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Ausgabe 7/2018

32 Fortbildung Aktuelle

32 Fortbildung Aktuelle Aspekte zur Adhäsivtechnik – Teil 2 Direkte Komposite im Seitenzahnbereich Restaurationen aus direkten Kompositen gehören im Seitenzahnbereich heutzutage zum Standard im Therapiespektrum der modernen konservierend-restaurativen Zahnheilkunde. Diese Füllungsart ist sowohl bei den Patienten als auch bei den Behandlern sehr beliebt und hat mittlerweile in vielen klinischen Studien ihre Leistungsfähigkeit auch im kaulasttragenden Seitenzahnbereich unter Beweis gestellt. „Lining“-Technik. Bei der Anfertigung von direkten Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich wird von einem Teil der Behandler die sog. „Lining“-Technik eingesetzt. Hierbei wird der Kavitätenboden nach Abschluss der adhäsiven Vorbehandlung mit einer ersten, ca. 0,5 bis 1 mm dünnen Schicht eines fließfähigen Komposits ausgekleidet. Diese Flowableschicht wird separat lichtgehärtet. Durch dieses „Lining“ soll der Kavitätenboden dicht versiegelt werden, bevor nachfolgend der Zahndefekt mit einem normalviskösen modellierbaren Restaurationskomposit in der Schichttechnik versorgt wird [1] (Abb. 6a bis h). Die guten Benetzungseigenschaften des fließfähigen Materials gewährleisten, dass schlecht einsehbare oder schwierig zugängliche Kavitätenbereiche, wie z. B. spitze Innenkanten bzw. -winkel der Kavität oder dünn auslaufende approximale Schmelzanschrägungen, blasenfrei mit dem niedrigviskösen Füllungsmaterial abgedeckt bzw. ausgefüllt werden [74]. Es wird auch diskutiert, dass eine erste dünne Schicht aus einem fließfähigen Kompositmaterial unter nachfolgend darüber geschichteten Inkrementen aus hochviskösem Komposit aufgrund des geringeren E-Moduls des flowable Komposits (durch den niedrigeren Füllkörpergehalt) als Puffer bzw. „Stress Breaker“ wirken kann. Dadurch sollen die negativen Auswirkungen der Polymerisationsschrumpfung beim Legen der Füllung und der einwirkenden Kräfte während der klinischen Gebrauchsperiode (z. B. okklusale Kaubelastung) abgemildert werden [75- 87]. In Patientenstudien konnte allerdings bisher kein signifikant positiver Einfluss der „Lining“-Technik auf die klinische Leistungsfähigkeit von Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich nachgewiesen werden [88-94]. Auch in einem systematischen Review und einer Meta- Analyse aus dem Jahr 2016 kommen die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass der Einsatz eines flowable Komposites als „Lining“-Material die klinische Performance von Kompositfüllungen nicht verbessert [95]. Höckerersatz. In den vergangenen Jahren haben die Indikationen für direkte Kompositrestaurationen aufgrund der materialtechnischen Verbesserungen der Kompositwerkstoffe und zugehöriger Adhäsivsysteme, bei gleichzeitiger Optimierung der Behandlungsprotokolle, eine stetige Erweiterung erfahren [26, 96-108]. Direkte Kompositrestaurationen sind mittlerweile für viele zahnärztliche Praktiker die bevorzugte Füllungsvariante, auch für große Kavitäten im okklusionstragenden Seitenzahnbereich [31, 103, 109-111]. Im Fokus des Interesses steht hierbei zunehmend die substanzschonende Versorgung von Defekten mit Höckerbeteiligung als Alternative zu indirekten Onlays und Teilkronen [26, 103, 112-123] (Abb. 7a bis j). Der Ersatz von einzelnen oder mehreren Höckern mit direkten Kompositen stellt mittlerweile aus werkstoffkundlicher Sicht kein Problem mehr dar und ist wissenschaftlich abgesichert [1]. Allerdings ist der intraorale Aufbau eines oder mehrerer kompletter Zahnhöcker mit Komposit, zusätzlich zur Versorgung der okklusalen Isthmus- und approximalen Kastenbereiche eines Defektes, für den Behandler ein erheblicher Mehraufwand in der additiven Gestaltung. Dies bedarf entsprechender Übung und zieht meist auch eine deutlich längere Ausarbeitungsphase nach sich, da die Höhe der direkt im Mund modellierten Höcker praktisch kaum sofort passt und meist erst durch zeitaufwendiges Zurückschleifen adjustiert werden muss, um eine korrekte statische und dynamische Okklusion einzustellen. Deshalb ist bei der Versorgung einer sehr großen Kavität, die den Ersatz Abb. 6a Abb. 6b Abb. 6c „Lining“-Technik. Ausgangssituation: insuffiziente alte Amalgamfüllung in einem ersten Unterkiefermolaren (6a). Nach Entfernung der alten Füllung und Fertigstellung der Kavität wurde Kofferdam angelegt und der Defekt mit einem Teilmatrizensystem abgegrenzt. Die adhäsive Vorbehandlung erfolgte mit einem selbstätzenden Adhäsiv (6b). Mit einem fließfähigen Ormocer wurde der Kavitätenboden in der „Lining“-Technik mit einer circa 0,5 bis 1 mm dünnen Schicht