einbindung von zahlreichen Ehrenamtsträger*innen ein Konzept für die Kampagne „Nachwuchs gewinnen“ vor, das konkret beschreibt, mit welchen Maßnahmen die KZV BW bei der Rekrutierung von Mitgliedern für ehrenamtliche Tätigkeiten reüssieren könne. Neben konkreten Beteiligungsinstrumenten fand das übergeordnete Ziel im Rahmen der Kampagne, die KZV BW müsse trotz der notwendigen und vorgeschriebenen Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben „weg vom Behördenimage“, deutliche Unterstützung bei den Ehrenamtsvertreter*innen. Beteiligungs-App. Ein innovatives Mittel, um eine niederschwellige Einbindung der gut 8000 Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte in Baden-Württemberg in die standespolitische Arbeit zu ermöglichen, sei zudem die Beteiligungs- App nach dem Vorbild der Bürger- App der Stadt Tübingen, die diese App für Bürger*innenbefragungen auf kommunaler Ebene einsetzt. „Als erste Organisation im Gesundheitswesen hat die KZV BW eine App beauftragt, die eine digitale Mitbestimmungsmöglichkeit für unsere Mitglieder, die Zahnärztinnen und Zahnärzte, ermöglicht“, beschrieb Dr. Ute Maier das Projekt. Ein Zeichen für die enorme Bedeutung von Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sei auch die Tatsache, dass die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung im Staatsministerium Baden-Württemberg, Gisela Erler, die Schirmherrschaft für dieses Projekt übernommen habe. Hinsichtlich der Themen, die Gegenstand einer Befragung über diese App sein könnten, sei eine starke Beteiligung des Ehrenamts angestrebt. Verträge mit Krankenkassen. Der Blick auf die Vertragsabschlüsse mit den Krankenkassen im Jahr 2020 konnte ebenfalls mit positiven Signalen für die Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte aufwarten. Die Abschlüsse mit den verschiedenen Kassenarten lagen jeweils bei einer Steigerung der Punktwerte um deutlich über drei Prozent in allen Leistungsbereichen. Die Betrachtung der Entwicklung der Fallzahlen mache allerdings deutlich, dass die Coronapandemie vor allem im zweiten Quartal 2020 zugeschlagen habe und hier deutliche Einbrüche gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen wären, erläuterte Dr. Maier. Im dritten Quartal wiederum zeige sich eine Stabilisierung der Lage mit steigenden Fallzahlen vor allem in den Leistungsbereichen KCH und Kieferbruch. Ehrenamt in Pandemiezeiten. Die These, dass Krisenzeiten für gewöhnlich Zeiten der Exekutive sind, in denen die Notwendigkeit zu schnellen Entscheidungen eine umfassende demokratische Einbindung erschweren kann, wird dieser Tage häufig bemüht. In der KZV BW zeigt sich gleichwohl, dass es auch und gerade in der aktuellen Situation auf ein starkes Ehrenamt ZBW 1/2021 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 15 ankommt, das den Vorstand bei seiner Arbeit gezielt unterstützt und trotzdem eigene Akzente setzt. Eine zentrale Aufgabe sei es, über die ehrenamtlichen Strukturen den Interessen der Mitglieder entgegenzukommen und diese gezielt zu unterstützen, wie der Sprecher des Landesbeirats Dr. Uwe Lückgen betonte. Im Sinne einer engen kollegialen Abstimmung und Vernetzung wurden dabei auch die digitalen Möglichkeiten genutzt, etwa indem Kreisversammlungen online abgehalten wurden. Dr. Lückgen verwies in seinem Zwischenbericht 2020 zum Standespolitischen Programm 2017- 2022 darauf, dass die standespolitische Arbeit in den letzten Monaten häufig vom Krisenmanagement geprägt gewesen sei. Dennoch würden die im Standespolitischen Programm festgehaltenen sieben „Megathemen“ trotz der Pandemie weiterverfolgt und bearbeitet. Weit mehr als die Hälfte der Vorhaben seien angestoßen oder sogar bereits umgesetzt, beispielhaft das Thema „Zukunftsstrategie