ausgekleidet (6c). ZBW 7/2018 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 33 Abb. 6d Abb. 6e Abb. 6f Der Kavitätenboden und sämtliche Innenkanten bzw. -winkel sind durch die erste Schicht mit dem fließfähigen Ormocer versiegelt (6d). Mit dem ersten Inkrement eines normalviskösen Ormocers wurde die mesiale Approximalfläche bis auf Randleistenhöhe ausgeformt (6e). Die nicht mehr benötigte Matrize wurde entfernt. Dadurch ist ein besserer Zugang zur Kavität für die Applikation der restlichen Inkremente möglich. Mit dem nächsten Inkrement wurde der Kavitätenboden nivelliert (6f). Abb. 6g Abb. 6h Anschließend erfolgte der Aufbau der strukturellen Kauflächeneinheiten in der sequentiellen Höckertechnik (6g). Endsituation: fertig ausgearbeitete und hochglanzpolierte Ormocer-Restauration. Die Funktion und Ästhetik des Zahnes sind wieder hergestellt (6h). mehrerer Zahnhöcker erfordert, eine indirekte Restauration immer noch eine sinnvolle Alternative; dies erfordert aber oft einen zusätzlichen Abtrag an Zahnhartsubstanz [103]. Klinische Untersuchungen zu Seitenzahnkompositrestaurationen mit Höckerersatz zeigen eine akzeptable bis sehr gute klinische Performance und qualifizieren diese Restaurationen in ausgewählten klinischen Fällen als Alternative zu indirekten Versorgungen [109, 124-127]. R2-Technik. Anheben tiefliegender Kavitätenränder bei direkten Restaurationen: Bei der Versorgung sehr tiefer, knochennaher Defekte im Seitenzahnbereich mit direkten Kompositrestaurationen stellt meist die saubere Darstellung und Trockenlegung bzw. Kontaminationsfreiheit des Arbeitsgebietes das größte Problem dar. Limitierend ist in derartigen Situationen auch die Möglichkeit der sicheren und dichten Verankerung von Matrizen zur zervikalen Abdichtung bzw. Überschusskontrolle und zur approximalen Formgebung [128]. Zur Lösung dieses Dilemmas kann man mit der für derartige schwierige Situationen entwickelten R2-Technik zur Anfertigung von zweiphasigen direkten Kompositrestaurationen ähnlich verfahren wie bei der Kastenelevationstechnik für indirekte Restaurationen [97-99, 128-133]. In der ersten Phase werden zunächst nur die kritischen Kavitätenbereiche – vor allem tief subgingivale Kastenböden oder fehlende Wandabschnitte, die für die Adaptation einer Matrize notwendig sind – gezielt mit Komposit modifiziert bzw. angehoben. Hierfür ist es oft notwendig, umfangreiche Maßnahmen zum Management des marginalen Weichgewebes (z. B. Gingivektomie) und zur Blutungskontrolle bzw. -stillung vorzunehmen [130, 132]. Ziel der restaurativen Maßnahmen der ersten Phase ist es, den tief zerstörten Zahn soweit frei Hand aufzubauen und auszuarbeiten [132, 133], dass in der nächsten Phase das Anlegen von Kofferdam zur Kontaminationskontrolle bzw. von Teilmatrizen und Separationsringen zur Formkontrolle möglich ist [130]. In der zweiten Phase der R2-Technik, die in Abhängigkeit von klinischen Notwendigkeiten bzw. Zeitlimitationen entweder in der gleichen oder aber einer weiteren Behandlungssitzung vorgenommen wird, erfolgt dann der Komplettaufbau der Restauration inklusive der anatomischen Umrissgestaltung und Herstellung eines suffizienten Approximalkontaktes [129]. Hierfür werden die in der ersten Phase bereits in die Kavität eingebrachten Kompositanteile vor der adhäsiven Vorbehandlung der Kavität mit einem Partikelstrahlgerät und Aluminiumoxidpulver gereinigt und angeraut. Bei der R2-Technik handelt es sich um ein anspruchsvolles Verfahren [98], für das allerdings bislang nur wenige klinische Fallberichte vorliegen und somit nur eine begrenzte Evidenz existiert. Anheben der Vertikaldimension. Einige klinische Studien zeigen für Bisshebungen mit direkt intraoral aufgebauten Seitenzahnkauflächen aus Komposit gute Ergebnisse, allerdings existieren hierzu erst wenige Untersuchungen [134] mit einer jeweils eher geringen Patientenzahl (n = 6 bis 34) über bisher nur mittelfristige Beobachtungszeiträume [135-139]. Bei niedergelassenen Zahnärzten trifft die Methode der Bisshebung mit direkten Kompositen aber trotzdem bereits auf eine gute Akzeptanz [134, 140]. In einem Review-Artikel aus dem Jahr 2012 wird die Durchführung von Bisshebungen mit direkten Kompositrestaurationen zwar als eine Methode mit guter mittelfristiger Prognose bezeichnet, auf langfristige Sicht erscheinen Metall- oder Keramikonlays aufgrund werkstoffkundlicher Überlegenheit (z. B. Verschleißverhalten) aber geeigneter [141]. Klinische Resultate. Das stärkste Argument für ein Komposit ist der klinische Langzeiterfolg im Patienten- www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2018

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