KZV 4.0“. Hier könne man auf eine Reihe konkreter Maßnahmen verweisen, etwa die Digitalisierung des Rundschreibens, die Erstellung einer neuen Webseite mit neuer Notdienstsuche, die Video-Rechtsberatung für KZV-Mitglieder oder auch die BeteiligungsApp, deren Entwicklung durch das Ehrenamt aktiv begleitet werde. Bilanzierend stellte Dr. Lück gen fest, dass sich das Ehrenamt in seinen sieben „Megathemen“ gerade am Ende des Krisenjahres 2020 bestätigt sehe, wobei die Erfahrungen der Coronazeit evaluiert und in die regelmäßige Anpassung dieses Programms einfließen müssten. Dr. Holger Simon-Denoix Info Sämtliche VV-Beschlüsse können Sie auf der Website der KZV BW einsehen. Die nächste Vertreterversammlung findet planmäßig statt am 25. und 26. Juni 2021 im Hotel „Der Öschberghof“ in Donaueschingen. Sämtliche VV-Beschlüsse können Sie auf der Website der KZV BW https://bit. ly/2K3jepp einsehen. Im Vorfeld einer Vertreterversammlung (VV) machen wir uns stets Gedanken, welche unserer dringlichsten Forderungen über entsprechende Anträge an die Politik und auch an die Krankenkassen gerichtet werden sollen. Da Vertragsverhandlungen für das Folgejahr üblicherweise auf der Basis des Abrechnungsvolumens des Vorjahres aufsetzen, wäre dies in der Kommentar aktuellen Situation mit den coronabedingten massiven finanziellen Einbrüchen in diesem Frühjahr ein empfindlicher Nachteil. Deshalb musste eine unserer Forderungen sein, eine verzerrungsfreie und bedarfsgerechte Fortschreibung der Gesamtvergütung nicht auf der Basis der Zahlen aus 2020, sondern aus 2019 auszuhandeln. Zur Überraschung aller Delegierten hatte der Bundestag am Tag vorher in zweiter und dritter Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (GPVG) beschlossen, in dem die Vertragspartner verpflichtet werden, bei den Verhandlungen für 2021 und 2022 diese verminderte Inanspruchnahme vertragszahnärztlicher Leistungen angemessen zu berücksichtigen. Demnach waren die Gespräche der Standespolitiker auf Bundesebene doch nicht so erfolglos, wie man zunächst befürchtete. Die Politik hatte uns schlichtweg „überholt“, ein Antrag zu dieser Thematik war nicht mehr notwendig. Aussetzen der Vergütungsobergrenze Und es kommt noch besser. Die Pflicht, eine Vergütungsobergrenze festlegen zu müssen, wird für die Jahre 2021 und 2022 ausgesetzt. Seit der Einführung der Budgetierung 1993, zwischenzeitlich zwar kurz ausgesetzt, aber 1999 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung wieder in Kraft gesetzt, mussten wir uns jahrzehntelang mit der per se ungerechten Verteilung der gedeckelten Gesamtvergütung auf die Praxen über den jährlich zu beschließenden Honorarverteilungsmaßstab (HVM) auseinandersetzen. Die z. T. erheblichen Rückzahlungen der erarbeiteten Honorare sind uns noch schmerzlich in Erinnerung. Dem Vorstand der KZV BW ist es in den letzten Jahren auf dem Verhandlungsweg gelungen, die Vergütungsobergrenzen bei nahezu allen Krankenkassen der tatsächlichen Leistungsinanspruchnahme durch die Versicherten anzupassen. Dennoch ist es ein positives Signal der Politik, das es in weiteren Gesprächen zu vertiefen gilt und vielleicht dazu führt, gerade in unserem Bereich die Deckelung der Gesamtvergütung dauerhaft aufzuheben. Denn der Anteil der zahnmedizinischen Versorgung an den Gesamtausgaben der GKV sinkt seit Jahren. Unseretwegen musste der Beitragssatz für die Versicherten sicher nicht erhöht werden. Corona führt in vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu einem Umdenken. Gerade in der Gesundheitspolitik bewirkt dies vielleicht ein differenzierteres Nachdenken. Dr. Hans Hugo Wilms www.zahnaerzteblatt.de ZBW 1/2021

Ausgaben des Zannärzteblatt BW

© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz